Zeitpunkt und Methode der Vertragsverlängerungen von Rausch und Lehmann überraschen – welche Rolle spielte “SportsTotal”-Boss Struth, welche Ex-Geschäftsführer Schmadtke?
Es ist nicht überliefert, ob die Trennung des effzeh von Jörg Schmadtke im Hause „SportsTotal“ für Tränen gesorgt hat. Nachdem der ehemalige Kölner Geschäftsführer für den Profifußball am vergangenen Montag das Handtuch warf, wird eigentlich landauf landab darüber spekuliert, wer denn nun seine Nachfolge antreten dürfte und in welcher Konstellation Peter Stöger und Jörg Jakobs die sportliche Leitung bis zum Winter unter sich aufteilen. Auch die Gründe für die Trennung und die Auswirkungen auf das aktuelle operative Geschäft des effzeh wurden vielfach diskutiert. Und dann, einen Tag vor dem Auswärtsspiel in Leverkusen, verkündete der Verein etwas überraschend, dass man die Verträge mit Matthias Lehmann und Konstantin Rausch verlängert habe. Kapitän Lehmanns Arbeitspapier läuft nun bis Sommer 2019, Rausch band sich bis 2021 an den 1. FC Köln.
Warum so frühe Vertragsverlängerungen?
Dass die Verhandlungen über die neuen Verträge noch von Jörg Schmadtke geführt wurden, bestätigte der Verein in der dazugehörigen Pressemitteilung. Es dürften mit die letzten Amtshandlungen des Sportdirektors gewesen sein, der im Zuge der Verhandlungen auf einen alten Bekannten getroffen sein dürfte. Lehmann und Rausch stehen wenig überraschend bei der Kölner Spielerberatungs-Agentur „SportsTotal“ unter Vertrag. Bereits im Sommer hatte effzeh.com über die beunruhigende Nähe zwischen der Agentur und der sportlichen Leitung des effzeh berichtet – mittlerweile stehen mit Timo Horn, Heintz, Klünter, Jojic. Özcan, Risse und Handwerker sieben effzeh-Spieler unter Vertrag, die von Volker Struth beraten werden. In keinem anderen Bundesliga-Kader ist die Zahl von Spielern aus einer Agentur so hoch.
An sich sind Vertragsverlängerungen ja auch nichts Ungewöhnliches. Die Art und Weise, wie der 1. FC Köln die jüngsten beiden allerdings kommuniziert, überrascht jedoch schon. Kapitän Matthias Lehmann ist seit 2012 ein wichtiger Bestandteil und unumstrittener Führungsspieler, der defensive Mittelfeldspieler ist trotz seiner 34 Jahre ein eminent wichtiges Mitglied der Mannschaft. Er gilt als der Kopf der Mannschaft und auch die Aussicht auf eine Weiterbeschäftigung beim effzeh nach dem Karriereende untermauert die grundsätzliche Idee hinter der Verlängerung des Vertrags. Allein der Zeitpunkt überrascht – zuvor hatten Schmadtke, Struth und Lehmann die Verlängerung des Vertrags um ein Jahr immer erst später bekannt gegeben, meist im Winter.
Rausch: Hoffen auf Wertsteigerung nach der WM
Dass Konstantin Rausch ebenfalls mit einem neuen Arbeitspapier ausgestattet wurde, ist auf den ersten Blick aber noch ungewöhnlicher. Rausch spielt seine zweite Saison in Köln und kommt bis dato auf 41 Pflichtspiele für die „Geißböcke“. Er ist ein solider Bundesliga-Spieler, keine Frage – den Status eines unangefochtenen Stammspielers hat er in Köln allerdings nicht. Hinzu kommt, dass Rausch aus verschiedenen Gründen in der Fanszene einen schweren Stand genießt. Das sogenannte “Rausch-Bashing” kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn einmal mehr eine Standardsituation des effzeh durch den Gegner am kurzen Pfosten abgewehrt wird.
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Zwar ist es gerade in einer Phase wie aktuell definitiv kontraproduktiv, einzelne Spieler als Sündenböcke abzustempeln oder gar auszupfeifen, Rauschs bisherige Form verdient aber eigentlich auch keine Vertragsverlängerung. Vielleicht, und das wäre das einzig Positive an der neuen Laufzeit, spekulierte Schmadtke ja darauf, dass Rauschs voraussichtliche WM-Teilnahme mit der russischen Nationalmannschaft seinen Marktwert in die Höhe katapultieren würde. Dann wäre der effzeh im kommenden Sommer in einer guten Position, um Rausch gewinnbringend zu verkaufen – der Linksfuß kam im vergangenen Jahr ablösefrei aus Darmstadt. Aber gut, sein ursprüngliches Arbeitspapier wäre bis 2019 gelaufen, sodass man ihn unter Voraussetzung eines entsprechenden Angebots durchaus auch ohne neuen Vertrag hätte verkaufen können.
Höheres Durchschnittsgehalt beim effzeh: Volker freut’s
Fest steht, dass Lehmann gehaltstechnisch keinen großen Sprung mehr gemacht haben dürfte, lediglich von einer kleinen Anpassung in Folge der gesteigerten finanziellen Einnahmen des effzeh kann man ausgehen. Rausch allerdings kann sich die nächsten zweieinhalb Jahre darüber freuen, jeden Monat ein wenig mehr Geld mit nach Hause zu nehmen. Der “Kölner Stadt-Anzeiger” berichtete über verbesserte Konditionen für den Linksverteidiger. Und Volker Struth wird schon so clever gewesen sein, einen Nationalspieler-Bonus gleich mit auszuhandeln. Schließlich, so der Tenor der Branchen-Experten, sollen zehn Prozent das Brutto-Jahresgehalts eines Spielers an dessen Berater fließen, wenn der es schafft, einen neuen Vertrag mit einem Verein auszuhandeln. Das kann sehr viel Geld sein.
Im vergangenen Sommer soll das Durchschnittsgehalt beim 1. FC Köln ungefähr 700.000 Euro pro Jahr betragen haben – im Zuge der EL-Qualifikation, der hohen Einnahmen aus Sponsoring, Fernsehgeldern und Transfers kann davon ausgegangen werden, dass der durchschnittliche Wert mittlerweile also etwas höher liegt. Aufgrund der Tatsache, dass weder Rausch noch Lehmann zu den absoluten Top-Verdienern im Kader gehören dürften (T. Horn, Hector, Pizarro, Cordoba, …), kann man daraus schließen, dass beide vielleicht knapp eine Million Euro pro Jahr bekommen. Ausgehend davon hätte Volker Struths Agentur als Honorar für die treuen Vermittler-Dienste also alleine durch diese beiden Vertragsverlängerungen ungefähr 200.000 Euro eingestrichen.
Klünter, Özcan, Handwerker: Die nächsten neuen Verträge rufen schon
Und auch in Zukunft dürfte sich Struth die Hände reiben: Wenn die Entwicklung der jungen Spieler Klünter, Özcan und Handwerker so weitergeht, dürften die Verträge, die aktuell noch bis 2020 laufen, ebenso alsbald verlängert werden. Mit Horn, Heintz und auch Risse sind bereits drei Leistungsträger langfristig an den effzeh gebunden (bis 2021 und 2022), jetzt gehört auch Konstantin Rausch dazu. Die Frage nach dem Warum stellt sich bei beiden Vertragsverlängerungen und sie bekommen einen faden Beigeschmack, wenn man sie im Lichte der Trennung von Schmadtke betrachtet.
Dass mit Dominic Maroh ein im Vergleich zu Rausch verdienter Spieler derweil auf einen neuen Vertrag warten muss, verstärkt das Geschmäckle außerdem. Marohs Arbeitspapier läuft im kommenden Sommer aus, der Innenverteidiger steht allerdings bei “GoalSky” und nicht bei Struth unter Vertrag. Über eine mögliche Vertragsverlängerung wurde noch nichts bekannt.
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Die gute und für beide Seiten auch produktive, aber langfristig nicht tragfähige Zusammenarbeit zwischen “SportsTotal” und dem 1. FC Köln dürfte mit dem Kapitel Schmadtke aber wohl enden. Oder zumindest deutlich an Intensität verlieren. Es bleibt freilich abzuwarten, ob der kommende Geschäftsführer Sport des 1. FC Köln ebenfalls auf eine so enge Bindung an eine Spielerberatungs-Agentur setzen wird. Bis der Schmadtke-Nachfolger im Amt ist und sich seine Strategie herauskristallisiert hat, wird es aber wohl noch etwas dauern. Man kann nur hoffen, dass Volker Struth mit der Kohle aus den Vertragsverlängerungen von Lehmann und Rausch sein Abschiedsgeschenk bekommen hat.