Das zu hören, ist sehr schön! Der Trainerwechsel signalisiert abseits der Interna ja auch Ambitionen, um den Frauenfußball weiter zu stärken – gerade vor dem Hintergrund, dass Sascha Glass schnell verdeutlichte, dass er mit in die zweite Liga gehen würde. Viele Leistungsträgerinnen bleiben ebenfalls. Aber wie wirkt sich der Abstieg auf das Standing der FC-Frauen im Verein aus?
Nun, wir wussten schon Winter, dass die Chancen auf den Klassenerhalt bei 50:50 liegen. Der Vertrag von Sascha Glass läuft ligaunabhängig bis 2022, weil wir ihn nicht als Retter, sondern langfristig als Trainer für den 1. FC Köln sehen. Dass der Abstieg kommen kann, wussten alle, auch die Vereinsführung. Der Abstieg ist für uns ein ärgerlicher Umweg, aber von unserem Ziel, den Frauenfußball beim 1. FC Köln zu professionalisieren, kommen wir dadurch nicht ab. Und dafür haben wir Rückendeckung von allen. Das betrifft den Vorstand, den Mitgliederrat, die Geschäftsführung und alle anderen im Geißbockheim – egal in welcher Abteilung.
Ich glaube, dass wir rückblickend die richtige Entscheidung getroffen haben, auch wenn sie für die Mädels schmerzhaft war und einige Tränen flossen.
Sie haben das Thema Corona eben schon ein paar Mal erwähnt, ich möchte es trotzdem noch einmal hervorheben. Wir leben in einer Pandemie historischen Ausmaßes, die sich auf die komplette Gesellschaft auswirkt. Mal ganz allgemein gefragt: Wie haben Sie diese Phase erlebt und was bleibt besonders in Erinnerung?
Am Anfang hing ich eigentlich ununterbrochen am Telefon und habe Einzelgespräche mit den Spielerinnen geführt. Da waren ganz einfache Dinge nicht klar: Wie geht es weiter? Darf ich zu meiner Familie? Wir haben schnell festgelegt, dass wir alle in Köln halten wollen – sowohl um die Spielerinnen als auch um ihre Familien zu schützen. Wir wussten ja auch nicht, ob die Spielerinnen nach einer Reise zu ihren Familien, etwa nach Österreich, in die Schweiz, die Slowakei oder nach Irland, zurückkommen durften. Manche hatten Angst um ihre Familie und wollten sie besuchen. Aber wir wussten nicht, wie die Rückkehr ablaufen würde. Ich glaube, dass wir rückblickend die richtige Entscheidung getroffen haben, auch wenn sie für die Mädels schmerzhaft war und einige Tränen flossen. Wie sie trotzdem weitergemacht haben, hat mir imponiert. Schau dir Amber Barrett an: Sie durfte nicht zu ihrer Familie nach Irland, wohnt hier alleine, trainierte dann alleine und durfte niemanden treffen. Das ist für jemanden, der erst im Sommer kam und nur wenig Deutsch spricht, brutal. Dem Team tat es gut, wenn beispielsweise unsere Co-Trainerin Mirella eine 45-minütige Fitness-Videokonferenz abgehalten hat, weil sich da alle zuschalten und sehen konnten. Ich habe mich auch dazu geschaltet, allerdings erst am Ende (lacht).
Mit anderen Worten wurde der Trainingsbetrieb zumindest teilweise auch digitalisiert?
Ein wenig schon, ja. Die Zeit war für alle hart, weil niemand wusste, wie es weitergehen wird. Die Mädels waren auch oft unruhig, weshalb wir oft in Einzelgesprächen auf sie eingewirkt haben. Wenn du hier deine Familie hast, lässt sich das leichter aushalten, aber wenn du komplett alleine wohnst, macht das etwas mit dir.
In der Abstimmung über die Fortführung der Saison enthielt sich der FC als einziger Verein. Es ist ja inzwischen bekannt, dass Sie sehr skeptisch bei der Fortsetzung waren. Hat sich diese Skepsis bestätigt?
Na ja, wir haben es gemeistert. Als ich das Hygienekonzept zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich nur: Wie soll man so etwas hinbekommen? Ich hätte nie gedacht, dass wir so etwas schaffen, das Hygienekonzept war ja extrem streng und eigentlich nicht auf den Frauenfußball ausgelegt. Was die Enthaltung angeht: Es war eine interne Abstimmung, deswegen möchte ich gar nicht so viel dazu sagen. Nur so viel, die Gesundheit unserer Spielerinnen steht an erster Stelle und zu diesem Zeitpunkt waren noch sehr viele Fragen offen, wie man das Hygienekonzept auf den Frauenfußball übertragen soll. Wir haben in dem Sinne ja keine Frauen-Profimannschaft, sondern 60 Prozent unserer Spielerinnen gingen hauptberuflich arbeiten. Wir mussten zum Beispiel zwei Spielerinnen aus dem Kader streichen, weil die eine im Krankenhaus arbeitet und die andere als Physiotherapeutin und beide somit die Auflagen nicht erfüllen konnten. Viele mussten von ihren Arbeitgebern für die Quarantänewoche vor dem Restart auch erst einmal Urlaub bekommen. Deswegen haben wir uns im gesamten Team abgesprochen und so entschieden, wie es der DFB anschließend veröffentlicht hat.
Aber auch hier haben wir gesehen, wie sehr der Verein hinter uns steht: Die Geschäftsführung war da, der gesamte Vorstand und Vertreter des Mitgliederrats.
Wie fühlten sich denn die Geisterspiele an? Hat es einen Unterschied gemacht, dass der, tendenziell eher wenige, Support weggebrochen ist?
Ich habe dazu anfangs scherzhaft gesagt, dass es fast egal ist, ob wir Geisterspiele haben oder Werbung machen (lacht). Aber es ist natürlich nicht so, denn wir haben ja auch treue Fans. Selbst wenn nur 500 Leute auf der Tribüne sitzen, macht das schon einen Unterschied zu zehn, worunter dann auch ein Sanitäter ist. Gerade im Abstiegskampf hätten wir uns sehr über Unterstützung gefreut, egal ob durch Freunde, Familie oder Fans. Aber auch hier haben wir gesehen, wie sehr der Verein hinter uns steht: Die Geschäftsführung war da, der gesamte Vorstand und Vertreter des Mitgliederrats. Aber auch Kollegen aus dem Geißbockheim sind gekommen und haben uns unterstützt. Das haben die Spielerinnen schon sehr positiv aufgenommen. Leider waren die Delegationen limitiert.
Eine letzte Frage zur abgelaufenen Saison und Corona: Wie wirkt sich die Pandemie auf die berufliche Situation der Spielerinnen aus?
Für diejenigen, die Bürotätigkeiten nachgehen, war eine Umstellung ins Home-Office schnell machbar. Zwei Spielerinnen wurden sogar freigestellt, weil sie im Verkauf arbeiten und das nicht zum Hygienekonzept passte.
Ich will auf etwas anderes hinaus: Die Spielerinnen müssen sich ja auch anderen Vereinen zeigen, um Angebote zu erhalten. Diese ‘Coronaspiele’ sind aber nur wenig aussagekräftig. Es ist zudem unklar, wann die neue Saison losgeht. Wie planen die gerade ihre Zukunft?
Das ist gerade extrem schwierig. Wir hatten beispielsweise das letzte Spiel am letzten Juniwochenende, wobei die Verträge am Dienstag, den 30. Juni ausliefen. Das stellte viele vor große Probleme. Bei uns gab es auch einige Wackelkandidatinnen, da bin ich ehrlich. Wir mussten abwarten, auch weil wir nicht wussten, ob wir in der ersten oder in der zweiten Liga spielen werden. Die Termine haben wir deshalb auf die Tage nach dem letzten Spiel gelegt. Lucia Ondrusova ist das beste Beispiel: Wir haben ihr mitgeteilt, dass wir ihren Vertrag nicht verlängern, worauf sie direkt danach ihre Wohnung kündigen musste. Sie hat uns aber ein paar Tage später mitgeteilt, dass sie Optionen für Vereinswechsel hat. Auf diesem Level kann das also funktionieren. Auf dem Level darunter sieht es allerdings für viele anders aus.