Die Rückrunde des 1. FC Köln wird auch zum Thema gemacht, obwohl es weniger um die damals desaströse sportliche Lage, sondern eher um die Aufs und Abs in der Fanszene geht. Mit dem Heimspiel gegen Mönchengladbach startete man gleich mit einem Highlight, nachdem das Banner einer Gladbacher Ultrà-Gruppe von “diebischen Elstern” gemopst werden konnte. Die Rache erfolgte dann aber beim Auswärtsspiel in Hoffenheim. Der übertriebene Polizeieinsatz beim abschließenden Saisonspiel in Wolfsburg wird folgerichtig auch kritisiert. Besonders unterhaltsam ist in diesem Zusammenhang der sprachliche Code, in dem über tatsächliche und mögliche Auseinandersetzungen mit Gruppen anderer Vereine geschrieben wird.
Auch soziale, geschichtliche und politische Themen finden Eingang
Bei “Op Jöck” geht es insgesamt weniger um das, was auf dem Rasen passiert, sondern eher um die Begleiterscheinungen und damit um das, was den Fußball ausmacht: soziale, geschichtliche und politische Themen werden immer wieder mit dem Fußball verwoben, wenn es beispielsweise um die Situation griechischer Arbeitnehmer oder Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien geht. Die Autoren schaffen es eigentlich immer, den Besuch des Spiels in einen Kontext einzubetten, der von den Gegebenheiten im Land berichtet, ohne allerdings zu tief in die Analyse zu gehen. Das wäre bei Reiseberichten allerdings auch fehl am Platze – und dennoch macht das Lesen Spaß, da auf die zwischenmenschlichen Aspekte, die das Reisen eben mit sich bringt, nicht verzichtet wird.
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Foto: “Op Jöck”
Die Auslassungen über Pubkultur in England, Ultràkultur in Italien, legale Pyrotechnik in Norwegen (man stelle sich das in Deutschland vor!) und Blasinstrumente beim Support sorgen dafür, dass man einen anderen Blick auf das Spiel bekommt und lernt, wie es in anderen Ländern aussieht. Während Funktionäre in Deutschland immer mehr dafür sorgen, dass die Auseinandersetzung mit dem schönsten Spiel der Welt keinen Spaß mehr macht, hilft genau dieser Blick über den eigenen Tellerrand hinaus, um weiter daran zu glauben, dass Fußball mit all seinen Begleiterscheinungen faszinierend sein kann.
Ein lesenswertes Leidenschaftsprojekt
Beeindruckend ist ebenfalls das Talent, das die Reiseexperten in Bezug auf Organisation und Zeitmanagement vorweisen können – jeder Reisebericht hat deswegen auch immer etwas von einem Kapitel in einem Bildungsroman, weil man quasi immer auf Unwägbarkeiten stößt, die man vorher nicht einplanen kann. Das Lesen wird dadurch erleichtert, dass die überraschend professionell aussehenden Bilder die Menge an Text auflockern – interessant sind die Aufnahmen über Stadien, die man sonst nicht zu Gesicht bekommen würde, in jedem Fall.
Beenden wir diese Rezension mit dem schönsten Satz der gesamten Ausgabe, den “Tobansen” in Bezug auf seine Reise nach Peru geschrieben hat. In Lima begegnete er einer Situation, die so manches Fragezeichen hinterließ. Er schreibt über seinen Aufenthalt in Lima: “In der Stadt war übrigens einen Tag vor Corpus Christi (=Fronleichnam) einiges geboten. Weitgereiste Pilgergruppen trugen Heiligenfiguren durch die Straßen und Typen mit kunstvoll gestalteten Sturmhauben schlugen sich mit Seilen auf die Waden. Da soll nochmal einer sagen, Ultras hätten einen Hau.” Das lassen wir uneingeschränkt so stehen.
Für fünf Euro ein Leidenschaftsprojekt von besessenen Fußball-Fans zu unterstützen klingt nicht nur nach einer guten Idee, man bekommt gleichermaßen auch ein gut gemachtes Fanzine serviert. Vielleicht ist Groundhopping zu sehr ein Nischenthema, ein Produkt wie “Op Jöck” sollte allerdings mehr Aufmerksamkeit erfahren.