“Die Leiche hat am Sarg geklopft”: Nach dem 2:0-Derbysieg gegen Leverkusen ist beim 1. FC Köln die Hoffnung auf den Klassenerhalt zurück. Das liegt auch an zwei Hoffnungsträgern in starker Verfassung.
Beim Blick auf die Tabelle brandete noch einmal Applaus im Kölner RheinEnergieStadion auf: Soeben hatte der 1. FC Köln durch einen 2:0-Erfolg im Derby gegen Bayer 04 Leverkusen die Rote Laterne an den Hamburger SV weitergereicht und belegt erstmals seit dem 2. Spieltag nicht mehr den letzten Platz in der Bundesliga. Für die „Geißböcke“ soll der Sieg gegen den rheinischen Rivalen der Startschuss einer kaum für möglich gehaltenen Aufholjagd im Abstiegskampf werden. „Die drei Punkte sind ein Zeichen, dass wir noch am Leben sind“, betonte FC-Coach Stefan Ruthenbeck nach dem überraschenden Triumph, den Yuya Osako (9.) und Simon Zoller (69.) herausschossen.
Gerade in der ersten Halbzeit überzeugten die taktisch clever eingestellten Kölner durch ihre aggressive Herangehensweise, die die Leverkusener vor viele Probleme stellte. Spätestens nach der Roten Karte gegen Lucas Alario (33., Tätlichkeit) deutete sich ein Feiertag für die geschundene kölsche Seele an, der dann nach dem zweiten Treffer endgültig Fahrt aufnahm. „Kölle alaaf“ schallte es von den Rängen – die in dieser Saison leidgeprüften Fans nahmen den Auftritt ihres Teams mit Genugtuung zur Kenntnis. Nach dem Last-Minute-Sieg im Derby gegen Mönchengladbach sorgt der FC auch gegen den Nachbarn aus Leverkusen für Glücksgefühle bei den eigenen Anhängern.
Abstand zum rettenden Ufer verkürzt
„Über 93 Minuten gesehen haben wir die drei Punkte verdient eingefahren. Wir sind nach dem 1:0 gierig geblieben. Die Rote Karte hat uns natürlich in die Karten gespielt. Jetzt sind wir nicht mehr Letzter, das ist absolut positiv für uns. Der Sieg ist die leichte Berechtigung dafür, weiter an das Wunder zu glauben“, hält Ruthenbeck den Klassenerhalt weiter für möglich. Denn: Durch den Derbysieg hat der FC nicht nur das Tabellenende verlassen, die „Geißböcke“ haben auch den Abstand auf das rettende Ufer verkürzt.
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Fünf Punkte liegen die Rheinländer lediglich noch hinter Mainz und Wolfsburg, die punktgleich auf den Plätzen 15 und 16 rangieren. Die Patzer der Konkurrenz endlich einmal ausgenutzt: Die Ruthenbeck-Elf, die mit mageren sechs Zählern aus der Winterpause kam, ist wieder mittendrin im Rennen um den Klassenerhalt. „Die Leiche hat am Sarg geklopft“, verdeutlichte Leonardo Bittencourt die Situation der Kölner: „Jetzt hoffe ich mal, dass wir in den nächsten Wochen das Türchen aufmachen können und am Ende da rauskrabbeln können. Totgesagte leben länger“, so der FC-Offensivmann, der so etwas wie der Hoffnungsträger der Kölner im Abstiegskampf ist.
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Bittencourt: “Hier zerfleischt sich keiner”
Seine oft schmerzlich vermissten Qualitäten ließ die Leverkusener Defensive besonders im ersten Durchgang von einem Problem ins nächste taumeln. Schnell, dribbelstark und giftig im Zweikampf: Der 24-jährige Deutsch-Brasilianer blühte im Derby förmlich auf und verbuchte beim 1:0 von Yuya Osako seine erste Torvorlage in dieser Spielzeit. Qualitäten, die Bittencourt ausspielen kann, weil die Kölner Mannschaft trotz der prekären sportlichen Situation weiter an sich glaubt: „Wir sind als Kollektiv unglaublich stark. Hier zerfleischt sich keiner, wir sind immer positiv geblieben. Jetzt sind es nur noch fünf Punkte, jetzt wollen wir ruhig weiter arbeiten und unsere Chance nutzen.“
Die Chance genutzt hat auch Yuya Osako: Der Japaner, in der Domstadt mitunter mit wenig Wohlwollen betrachtet, ist aktuell in brillanter Verfassung und zeigte auch gegen Leverkusen eine starke Partie. Der Offensivmann, der den angeschlagenen Simon Terodde (musste wegen muskulärer Probleme passen) in vorderster Kölner Front bestens vertrat, bestritt im Derby 30 Zweikämpfe – kein Spieler auf dem Platz warf sich in mehr direkte Duelle. Auch spielerisch glänzte Osako, behauptete gegen die robuste Bayer-Defensive viele Bälle, die er für seine Mitstreiter ablegte. Dazu war er an sechs FC-Torschüsse beteiligt: Ebenfalls Bestwert!
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Direkte Duelle noch in der FC-Hinterhand
Kurzum: Neben Bittencourt und dem abermals emsigen Neuzugang Vincent Koziello war der Kölner Angreifer der Dreh- und Angelpunkt in der FC-Offensive. Der Lohn für all die harte Arbeit: Das 1:0 im Derby war nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich in Bremen bereits das zweite Tor innerhalb von sechs Tagen für Osako. Es sind die kleinen und großen Hoffnungen, die die „Geißböcke“ derzeit am Leben erhalten. Die Konkurrenz der Kölner zeigt sich derzeit alles andere als formstark, während der FC mit dem Derbysieg ein erneutes Ausrufezeichen gesetzt hat.
Vor Euphorie strotzen dürfen wir nicht, das hat uns immer wieder den Stecker gezogen. Vielleicht ist es gut, dass jetzt Länderspielpause ist. Wir haben in den letzten Wochen immer sofort wieder verloren, weil so viel Euphorie im Raum war!
Der Abstand ist nun verkürzt, auch angesichts der Tatsache, dass die Ruthenbeck-Elf noch direkte Duelle gegen Mainz und Wolfsburg vor der Brust hat, ist aus dem Rennen zum rettenden Ufer mindestens ein Dreikampf geworden. Doch abheben möchte man in der Domstadt deshalb nicht: „Vor Euphorie strotzen dürfen wir nicht, das hat uns immer wieder den Stecker gezogen. Vielleicht ist es gut, dass jetzt Länderspielpause ist. Wir haben in den letzten Wochen immer sofort wieder verloren, weil so viel Euphorie im Raum war“, sieht Hoffnungsträger Bittencourt Ruhe als erste Kölner Bürgerpflicht. In zwei Wochen gegen Hoffenheim ist der untote FC wieder zum Punkte verdammt: „Wir haben enormen Druck, aber das Spiel heute hat gezeigt: Die Mannschaft kann damit umgehen.“
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