Von einem leistungsfähigen und auf allen Ebenen gut funktionierenden Verein ist der 1. FC Köln momentan weit entfernt. Der Unterhaltungswert des launischen dreifachen Fußballmeisters steigerte sich in den vergangenen Tagen noch einmal umso mehr, weil die Kölner Verantwortlichen es doch tatsächlich durchgezogen hatten, kurz vor dem Wiederaufstieg und auf Rang eins liegend den Trainer zu entlassen. Schaut man ein wenig genauer auf die Zustände am Geißbockheim, überraschte die Trennung von Markus Anfang eigentlich nicht mehr – genauso erwartbar war, dass sich einige der Akteure in dieser Woche zumindest sehr diplomatisch (“Wir hatten ein professionelles Verhältnis”, sagte Anthony Modeste) oder relativ deutlich (für Marco Höger war die Entlassung ein “ein Stück weit folgerichtig”) dazu äußerten.
Die Brüche im Binnenverhältnis zwischen Mannschaft und Trainer schienen für den Sportboss Armin Veh daher ein weiterer Grund gewesen zu sein, den Cheftrainer kurz vor Saisonende von seinen Aufgaben zu entbinden. Der Spanier Jorge Meré wählte einen anderen Weg. Er bezog sich eher auf die Verantwortung der Mannschaft und sagte: “Wenn ein Trainer geht, dann sind immer alle schuld, nie einer alleine. Jeder muss selbstkritisch sein und sich fragen, was er falsch gemacht hat.”
Neue Dynamiken unter dem neuen Trainerduo
Anfangs Zukunftsfähigkeit über den Sommer hinaus war zuvor ohnehin in den Zweifel gerückt worden, sodass am vergangenen Samstag dann mit André Pawlak eine Interimslösung vorgestellt wurde. Nach der ersten Trainingswoche, die der ehemalige Trainer der U21 zusammen mit dem einstigen Co-Trainer unter Peter Stöger, dem Österreicher Manfred Schmid durchführen durfte, sprach Pawlak dann auf der Pressekonferenz von einer motivierten, konzentrierten Mannschaft, die die neue Form der Trainingsgestaltung gut angenommen habe.
Die Kritik, die Marco Höger an Markus Anfang geäußert hatte, ließ auf den zweiten Blick ein wenig durchscheinen, dass die Trainingsarbeit des ehemaligen Coachs wohl ein wenig zu schematisch, zu festgefahren gewesen sein könnte, was in einer Fußballmannschaft schnell für Verdruss sorgen kann. Hinzu kamen offensichtlich die fehlenden kommunikativen Fähigkeiten des Trainerteams, sodass der Kontakt insbesondere zu den Führungsspielern verloren ging. Pawlak selbst konnte in der ersten Woche naturgemäß die Abläufe zwar auch nicht revolutionieren, mit einer anderen Ansprache und vor allen Dingen anderen Inhalten dürfte er aber den Versuch unternommen haben, die Mannschaft für die kommenden Aufgaben zu motivieren.
Interessant dürfte der Trainerwechsel vor allem für diejenigen Spieler gewesen sein, die im bisherigen Saisonverlauf eher selten beziehungsweise gar nicht die Chance bekamen, sich zu zeigen. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass Frederik Sörensen beispielsweise sofort einen Kaderplatz einnehmen wird, der Weg zur Arbeit wird für ihn aber auch ein freudigerer gewesen sein als noch zuvor. Auch Salih Özcan, der zuletzt immer wieder mit Wechseln in Ausland in Verbindung gebracht wurde, könnte sich seine Zukunft in Köln jetzt noch einmal überlegen.
Auffällig ist, wie sich bereits nach einer Woche Arbeit mit Pawlak die Dynamiken wandeln: Der 48-Jährige gilt aufgrund seiner Ausbildung als Lehrer als Kommunikator, als Pädagoge, der seinen Spielern Inhalte vermittelt und sie auch auf einer kommunikativen Ebene abholt. Anfangs Image zu Beginn seiner Zeit in Köln war das eines Trainertypen, der von seiner Herangehensweise komplett überzeugt ist und keine Umwege zulässt. Seine Herangehensweise hätte genauso funktionieren können, grundsätzlich gibt es ohnehin kein Erfolgsrezept für die Arbeit mit dem einen oder anderen Trainertypen. Mannschaft und Coach müssen zusammenpassen, dieselbe fußballerische Sprache sprechen und voneinander lernen, dann kann sich Erfolg einstellen.
Interessante Ausgangslage für den unruhigen Verein aus Köln
Ob das jetzt in den kommenden drei Spielen auch für André Pawlaks Wirken bei den Profis des 1. FC Köln gelten wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall zeigte der im sportlichen Bereich momentan arg zerbeulte 1. FC Köln, dass die Schlüsselpositionen jenseits des Cheftrainers erneut nicht langfristig mit kontinuierlicher und guter Arbeit ausgefüllt werden können. Der aktuelle Co-Trainer Schmid war ursprünglich als Chefscout geholt worden und hatte seine Arbeit erst im Februar aufgenommen, im Normalfall dürfte er immer noch in der Einarbeitungsphase stecken. Sein Aufgabenbereich unter Stöger lag eher im taktischen Bereich.
Die Zusammenarbeit mit Manni ist lustig. Manni ist ein sehr patenter Kerl, mit ihm kann man super zusammenarbeiten.
Pawlak wurde vom 1. FC Köln nun schon zum zweiten Mal relativ dringend von einer anderen anspruchsvollen Aufgabe abberufen, die ihn an sich zur Genüge ausfüllte und die er auch gut bearbeitete. Während der sportlichen Krise der U21 holte der effzeh den damals noch angehenden Fußballlehrer von seinem Lehrgang, während der sportlichen Krise der Profis holte der effzeh den nun amtierenden Fußballlehrer aus der gut funktionierenden U21 nach oben. Von Kontinuität kann da nur schwerlich die Rede sein, weil in der Vergangenheit auch Trainer wie Stephan Ruthenbeck oder Martin Heck immer wieder für andere Aufgaben herangezogen wurden. Die jetzige Aufgabenverteilung sieht in jedem Fall vor, dass Pawlak die taktische Arbeit mit der Mannschaft übernimmt, während Schmid sich um das Passspiel und die hinführenden Übungsphasen kümmert – so zumindest die Worte des Cheftrainers auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Greuther Fürth. In dieser Partie kann der effzeh dann trotz der zuletzt vier sieglosen Spiele in Folge die vorzeitige Rückkehr in die Bundesliga sicherstellen, um dann auch endlich Planungssicherheit zu haben.
Die Ausgangslage ist derweil für Pawlak eine ganz besondere: Stellt er den Aufstieg zusammen mit der Mannschaft am kommenden Montag sicher, wächst automatisch das Risiko eines Spannungsabfalls nach dem Erreichen des gesteckten Ziels. Den Partien gegen Regensburg und in Magdeburg kommt dabei auch eine entscheidende Bedeutung zu: Lässt die Mannschaft die Saison auslaufen? Zeigen eventuelle Wackelkandidaten, warum sie doch beim 1. FC Köln bleiben wollten und sollten? Gleichermaßen hängt auch die Zukunft von Pawlak selbst von den kommenden drei Spielen ab, da Armin Veh über die endgültige Anfang-Nachfolge noch nicht entschieden hat.
Der Blick von außen möglicher Neuzugänge
Für den Sportboss dürften es entsprechend arbeitsreiche Wochen sein, da er aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit eines Aufstiegs bereits darauf hinarbeiten dürfte, eine konkurrenzfähige Mannschaft für die kommende Saison auf die Beine zu stellen. Jenseits der Verpflichtung von Kingsley Schindler, dessen Transfer nach Köln garantiert unter starker Fürsprache von Anfang vorgenommen wurde, gibt es auf der Zugänge-Front noch nichts zu vermelden.
Damit hätten wir auch wieder den Bogen zu Beginn des Textes geschlagen: Fußball-Deutschland und insbesondere auch die Fachkräfte wie Trainer und Spieler dürften mit großem Interesse verfolgt haben, was da zuletzt in Köln passierte. Ein Sportboss, der erst seinen Präsidenten und dann seinen Trainer absägte, eine launische Mannschaft, die den Erwartungen nur zum Teil gerecht werden konnte und ein bereits relativ unverhohlen ausgefochtener Wahlkampf in Hinblick auf die Vorstandswahl im September – langweilig wird es auf Dauer rund um den 1. FC Köln nicht. Ob potentielle Neuzugänge das jedoch als positives Merkmal verbuchen würden, sei mal dahingestellt.