Auch im Verein läuft es rund für Marco Weller, er hat sich etabliert in dem Team mit seinem Nationalmannschaftskollegen Sascha Bauer und Mitspielern wie Christoph Fleck und Alexander Voigt. Er absolviert auch schon einige Partien für die A-Jugend, freut sich aber besonders auf die U16-Europameisterschaft in Irland. In der Winterpause nimmt er mit dem FC an einem Hallenturnier in Wirges teil. „Ich war zu der Zeit in der Form meines Lebens,“ erinnert er sich. „Wir gewannen das Turnier, ich wurde zum besten Spieler gewählt, verspürte aber zum ersten Male anhaltende Schmerzen in meinem Knie.“
Marco Weller muss einige Zeit aussetzen, wird aber rechtzeitig zu zwei Länderspielen gegen die Türkei wieder fit, die als letzte Vorbereitung auf die Europameisterschaft dienen sollen. Er steht im EM-Kader mit Spielern wie Robert Enke, Marco Villa und Thorsten Ziegner und hat schon mit Marco Reich, einem weiteren Mitspieler, vereinbart, dass man sich in Irland ein Zimmer teilen wird.
Die erste schwere Verletzung – das Aus für die U16-EM
Im Abschlusstraining verletzt er sich das Sprunggelenk schwer, will aber unbedingt spielen. Das verletzte Gelenk wird sorgfältig getapt, schließlich wechselt sein Trainer, Bernd Stöber, ihn in der 2. Halbzeit ein. „Ich bekam den Ball, wollte ihn wie gewohnt mit dem Außenrist spielen und blieb im Rasen hängen“, erinnert er sich. „Der Schmerz war unbeschreiblich, ich konnte überhaupt nicht mehr mit dem Fuß auftreten.“ Am nächsten Tag wird er ins Trainerbüro gerufen – und ahnte schon, was kommen würde. „Bernd Stöber teilte mir mit, dass es ihm wahnsinnig leid täte, aber ich könne nicht mit zur EM, die Verletzung, ein mehrfacher Bänderriss, sei zu gravierend.“
Seine erste große Verletzung, der noch viele folgen sollten, beendet seinen Traum, sich auf der großen Bühne der U16-Europameisterschaft präsentieren zu können und den Lohn für die fleißige Trainingsarbeit und die vielen Extraschichten zu erhalten. „Daran habe ich schon eine Zeitlang zu knabbern gehabt,“ gibt er zu. Seine Enttäuschung macht er mit sich selbst aus, hält sie von seinen Mitspielern fern. „Damals in den 90ern waren die coolen Typen gefragt, die Spieler mit der harten Schale, die nichts zu erschüttern schien“, sagt Weller. „Da durfte man keine Schwäche zeigen, keinen Riss in der Rüstung.“ Erst später findet er Gesprächspartner unter seinen Mitspielern, mit denen er auch über Themen reden konnte, die nicht nur an der Oberfläche kratzten, sondern tiefer gingen. Sascha Bauer, Jugendnationalspieler wie Weller, gehörte dazu und auch der ein Jahr ältere Marcus Korek.
Wechselhafte Zeiten in der A-Jugend des 1. FC Köln
Vor der Saison 1994/1995 schließt Marco Weller die Realschule erfolgreich ab und zieht dann ins Jugendhaus des 1. FC Köln in Hürth-Efferen ein. Sein Zimmer teilt er sich mit Rocco Kühn, ebenfalls Jugendnationalspieler und 1993 aus Dresden zum 1. FC Köln gewechselt. Beide sind Teil der A-Jugend der Kölner, die von Frank Schaefer trainiert wird und mit Bauer, Fleck, Brinkmann und Fischer weitere DFB-Auswahlspieler aufbieten kann. Trotz der individuellen Stärke tut sich das Team in der Mittelrheinliga schwer und belegt zum Saisonschluss einen enttäuschenden dritten Platz hinter Bayer Leverkusen und Alemannia Aachen.
„Damals in den 90ern waren die coolen Typen gefragt, die Spieler mit der harten Schale, die nichts zu erschüttern schien. Da durfte man keine Schwäche zeigen, keinen Riss in der Rüstung.“
Möglicherweise trägt der ausbleibende Erfolg mit dazu bei, dass Wellers Verhältnis zu Frank Schaefer nicht immer frei von Spannungen ist. Nichtdestotrotz zollt ihm der Trainer Jahre später das größtmögliche Lob: “Marco war hinsichtlich seiner Ballbehandlung und der Ballmitnahme bei höchstem Tempo und auf engstem Raum der beste Spieler, den ich je trainiert habe,“ stellte der Übungsleiter fest, der unter anderem Lukas Podolski zu seinen Schützlingen zählte. Allerdings hindern anhaltende Patella-Probleme den jungen Mittelfeldspieler in dieser Saison daran, diese Qualitäten regelmäßig auf den Platz zu bringen. Diese Verletzungsprobleme führen auch dazu, dass er nur zu einem U17-Länderspieleinsatz gegen Ungarn kommt.
In seinem zweiten A-Jugendjahr wird Weller von Siggi Marti trainiert und gewinnt mit einem im Vergleich zum Vorjahr deutlich schwächeren Team die Mittelrheinmeisterschaft. Wellers Freude über das gute Abschneiden der Mannschaft wird allerdings durch die immer schlimmer werdenden Knieprobleme getrübt. Oft muss er mit dem Training aussetzen und verpasst verletzungsbedingt auch so manches Spiel. Und trotzdem – Marco Weller bleibt auch in dieser Situation ein Perfektionist mit höchsten Ansprüchen an sich selbst und an sein Spiel. „Wir haben in der Saison ein Freundschaftsspiel in Olpe gemacht, das wir 8 oder 9:0 gewonnen haben,“ sagt er. „Ich habe zwei oder drei Tore selber erzielt und war Vorlagengeber bei den restlichen Treffern. Siggi Marti hat mir nach dem Spiel zu meiner Leistung gratuliert, ich aber war sauer, weil ich einen (!) Fehlpass gespielt hatte.“
Vertrag bei den Profis – das Verletzungspech bleibt ihm treu
Spieler mit solch hohen Ansprüchen an die eigenen Leistungen sind gefragt, und so überrascht es nicht, dass die Verantwortlichen des 1. FC Köln trotz der Verletzungsprobleme seinen auslaufenden Vertrag verlängern und ihn längerfristig an den Verein binden wollen. Manager Bernd Cullmann führt die ersten Verhandlungen mit dem Jugendnationalspieler und mit Karl-Heinz Thielen, seinem Berater. Schließlich einigen sie sich auf einen Zweijahresvertrag mit einjähriger Option, den Weller nach Cullmanns Entlassung in Anwesenheit von Geschäftsführer Wolfgang Loos unterschreibt. Das Ziel, Profi zu werden, hat Marco Weller erreicht, er freut sich darüber, ist aber weit davon entfernt, euphorisch zu werden. „Für mich war das ein weiterer Schritt, meinen Traum zu verwirklichen“, stellt er fest. „Stammspieler bei den Profis und A-Nationalspieler zu werden, das waren meine eigentlichen Ziele.“
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Peter Neururer, der den FC in einem dramatischen Endspurt in der Saison 1995/96 vor seinem ersten Abstieg aus der Bundesliga bewahrt hat, ist Wellers erster Profitrainer. Die Saison lässt sich gut an, der Coach ist von Trainingsleistungen des früheren Siegeners sehr angetan und versichert in einem Telefonat mit Berater Thielen, dass er zukünftig auf den jungen Mittelfeldspieler setzen wolle. Doch nur wenige Tage später werden Wellers Hoffnungen vorerst zunichte gemacht, als er sich in einem Trainingszweikampf mit Janosch Dziwior einen Bänderriss im Knöchel zuzieht und zwei Monate pausieren muss.
Stammplatz in der Reha, neue Hoffnung unter Bernd Schuster, weitere Verletzungen