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Lebenswege beim 1. FC Köln: Tobias Nickenig – Big Nick, Abwehrkante mit Ballgefühl

Der Lebensweg des Tobias Nickenig: Aus dem Rheinland zum Club seiner Träume, dem 1. FC Köln, harte Arbeit, Verletzungen, eine ereignisreiche Karriere. Nach Erfolgen im Jugendbereich verpasst er den ganz großen Durchbruch in der Bundesliga, spielt in Osnabrück und Aue und wird schließlich Sportdirektor in Thailand. Auch heute noch arbeitet Tobias Nickenig im Fußball-Geschäft.

Tobias Nickenig im Testspiel gegen den FC Grenchen vor der Saison 2006/07 (Foto: imago/Geisser)

Zur Saison 2000/01 ist es dann so weit, Tobias Nickenig streift das Trikot seines Lieblingsvereins über. „Ich war von klein auf leidenschaftlicher FC-Fan“, erläutert er. „Mit meinem Vater war ich vorher regelmäßig zur Saisoneröffnung nach Köln gefahren, hatte Fotos mit meinen Idolen Carsten Cullmann, Pele Wollitz und Karsten Baumann gemacht und auch einmal einen Trainingsball des FC ergattert, den ich dann hütete wie einen Schatz.“ Er schmunzelt. „Ich habe damals immer davon geträumt, selber dort irgendwann zu spielen, und Jahre später sollte dies wirklich wahr werden. Carsten Cullmann war mein erster Zimmergenosse beim Trainingslager des FC in der Schweiz, Pele Wollitz wollte mich zum VfL Osnabrück holen, und Karsten Baumann war sogar zweimal mein Trainer, in Aue und in Osnabrück.“

Sein Anfang beim Geißbockclub ist jedoch recht holprig. „Damals habe ich mit meinen Eltern unseren letzten gemeinsamen Urlaub in Ungarn verbracht, während die B-Jugend des FC sich schon zwei Wochen im Training befand“, erinnert er sich. „Die Zugfahrt vom Urlaubsort nach Hause hat dann 24 Stunden gedauert. Dort angekommen habe ich dann schnell meine Sporttasche gepackt, mein Vater hat mich anschließend mit dem Auto zum Geißbockheim gebracht. Thomas Schumacher, mein B-Jugendtrainer, wartete da schon, um mit mir ins Trainingslager zu fahren, das irgendwo im Norden stattfand. Als wir dort ankamen, dachte ich eigentlich, dass ich auf mein Zimmer gehen und endlich einige Stunden schlafen könnte. Schumacher deutete jedoch zum Trainingsplatz, wo meine zukünftigen Mannschaftskameraden sich bereits warm machten. ‘Zieh Dich um, Training in 10 Minuten’, sagte er nur.“

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Die ersten Trainingstage sind hart, in Andernach wurde dreimal die Woche trainiert, hier stehen jeden Tag zwei Trainingseinheiten auf dem Programm. „Am Anfang dachte ich, das schaffst Du nie. Ich hatte noch nie so hart trainiert“, sagt er. „Ich weiß noch, dass wir nach dem Training Pappbecher mit Elektrolytgetränken gereicht bekamen. Ich war so kaputt, dass ich gar nicht richtig trinken konnte, sondern lediglich den Rand des Bechers kaputtgebissen habe.” Doch allmählich gewöhnt sich sein Körper an das harte Training. Mit jeder Übungseinheit wächst seine Überzeugung, dass er mithalten kann, spielerisch wie körperlich. Dies wird auch von seinen Mannschaftskameraden registriert und nach kurzer Zeit fühlt er sich im Team integriert. Dabei hilft es ihm auch, dass er zwei der Spieler aus der Rheinlandauswahl kennt, Marc Krause und Jeffrey Yankey.

Mit Konkurrent Schweinsteiger in der Jugendnationalelf

Vor dem ersten Saisonspiel verletzt er sich bei einem Unfall mit seinem Motorroller und muss pausieren. So geht das Trikot mit der Rückennummer 10 an Ümit Kekilli, der sich auf dieser Position auch festspielt. Als Nickenig wieder einsatzbereit ist, fällt Daniel Blankenheim aus, der Stamm-Sechser des Teams. Der gebürtige Neuwieder springt ein und findet Gefallen an dieser Position. „Ich merkte, dass ich in dieser Rolle das Spiel vor mir hatte, und das sagte mir zu“, erklärt er. „Von da an war das Jersey mit der „6“ für mich reserviert.“

“Nach der Schule habe ich zu Hause schnell etwas gegessen, dann ging es zum Bahnhof nach Andernach und von da aus nach Köln. Dort wartete ein Wagen des Vereins, der uns zum Geißbockheim brachte. Abends folgte die gleiche Tour, nur in umgekehrter Reihenfolge.”

In Köln spielt er in einer starken B-Jugend, in der sich mit Kevin Schöneberg und Rajabu Pamba-Müller auch zwei Jugendnationalspieler befinden, die dem jüngeren Jahrgang angehören. Sein Zuhause hat er jedoch noch bei seinen Eltern in Weißenthurm und muss so auch jenseits des fordernden Trainings nicht wenige Strapazen auf sich nehmen. „Nach der Schule habe ich zu Hause schnell etwas gegessen, dann ging es zum Bahnhof nach Andernach und von da aus nach Köln. Dort wartete ein Wagen des Vereins, der uns zum Geißbockheim brachte. Abends folgte die gleiche Tour, nur in umgekehrter Reihenfolge. Die Hausaufgaben habe ich dann im Zug gemacht – oder mit Marc und Jeffrey gequatscht. Gegen elf Uhr abends war ich dann wieder zu Hause.“

Diese Tortur findet vor der Saison 2001/02 ihr Ende. Er zieht nach Immekeppel zur Gastfamilie Andreae. Gleichzeitig hat er auch die Mittelstufe auf dem Neuwieder Gymnasium erfolgreich durchlaufen und findet in der Oberstufe des Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasiums in Köln seine neue schulische Heimat. Der Wegfall der langen Zugfahrten wirkt sich positiv auf seine sportlichen Leistungen aus, er wird Stammspieler und Leistungsträger der A-Jugend und wird mit Berufungen in die Mittelrheinauswahl belohnt. In der darauffolgenden Spielzeit stoßen Spieler wie Thomas Kessler, Lukas Podolski, Lukas Sinkiewicz, Silvio Pagano und Christian Schlösser zur A-Jugend und bilden ein schlagkräftiges Team.

Mit der Mittelrheinauswahl in Südafrika. Tobias Nickenig mit der Nr. 6 (Foto: Tobias Nickenig)

Inzwischen sind auch die Verantwortlichen des DFB auf die guten Leistungen des früheren Andernachers aufmerksam geworden und berufen ihn in die A-Junioren-Nationalmannschaft. Dort trifft er auf einen Konkurrenten auf seiner Position als „Sechser“ – Bastian Schweinsteiger, den späteren Weltmeister, Champions League-Gewinner und vielfachen Deutschen Meister mit Bayern München. Mit ihm teilt er sich nicht nur die Spielposition, Schweinsteiger ist auch am selben Tag geboren wie der Kölner. Am 29. August 2002 ist es dann so weit, Tobias Nickenig kommt zu Beginn der 2. Halbzeit des Länderspiels gegen Österreich zu seinem ersten und, wie sich zeigen sollte, einzigen Einsatz für die DFB-Auswahl – und ersetzt den blonden Münchener. „Ich bin dann noch zu zwei Länderspielen gegen Kanada eingeladen worden, musste aber absagen, weil ich gerade erst am Meniskus operiert worden war“, erläutert er. „Gegen Italien sollte ich zu einem weiteren Länderspiel kommen, diesmal musste ich aus schulischen Gründen verzichten.“

Guter Einstand in der „Zwoten“ – und erste schwere Verletzung

Besser läuft es für Nickenig im Verein. Im Endspiel um den Mittelrheinpokal besiegen die Kölner, die inzwischen von Raimunt Zieler trainiert werden, den ewigen Rivalen aus Leverkusen mit 4:1. Lukas Podolski steuert drei Tore zum Triumph bei – in bunten Schuhen, was zu Beginn dieses Jahrtausends noch eher die Ausnahme darstellt. „Am nächsten Tag haben einige von uns bei der U23 mittrainiert, unter anderem auch Podolski“, erinnert sich der gebürtige Neuwieder. „Sein Schuhwerk fand wenig Gegenliebe bei Trainer Christoph John, der seine Zweifel hatte, ob der frühere Bergheimer viele Einsätze in dem von ihm betreuten Team bekommen würde.“ Tobias Nickenig schmunzelt. „Damit sollte er einerseits Recht behalten, denn Lukas kam lediglich auf zwei Einsätze für die Zweite Mannschaft, lief jedoch ab November für die Profis des FC auf und trug nur ein halbes Jahr danach das Trikot der deutschen Nationalelf bei der Euro 2004.“

Mittelrheinpokalsieger mit der U19 des 1. FC Köln, T. Nickenig ganz hinten, 2. Spieler v. li., L. Podolski vorne 2. Spieler v. li. (Foto: Tobias Nickenig)

Die Verantwortlichen des FC sind angetan von Nickenigs Leistungen und geben ihm einen Zweijahresvertrag als Vertragsamateur mit einer anschließenden Option für die Profis. Der ehemalige Jugendnationalspieler zahlt dieses Vertrauen nicht nur durch die sieben Tore zurück, die er bei seinen 19 Einsätzen für die „Zwote“ erzielt. Er fühlt sich wohl in dem Team mit Spielern wie Torwart André Maczkowiak, Nermin Celikovic, Giovanni Federico und Daniel Chitsulo.  Doch dann schlägt das Verletzungspech zu – ausgerechnet in der letzten Partie der Saison. „Wir spielten gegen Fortuna Köln im Endspiel des Mittelrheinpokals“, erinnert sich Nickenig. „Ich riss mir das Kreuzband und fiel zum ersten Mal in meiner Karriere monatelang aus.“

Profi beim 1. FC Köln, erster Einsatz im DFB-Pokal und Leihe zu den Sportfreunden Siegen

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