Von den 24 Auserwählten im Kader des effzeh werden acht im Sprachgebrauch als “kölsche Jungs” bezeichnet, weil sie in Köln oder zumindest in der Gegend um die Domstadt herum geboren wurden und die Jugendmannschaften des effzeh durchlaufen haben. So weit, so gut – diese “weichen” Faktoren sorgen natürlich auf Fan-Seite für eine hohe Identifikation. Es ist natürlich gut, wenn sich auch die Spieler mit der Stadt und dem Verein identifizieren, allerdings geht man als Fan kritiklos davon aus. Die Karriereplanung eines Spielers kann dabei schnell anders aussehen als die eines Fans – unabhängig davon, ob die Oma des Spielers bereits in der Südkurve stand.
Acht effzeh-Spieler sind Kunden bei “SportsTotal”
Was beim 1. FC Köln allerdings tatsächlich beunruhigend ist: Die gleiche Zahl, nämlich wieder acht Spieler, werden von der Agentur “SportsTotal” beraten. Namentlich sind dies laut einer Recherche bei “transfermarkt.de” Timo Horn, Dominique Heintz, Lukas Klünter, Milos Jojic, Matthias Lehmann, Salih Özcan, Konstantin Rausch und – eben jener Marcel Risse.
Mit Horn und Heintz wird ein großer Bestandteil des effzeh-Tafelsilbers dabei von Struth und Hebel beraten. Zusammen kommen beide auf einen Marktwert von knapp 20 Millionen Euro – Struth und Hebel dürften hierbei langfristig schon den großen Reibach wittern. Mit Salih Öczan und Marcel Risse berät die Agentur zwei unterschiedlich alte, aber dennoch aufstrebende deutsche Spieler, deren Potenzial auch noch nicht zu 100 % ausgeschöpft sein dürfte. Schaut man sich das Ganze im nationalen Vergleich an, fallen zwei Dinge ins Auge: Der effzeh hat mit Abstand den kleinsten Kader, aber dennoch die höchste Quote an Spielern einer Agentur. Ansonsten finden sich an den anderen Standorten mal zwei, drei oder maximal vier Spieler einer einzelnen Agentur im Kader eines Bundesligisten. Daraus lässt sich also schließen, dass in keinem anderen Verein der Einfluss einer einzelnen Agentur so groß ist wie in Köln.
Struth und der effzeh: “Die Wege sind kurz”
Dies scheint auch dem “EXPRESS” aufgefallen zu sein, der Volker Struth Anfang Juli zum Interview traf. Auf die Frage, wie es denn dazu gekommen sei, dass Struth mittlerweile acht Spieler beim effzeh berate, antwortete der 51-Jährige Folgendes: “Ich denke, dass der Standort eine Rolle spielt. Ich komme aus Köln, SportsTotal sitzt in der Innenstadt und wir sind oft im Stadion. Die Wege sind kurz, so tauscht man sich oft aus. Und natürlich sprechen die Spieler auch untereinander darüber, ob sie sich bei ihrer Agentur gut betreut fühlen.” Jörg Schmadtke, seines Zeichens Geschäftsführer beim effzeh, wird im “Manager Magazin” wie folgt zitiert: Volker Struth sei ein “harter Knochen”, der um seine starke Marktposition wissen, aber “immer lösungsorientiert” verhandeln würde.
Gleichzeitig betonte Struth auch, beim effzeh keine “Macht” zu besitzen. Denn, “ganz im Gegenteil”, man müsse “in einer solchen Konstellation sehr vertrauensvoll zusammenarbeiten.” Dabei sei es von Vorteil, dass er und Schmadtke sich seit Jahren kennen würden. “Natürlich ist man auch mal anderer Meinung und dann prallen mit ihm und mir zwei Brocken aufeinander. Aber wir haben den Bogen noch nie überspannt, sondern immer im Sinne der Sache miteinander diskutiert”, ergänzte Struth.
Kann man gleichzeitig Spielerberater und Fan sein?
Für ihn persönlich sei der 20. Mai (der Tag der Qualifikation für die Europa League) “in mehrfacher Hinsicht sehr emotional” gewesen, wie er gegenüber dem “Kölner Stadtanzeiger” zugab. Sein Herz schlage eben für den effzeh, daraus mache er auch kein Geheimnis. Dennoch habe er sich “wahnsinnig für unsere Jungs gefreut”. Dem “EXPRESS” gestand er: “Und außerdem freut es mich als FC-Fan doch, dass so viele Spieler von unserer Agentur bei der Qualifikation zur Euro League dabei waren”. Dass dabei trotzdem mit acht Spielern immer noch überdurchschnittlich viele seiner Klienten beim effzeh im Kader stehen, spielt für ihn dabei allerdings keine Rolle. “Das sind natürlich auffällig viele”, gab er zu, “aber es ist einfach zu handhaben”.
Natürlich lässt sich dies in der Stunde des Erfolgs einfach sagen, da der effzeh durch die Modeste-Millionen und die Qualifikation für die Europa League mittlerweile in ganz neuen finanziellen Fahrwassern unterwegs ist als zuvor. Als Struth 2007 begann, befand sich der effzeh immer noch in der Overath-Ära und war weit davon entfernt, sich zu konsolidieren. Mittlerweile allerdings hat der effzeh ganz andere finanzielle Möglichkeiten als noch damals. Horn (bis 2022), Heintz (bis 2021) und Risse (bis 2022) haben ihre Verträge bekanntlich kürzlich verlängert – es ist davon auszugehen, dass alle in Bezug auf ihr Gehalt einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht haben.
Dass dabei auch etwas vom Kuchen für Volker Struth herausspringt, ist logisch – doch dann agiert er aber weniger als effzeh-Fan, sondern eher als Geschäftsmann. Und da wird er dem Verein keine Brotkrumen hinwerfen, geschweige denn bei Interesse eines anderen Vereins darauf hinweisen, dass sein Herz für den effzeh schlage. Wenn in den kommenden Jahren Lukas Klünter und Salih Özcan sich als Bundesligaspieler etablieren, wird auch für sie die nächste Verhandlungsrunde anstehen. Auch dann dürfte aus Volker Struth wieder ein knallharter Verhandlungspartner werden.
Aber klar, vor dem Hintergrund der Veröffentlichungen durch Football Leaks ist es natürlich immer einfacher zu sagen, dass die großen Fische wie Ibrahimovic-Berater Mino Raiola oder Mourinho-Agent Jorge Mendes die schwarzen Schafe sind, die die großen Summen bewegen. Für effzeh-Fans ist es dennoch interessant, auch einmal vor die eigene Haustüre zu schauen und zu überlegen, welch enge Verbindung zwischen “SportsTotal” und dem “Spürbar Anders”-Verein besteht. Schließlich betont Struth dabei gerne die angebliche Transparenz, droht aber bei Nachfragen mit juristischen Schritten. Gleichzeitig bezeichnet sich der mächtige Spielerberater als effzeh-Fan, nimmt den Verein aber bei jeder Vertragsverlängerung gleichermaßen wieder aus. “Business as usual” im Fußballkosmos.