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Polizeigesetz in NRW: Neuer Entwurf stellt Kritiker nicht zufrieden

Noch im Dezember will die NRW-Landesregierung das neue Polizeigesetz im Landtag verabschieden lassen, dabei sind Kritiker auch dem neuen Entwurf gegenüber skeptisch.

Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Mit dem Satz „It‘s the same bullshit“ beginnt Rechtsanwalt Christian Mertens seinen Vortrag zum neuen Polizeigesetz in Nordrhein-Westfalen in den Räumen des Sozialpädagogischen Fanprojektes am Dienstagabend im Rahmen der Vortragsreihe „Kallendresser Live“. „Es ist dasselbe Gesetz, gegen das wir schon mal auf der Straße waren“, meint der Anwalt für Strafrecht. Er spricht bei der Neufassung des Gesetzentwurfs, der noch im Dezember verabschiedet werden soll, sogar von einer „rechtsstaatlichen Unverschämtheit“. Fest steht: Das geplante Polizeigesetz erhitzt die Gemüter.

Noch vor dem Sommer wollten die Regierungsparteien CDU und FDP das bisher schärfste Anti-Terror-Gesetz für das Bundesland Nordrhein-Westfalen auf den Weg bringen. Massive Proteste und umfassende Bedenken von Verfassungsschützern an einzelnen Maßnahmen zwangen die Regierungsparteien jedoch zu Nachbesserungen. Auch viele Fans des 1. FC Köln gingen im Sommer 2018 auf die Straße und schlossen sich der landesweiten Demonstration in Düsseldorf gegen das geplante Gesetz an.

Auch der neue Entwurf ruft die Kritiker auf den Plan

Nun also der nächste Entwurf, doch auch der hat Kritiker wie Rechtsanwalt Mertens, der auf Einladung der Ultrà-Gruppe “Coloniacs” am Dienstag über den Gesetzesentwurf informiert hat. Mertens und andere Kritiker werden wieder auf die Straße gehen und ihrem Unmut gegenüber dem Entwurf der Regierungsparteien kundtun. So ruft das Bündnis „Polizeigesetz NRW stoppen!“ zu einer erneuten Demonstration am Samstag, 8. Dezember 2018, in Düsseldorf auf. Treffpunkt ist das DGB-Haus in der Friedrich-Ebert-Straße 34 um 13 Uhr. Auch die Kölner Fanszene wird sich den Protesten anschließen und am Samstag gemeinsam nach Düsseldorf reisen. Treffpunkt ist um 11:30 Uhr am Breslauer Platz. Sie sind der Meinung, dass auch der nachgebesserte Entwurf die Grundrechte der Bürger, also auch der Fußballfans, drastisch einschränken würde. Doch was genau wurde eigentlich geändert?

effzeh.com gibt einen Überblick über die Änderungen und die aktuelle Fassung des PolG NRW:

Die „drohende (terroristische Gefahr)

Der Begriff der „drohenden (terroristischen)“ Gefahr als Voraussetzung für die Ausweitungen von Polizeimaßnahmen im Vorfeld von möglichen Straftaten ist in Paragraph 8 der neuen Version nicht mehr explizit enthalten. Die Verfassungsmäßigkeit des Begriffs hatten besonders viele Kritiker in Frage gestellt. Nun führt das Gesetz auf, was terroristische Straftaten sind, Kritiker monieren, dass diese Definition aber schwammig und unklar bleibt und die verfassungsmäßigen Eingriffsschwellen für die Polizei nicht sinken. Vielmehr werde sich nun der Definition von Terrorismus aus dem Strafgesetzbuch (§129a StGB) angenähert, die jedoch schwammig und ungenau bleibe, so das „Bündnis Polizeigesetz NRW stoppen!“. Auf diese Weise könnte man laut Absatz 4 dieses Artikels, der „terroristische Straftaten “ definiert, auch eine „Dritte Halbzeit beim Fußball“, Proteste gegen Castortransporte oder andere Situationen unter einer „gefährliche Körperverletzung„ – die vorliegt sobald mehr als zwei Personen an beteiligt sind – „mit terroristischer Motivation“ definieren, so Rechtsantwalt Mertens. Dementsprechend würden die Sachverhalte unter das Polizeigesetz fallen.

Videoüberwachung (Parapraph 15)

Im öffentlichen Raum, an öffentlichen Plätzen oder Haltestellen will die Landesregierung die Videoüberwachung zulassen. Das soll künftig nur möglich sein, wenn auf der anderen Seite der Kamera ein Polizist sitzt, der jederzeit eingreifen könnte bzw. eine Streife an den betreffenden Ort schicken könnte. Alle diese Aufnahmen sollen künftig für 14 Tage gespeichert werden – „es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten benötigt oder Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass eine Person künftig Straftaten begehen wird und die Aufbewahrung ist zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich.”

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Digitale Überwachung (Artikel 20)

Künftig soll die Polizei als präventiv-polizeiliche Befugnis nicht nur laufende Telekommunikation überwachen, sondern auch verschlüsselte Messengerdienste wie Whatsapp und ähnliches auslesen dürfen. Allerdings muss für das Auslesen ein neuer „Staatstrojaner“ in NRW den strengen Anforderungen des Bundeskriminalamtes (BKA) erfüllen. Dabei handelt es sich um eine Software, die sich heimlich im Gerät einnistet und Daten weitergibt.

Polizeigewahrsam (Artikel 35)

Der sogenannte Unterbindungsgewahrsam zur Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Straftat – also ohne dass eine Straftat stattgefunden hat, lediglich der Verdacht reicht aus – kann von derzeit maximal 48 Stunden auf zwei Wochen ausgeweitet werden. Ursprünglich hatte der Gesetzgeber hier vier Wochen vorgesehen. Hinzu kommt eine Verlängerungsoption für weitere 14 Tage. „Dann“, so Christian Mertens, kann die Maßnahme – nach verfassungsrechtlicher Logik – wieder von vorne angeordnet werden.“ Weiter warnt er: „Alles, was es im Strafrecht an Schutzvorschriften für Straftäter gibt, die gibt es hier nicht“ – denn eine Straftat habe ja (noch) gar nicht stattgefunden.

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