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Nachspiel

Pokalfight unter Flutlicht, was will man mehr?

Fight Club Cologne! Emotionen, Krämpfe, Flutlicht: das Zweitrundenspiel gegen Hoffenheim bot alles, was man sich wünschen konnte.

Wenn sich nach einem langen Pokalabend unter dem Schein des Kölner Flutlichts, zusätzlich angestrahlt durch die rot-weißen LED-Leuchten der Pilonen des Müngersdorfer Stadions, völlig entkräftete Spieler des effzeh auf dem Rasen um den Hals fallen und auf den Rängen zu kölscher Musik gefeiert wird, kann man nicht davon sprechen, dass es viele bessere Szenarien für die Zweitrundenpartie des 1. FC Köln gegen die TSG Hoffenheim hätte geben können.

Bevor Schiedsrichter Marco Fritz allerdings vor der für einen Wochentag beachtlichen Kulisse von knapp 43.000 Zuschauern (davon handgezählte 500 in den Farben Hoffenheims) abpfiff, wurde auf dem Rasen Schwerstarbeit verrichtet. Im Duell zweier formstarker Mannschaften, die bisher überwiegend positive Ergebnisse in der Saison einfahren konnten, mussten beide wie in einem langen Boxkampf Rückschläge einstecken, sich wieder aufrichten und neu angreifen. Am Ende, das muss man trotz allem anerkennen, wäre ein Elfmeterschießen und damit eine Lotterie wohl nicht ganz ungerechtfertigt gewesen, da die TSG Hoffenheim in der Schlussphase der Verlängerung vehement auf den Ausgleichstreffer drängte und diesen auch in Persona von Adam Szalai erzielte, der allerdings vom Schiedsrichter zurückgepfiffen wurde.

Das Glück auf kölscher Seite

Mit strittigen Szenen um einen möglichen Ausgleichstreffer in den Schlusssequenzen eines Spiels kennt man sich ja auch beim effzeh glänzend aus (liebe Grüße an dieser Stelle an Herrn Willenborg), weswegen man den Ärger der Hoffenheimer schon nachvollziehen konnte. Auch der Führungstreffer in der Verlängerung durch Modeste war vom Makel einer Diskussion um eine mögliche Abseitsstellung behaftet, was allerdings in Realgeschwindigkeit für den Schiedsrichterassistenten wohl kaum zu erkennen war. Dieses Mal hatte der effzeh eben das Glück auf seiner Seite, damit wäre dazu alles gesagt.

Insgesamt war schon zu erkennen, dass die TSG Hoffenheim nicht ohne Grund in der Bundesliga noch ungeschlagen ist – die Mannschaft von Trainer Nagelsmann stellte über die gesamten zwei Stunden Pokalfight unter Beweis, dass sie überdurchschnittlich gut unterwegs ist. Insbesondere in den ersten 20 Minuten waren die Kraichgauer extrem dominant, sodass der effzeh gerade beim Anlaufen und Ballgewinnen Probleme hatte. Die Dreierkette um den ehemaligen effzeh-Profi Kevin Vogt, der in Hoffenheim seine Bestimmung als zentraler Innenverteidiger gefunden zu haben scheint, konnte immer wieder mit relativ einfachen Pässen den Ball ins Mittelfeld bringen, wo der effzeh dann zunehmend unter Druck geriet.

Das Anlauf- und Verschiebeverhalten gegen eine Dreierkette ist naturgemäß anders als gegen eine Viererkette, worauf Peter Stöger auch vorher hingewiesen haben dürfte – dennoch hatten die Kölner Probleme, Zugriff zu bekommen, da sich die Mittelfeldspieler der TSG genau in den Zwischenräumen aufhielten, deren Bearbeitung für den effzeh lange Wege erforderte. Diesen Vorsprung an Zeit konnten Rudy und Co. oftmals für konstruktive Pässe nutzen. Deshalb sprach Nagelsmann auch nach der Partie von den “wahrscheinlich besten ersten 20 Minuten dieser Saison”, in denen seine Mannschaft in einer Folgeaktion an einen Eckball auch in Führung gehen konnte. Konstantin Rausch und Simon Zoller konnten die Flanke von Niklas Süle nicht verhindern, in der Mitte konnte Benjamin Hübner unbedrängt einköpfen. Es ist zwar noch zu früh, aus den Gegentoren von Samstag (Stark) und Mittwoch (Hübner) einen Trend abzuleiten, allerdings fehlte in diesen beiden Szenen dem effzeh die nötige Konzentration.

Die Zuschauer als Anpeitscher

Nach 20 Minuten verschob der 1. FC Köln sein Kollektiv ein paar Meter weiter nach vorne, um etwas mutiger und vor allen Dingen aggressiver anzulaufen, um so die Hoffenheimer Ballzirkulation zu verhindern. Nach und nach arbeiteten sich die Jungs von Peter Stöger dann besser in die Partie, ohne allerdings die ganz große Torgefahr heraufzubeschwören. Nagelsmann merkte nach dem Spiel auf der Pressekonferenz an, dass auch die Zuschauer ihr Übriges dazu getan hätten, um den effzeh zurück ins Spiel zu holen. In ein, zwei Aktionen gelang es den Kölnern, die Zuschauer zu emotionalisieren, das Stadion aufzuwecken, was wiederum einen Effekt auf die Mannschaft hatte.

Dennoch brauchte es eine Einzelaktion, um wieder einen Fuß in die Tür zu bekommen: Marcel Risse trat nach 36 Minuten einen Freistoß aus großer Distanz mit idealer Flugkurve, sodass sich Hoffenheims Keeper Baumann umsonst streckte. Erstmals schaffte es der gebürtige Kölner also einen seiner gefürchteten “knuckleballs” im Anschluss an einen Freistoß zu einem Tor zu veredeln. Sehenswert war das Ganze allemal. Kurz vor dem Seitenwechsel verpasste Modeste knapp das 2:1 nach einer Risse-Flanke, spätestens ab diesem Zeitpunkt war der effzeh allerdings bestens im Spiel.

In der Anfangsphase der zweiten Halbzeit beruhigte sich das Geschehen ein wenig, das Spiel wurde etwas ausgewogener, ohne klare Vorteile für eine der beiden Mannschaften. Nach einer knappen Stunde musste Stöger mit Matthias Lehmann seinen Kapitän auswechseln, für ihn kam Salih Özcan. Im Laufe der zweiten Halbzeit entwickelte sich der bereits angesprochene Pokalfight, in der beide Mannschaften die Chance hatten, das Spiel zu entscheiden: Marcel Risses Schuss wurde stark von Baumann pariert (76. Min.), während Nadiem Amiri fünf Minuten vor dem Ende frei vor Timo Horn zum Schuss kam, allerdings relativ kläglich verzog.

Olkowski dribbelt, Modeste trifft

Irgendwann wurde die Verlängerung dann unausweichlich und sie hätte aus Kölner Sicht eigentlich nicht besser beginnen können. Pawel Olkowski machte genau das, wofür er aufgestellt wurde: der Pole nahm sich den Ball, suchte das Dribbling und drang bis auf die Grundlinie vor, von der aus er Modeste in der Mitte bediente, der ähnlich wie in Berlin keine Mühe hatte, das Tor zu erzielen. Dieser Kraftakt von Olkowski symbolisierte in gewisser Weise das Spiel, was für den effzeh über weite Strecken nicht einfach war, aber dennoch erfolgreich endete.

Für den Polen, in der Saison bislang erst mit 25 Einsatzminuten gegen Freiburg, endete damit eine lange Durststrecke, da er erstmals seit Anfang Oktober des vergangenen Jahres an einem Tor beteiligt war. Seine offensive Durchschlagskraft bringt ein weiteres Element in das Spiel des effzeh, das in engen Spielen wie gestern gegen Hoffenheim durchaus auch mal den Unterschied machen kann. Auch Peter Stöger war voll des Lobes für seinen Rechtsverteidiger und freute sich über dessen “außergewöhnlich gutes Spiel”. Chance genutzt, würde man sagen. Der Torjubel von Modeste ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die mannschaftliche Geschlossenheit immer noch unwirklich groß zu sein scheint – der Franzose hielt nach seinem Tor das Trikot des verletzten Bittencourt in die Höhe.

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Beton anrühren fürs Achtelfinale

Nach dem Führungstreffer verlagerte sich der effzeh darauf, den Vorsprung zu verteidigen, da bereits vor dem Seitenwechsel in der Verlängerung zwei Verteidiger gebracht wurden: Dominic Maroh feierte sein Comeback, der Grätschengott komplettierte die bis dato existierende Abwehrreihe zu einer Fünferkette. Dominique Heintz übernahm für den Rest der Spielzeit die Position des linken Verteidigers, sodass Konstantin Rausch eine Position weiter nach vorne rutschte. Für die verbleibenden 15 Minuten hatte Peter Stöger also eine Kette aus vier nominellen Innenverteidigern (Heintz, Mavraj, Maroh, Sörensen), die von zwei Außenverteidigern (Rausch, Olkowski) flankiert wurde. Das bezeichnet man im fußballdeutschen Sprachgebrauch dann wohl als “Beton anrühren”.

Diese Maßnahme ergab allerdings vor dem Hintergrund der Tatsache Sinn, dass mit Niklas Süle, Kevin Vogt, Adam Szalai und Sandro Wagner vier Spieler bei den Gästen auf dem Feld standen, die eine enorme Physis mitbringen und dementsprechend im Kopfballspiel schwer zu verteidigen sind. Gegen Ende der Partie schaffte der effzeh kaum Entlastung, Hoffenheim drängte auf den Ausgleich und hatte mehrere, teils klare Abschlussmöglichkeiten, die allerdings nicht genutzt werden konnten. Adam Szalai erzielte nach einem langen Ball und einer Kopfballverlängerung zwar den Ausgleich, stand aber wohl einen kleinen Tick im Abseits, sodass der Treffer nicht zählte.

Diese strittige Szene beendete ein K.O.-Spiel, wie man es sich besser eigentlich nicht wünschen kann. Rückstand, Traumtor, Verlängerung, Führung, Abwehrschlacht, das Spiel gegen Hoffenheim spielte einmal die emotionale Symphonie durch und hinterließ nach Abpfiff viele erschöpfte, aber zufriedene Gesichter.

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