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Meinung

Modeste: Auch nicht größer als der Verein

Seit gestern geht es rund: Modeste will weg!? Doch unabhängig davon, ob und wie der Transfer vollzogen wird: Der Weggang des Stürmers wäre für den effzeh nur auf kurze Sicht schmerzhaft.

Foto: Juergen Schwarz/Bongarts/Getty Images

Da wähnt man sich nichtsahnend in der vereinsfußballfreien Zeit, schaut mit mehr oder weniger Interesse die Spiele der verschiedenen Nationalmannschaften und freut sich über die sinnvollen und absolut nachvollziehbaren Neuverpflichtungen des effzeh – und plötzlich platzt eine Nachricht wie eine Bombe in die trügerische Ruhe der effzeh-Berichterstattung. Anthony Modeste und sein Anwalt haben laut einschlägiger Medien alles Notwendige eingeleitet, damit der französische Stürmer, im letzten Jahr so etwas wie die offensive Lebensversicherung, den effzeh in dieser Transferperiode in Richtung des aufstrebenden Fußballlandes China verlassen kann. Auch West Ham United, eines der Überraschungsteams der vergangenen Saison in der Premier League, scheint Interesse am 27-Jährigen zu haben.

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Der aufnehmende Verein wäre in jedem Fall gezwungen gewesen, bis zum Fristende am 15. Juni eine kolportierte Ausstiegsklausel in Höhe von etwa sieben Millionen € zu bezahlen. Anscheinend scheint es bei diesem Vorgehen allerdings zu einem juristischen Fehler gekommen zu sein, weshalb ein Transfer noch nicht endgültig abgewickelt werden konnte. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass Modeste und seine Berater dazu tendieren, Köln alsbald zu verlassen. Dies natürlich nicht zwingend dafür, um sich sportlich zu verbessern – das finanzielle Gesamtpaket finanzstarker Clubs aus der Premier League und China scheint insgesamt dann doch attraktiver zu sein als ein Verbleib beim effzeh.

Modeste ließ Ujah schnell vergessen

Verlässt Modeste den effzeh bereits diesen Sommer, wäre die Affäre zwischen den Kölner Fans und dem ehemaligen Hoffenheimer nur von extrem kurzer Dauer, dafür aber mindestens genauso intensiv gewesen. Modeste, verpflichtet im letzten Sommer als Ersatz und Upgrade zum ebenfalls einst heißgeliebten, dann aber doch verachteten Anthony Ujah, ließ jegliche Erinnerung an den Nigerianer schnell verblassen: seine starke Torquote (18 Tore in Liga und Pokal) bescherte ihm relativ frühzeitig den Status eines kölschen Jung. Etwas beweglicher und kombinationsstärker als sein Vorgänger erarbeitete sich Modeste schnell einen unangefochtenen Stammplatz in der Offensive des effzeh, den er trotz einer kurzen Schwächephase im Winter beibehielt. Mit einer verbesserten Chancenauswertung wäre Modeste wohl relativ leicht an die Grenze von 20 Saisontoren gekommen, die ihm dann wohl endgültig den Status einer Legende verliehen hätte. Dementsprechend groß war die Hoffnung des effzeh, den Franzosen über diese Saison hinaus zu halten, um alsbald andere Tabellenregionen anpeilen zu können. Dieser Traum scheint wohl vorerst nicht Realität zu werden.

Reisende soll man nicht aufhalten

Der drohende Abgang des torgefährlichsten Spielers im Kader ist für einen Mittelklasse-Bundesligisten wie den effzeh naturgemäß ein harter Schlag, allerdings würde dadurch die Weiterentwicklung nicht gestoppt, sondern vielleicht nur etwas verlangsamt werden. Die bisherige Transferperiode hat gezeigt, dass der effzeh drei Akteure, für die wohl der Terminus Ergänzungsspieler erfunden wurde (Vogt, Svento, Hosiner), ohne großen finanziellen Aufwand und gar ohne Ablösesumme ersetzt hat. Die Verpflichtungen von Höger, Rausch und Rudnevs stellen dementsprechend wohl kaum ein Risiko dar. Qualitativ dürfte sogar ein Schritt nach vorne gemacht werden. Der Abgang von Yannick Gerhardt war vorher einkalkuliert, da ein junger, talentierter und vor allem deutscher Spieler auf dem Transfermarkt hohe Summen generiert. Mit dem zweistelligen Millionenbetrag aus dem Gerhardt-Transfer ist bereits ein weiterer Schritt hin zur finanziellen Gesundung des Vereins getan, die durch einen Modeste-Abgang weiter beschleunigt würde. Da die Ausstiegsklausel aber offenbar nicht fachgerecht gezogen wurde, darf der effzeh die Ablösesumme beliebig hoch ansetzen. Es ist davon auszugehen, dass die an Modeste interessierten Vereine da durchaus mitgehen können.

Wenn bereits in dieser Transferperiode ein weiterer zweistelliger Millionenbetrag erzielt werden würde, stünden dem effzeh auf einmal völlig neue Möglichkeiten zur Verfügung. Da man davon ausgehen kann, dass Schmadtke, Stöger und Wehrle bereits im Hintergrund fieberhaft an weiteren Zugängen arbeiten, ist dem Autor dieser Zeilen in Hinblick auf die neue Saison nicht bange. Bisher konnte noch jeder Spieler ersetzt werden. Für Modeste gilt das diesen, aber vielleicht sogar auch erst nächsten Sommer, genauso.

Nach wie vor gilt: kein Spieler ist größer als der Verein

Modestes Beteuerungen, sich in Köln und in der Mannschaft extrem wohlzufühlen, sind in den vergangenen Monaten in verschiedensten Medien aufgetaucht und werden bei einem bevorstehenden Wechsel wieder gerne vom Dachboden geholt und entstaubt. „Alles Söldner!“, „Heutzutage gilt das Wort eines Spielers nichts mehr“ und das berühmte „Judas“ sind dabei noch fast freundliche Kommentare, die einem wechselwilligen Spieler dann entgegenschlagen. Allen Fußball-Romantikern bleibt deswegen wieder nur der Griff zum Taschentuch, garniert mit den Worten, dass Fußball heute in erster Linie ein Geschäft ist und Spieler in der begrenzten Zeit ihrer Karriere probieren, möglichst viel Geld anzuhäufen, um später davon leben zu können. Ob das in Köln, London oder China passiert, ist dabei egal. Diesen Gedanken sollte man bei allen bevorstehenden Transfers immer wieder mantraartig wiederholen. Unabhängig davon, wie viele Tore ein Spieler geschossen hat.

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