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Fankultur

Warum der Erfolg von Hoffenheim und Leipzig schlecht für die Bundesliga ist

Dass Leipzig und Hoffenheim neue Spannung versprechen und gut für die Bundesliga sind, ist aus vielen Gründen ein Irrtum. Viel mehr bringen sie mit ihrem Verhalten den Unique Selling Point der Liga in Gefahr.

Foto: Simon Hofmann/Bongarts/Getty Images

Jung und dynamisch, gespickt mit vielen selbst entwickelten Talenten und immer mit Vollgas – das gefällt auch den Beobachtern von Außen. Auch wenn man diese sportlichen Aspekte nicht komplett unter den Tisch fallen lassen sollte, scheint für den Erfolg der Bundesliga aber tatsächlich das wichtiger zu sein, was in Deutschland derzeit schon als bloßer Begriff in Verruf zu geraten scheint: Fankultur.

Die gefühlt letzten Stehplatztribünen der Welt

Die Bundesliga-Stadien sind meistens voll, meistens laut, bieten oft bunte Choreos und immer die gefühlt letzten Stehplatztribünen der Welt. Die Tickets sind bezahlbar, es gibt Bier, Bratwurst und der Ton ist gerne mal rau. Wenn sich also, wie in den letzten Jahren immer öfter geschehen, Briten ins Flugzeug setzen, um Bundesliga-Spiele live zu erleben, dann kommen sie nicht, um einmal im Leben Robert Lewandowski spielen zu sehen. Und sie besuchen auch nicht die Rhein-Neckar- oder die Volkswagen- oder Red-Bull-Arena, sondern fahren nach Dortmund, Müngersdorf, an die Alte Försterei oder ans Millerntor, um das zu erleben, was es nur noch in der Bundesliga gibt: Laute Fankultur mit bezahlbaren Preisen und bodenständigem Fußball. Und genau das ist der Unique Selling Point der Bundesliga im internationalen Wettbewerb.

Dass nun unpopuläre Pseudo-Vereine wie Hoffenheim oder Leipzig den sportlichen Erfolg mit eindeutig unfairen finanziellen Mitteln einheimsen und ihre Gesellschafter gleichzeitig auch noch aktiv gegen Fankultur vorgehen, mag aus deren Perspektive – man hat zu diesem Aspekt des Alleinstellungsmerkmals der Liga ja nichts beizutragen – zwar folgerichtig sein, bedeutet aber mit all den Konsequenzen dieses Verhaltens jedoch eine ungewisse Zukunft für die Bundesliga.

Foto: Simon Hofmann/Bongarts/Getty Images

Denn der Weg, den der Deutsche Fußball-Bund und die vom Verband zum Erfüllungsgehilfen dressierten Vereine in Sachen Fankultur auch auf das Drängen von Investoren wie Dietmar Hopp eingeschlagen haben, führt zur schleichenden Abschaffung dessen, was den deutschen Fußball ausmacht. Wenn Choreos nahezu unmöglich gemacht werden, freche bis bewusst verletzende Plakate Schadenersatzforderungen im fünfstelligen Bereich nach sich ziehen können, Staatsanwaltschaften wegen profanen Tatbeständen wie Beleidigung schon Razzien anordnen und die Polizei sich dabei dann sogar ärgert, wenn man von der sichergestellten Blockfahne keine Fingerabdrücke mehr nehmen kann, ist das Ende der Stehplätze nicht mehr weit.

Nur noch eine von vielen

Mit den billigen Plätzen werden auch die farbenfrohen Bilder deutscher Stadionkurven, die weltweit in sozialen Netzwerken größeren Anklang finden als die gefühlt zweihunderste Bayern-Meisterschaft, langsam aber sicher verschwinden. Dann ist die Bundesliga bloß noch eine von vielen Ligen, die sich auf die manische Überbietungskultur eingelassen haben und probieren mit immer größeren sportlichen und finanziellen Superlativen ihren Platz an der Sonne zu erstreiten.

→ Spruchbänder gegen Hopp: Polizei durchsucht Räume des Kölner Fanprojekts

Dass dieses Szenario für viele Fans offenbar jetzt schon näher zu rücken scheint, belegt eine Studie des “FC PlayFair! Verein für Integrität im Profifußball”. Über 50 Prozent der Befragten gaben schon heute an, dass sie sich vom Profifußball abwenden werden, sollte die Kommerzialisierung sich weiterhin so entwickeln. Und über 83 Prozent warnen die Profivereine und Ligabosse davor, sich noch weiter vom Fan zu entfernen. Die Akzeptanz für die kommerziellen Auswüchse und Entfremdung vom Volkssport-Anspruch scheint unter den Anhängern schon jetzt gering zu sein.

Hätte Hopp doch Schach gespielt

Aber klar – auch für Fankultur muss es Grenzen und Regeln geben. Dass nun aber ausgerechnet diejenigen auf das Regelwerk der Party, zu der sie sich selbst eingeladen haben, Einfluss nehmen wollen, während sie es an anderer Stelle ohnehin mindestens moralisch verletzen, ist dennoch eine Frechheit den Clubs und ihren Fans gegenüber, die vorher schon da waren und den Status Quo definiert haben. Es gefährdet mit all seinen Konsequenzen aber vor allem das, was die Bundesliga zu dem gemacht hat, was sie heute ist – ihr Alleinstellungsmerkmal.

Und so bleibt der Protest in seiner Sache sogar dann noch richtig und wichtig, wenn er in seiner Form manchmal zu weit geht. Schließlich sind von Uli Hoeneß bis Lothar Matthäus ganze Generationen von Spielern und Funktionären mit derartigen Plakten und Beleidigungen besser klar gekommen als der empfindliche Milliardär aus Sinsheim. Eines ist also klar: Es hat mehr, als es auf den ersten Blick vielleicht den Eindruck macht, mit sportlichen und wirtschaftlichen Interessen zu tun denn mit idealistischer Romantik, wenn man sich angesichts dieser Entwicklung eindringlich wünscht, Hopp hätte in seiner Jugend lieber Schach statt Fußball gespielt.

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