Die Entscheidung, 2002 seine berufliche Laufbahn bei dem Finanzdienstleister zu beginnen, hatte verschiedene Gründe, von denen einige mit dem Fußball zu tun hatten. „Mein damaliger Berater, Wolfgang Jerat, arbeitete bei dem Unternehmen und empfahl mir, mich dort zu bewerben“, erläuterte er. „Kurze Zeit vorher hatte ich beim Endspiel um den Länderpokal die wohl größte Enttäuschung meiner Karriere als Fußballer erlebt. Ich war bis dahin bei allen Länderpokalturnieren Stammtorhüter der Mittelrheinauswahl gewesen, spielte für Viktoria Köln in der Oberliga einige Spiele und zeigte dabei gute Leistungen.“
Er hält einen Moment inne. „André Maczkowiak, damals 18, war unser zweiter Torhüter und litt zu der Zeit unter Rückenproblemen. Am Morgen des Endspiels nahm der Trainer ihn und mich beiseite und eröffnete uns, dass er so ein Bauchgefühl hätte, dass Maczkowiak für das Endspiel die bessere Wahl sei. Ich war so perplex und enttäuscht, dass ich nichts sagen konnte. Das Finale war das letzte Spiel für den 82er Jahrgang in der Mittelrheinauswahl, und ich musste es von der Bank erleben. In dem Moment schwor ich mir, mein Möglichstes zu tun, um nie mehr von der plötzlichen Eingebung oder dem Bauchgefühl eines Menschen abhängig zu sein.“
Das Kontrastprogramm dazu erlebt er kurze Zeit später, als er im Büro von Hans-Jürgen Lang, heute Direktor bei Swiss Life Select, sitzt und aufmerksam zuhört, als Lang ihm seinen Karriereplan erläutert. „Er erklärte mir, dass mein beruflicher Erfolg im Unternehmen einzig und allein von mir, meiner Initiative und meinem Engagement abhängen würde“, erinnert sich Thomas Olschewski. „Das was er sagte, war völlig transparent, die Kriterien absolut klar, und in dem Augenblick wusste ich: Das war genau das, was ich wollte.“
Beruflicher Aufstieg und Bezug zum Fußball
Swiss Life, der größte Versicherungskonzern der Schweiz, übernimmt AWD einige Jahre später und benennt das Unternehmen 2013 in Swiss Life Select um. Thomas Olschewski wird im Oktober 2017 Manager der Kölner Direktion des Finanzdienstleisters, er ist verantwortlich für mehr als 100 Mitarbeiter. Zudem gehört er dem Steering Board an, dem höchsten Entscheidungsgremium von Swiss Life Select. Dessen Kölner Direktion hat enorm expandiert, unterhält Außenstellen unter anderem in Bonn, Wuppertal, Dortmund, Bad Neuenahr und Olpe. „Als ich 2002 hier anfing, hatten wir im KölnTurm ein Viertel einer Büroetage, in Kürze mieten wir die vierte vollständige Büroetage zu den drei jetzt schon vorhandenen hinzu.“
An den Wänden hängen unzählige eingerahmte Trikots bekannter Fußballer. „Mittlerweile zählen zwischen 60 und 70 Fußballspieler zu unseren Kunden“, erläutert Olschewski. „Die meisten sind noch aktiv, spielen in einer der ersten vier Ligen Deutschlands.“ Er schmunzelt, als er erzählt, wie es dazu kam. „Ich hatte 2002 gerade im Unternehmen angefangen, als mich ein Fußballkumpel anrief. Er wolle 500 Euro im Monat für seine Altersvorsorge anlegen und habe da ein Angebot, das ihm sein Spielerberater vermittelt habe. Bei Vertragsabschluss bekomme er 9.000 Euro. Ich stutzte, beim Durchrechnen stellte ich fest, dass ich noch nicht einmal ansatzweise auf diese Provision gekommen wäre. Ich habe ihm eine Alternative herausgesucht, er aber hat den von seinem Berater vermittelten Vertrag abgeschlossen. Von Fußballern als Kunden hatte ich erstmal die Nase voll.“
Sieben Jahre später meldet sich dieser Fußballkumpel wieder und bittet ihn, sich seinen Vertrag einmal anzuschauen, da stimme etwas nicht. „Es war wie im Film. Der damalige Berater saß im Gefängnis, der Vertrag war bei einem ausländischen Versicherer abgeschlossen worden. Ich ließ mir eine Kopie des Vertragswerks zuschicken. In dem Dokument, das mein Kumpel niemals zu Gesicht bekommen hatte, mussten die Kosten händisch eingetragen werden, was der Berater mit der Summe von 24.000 Euro auch getan hatte. Davon hatte er 9.000 Euro an den Kumpel weitergegeben und den Rest in die eigene Tasche gesteckt.“
Bezug zum Fußball und Bilanz einer Karriere
Olschewski hilft, den Vertrag aufzulösen; über Tim Jerat, der damals bei Arminia Bielefeld spielt, kommen weitere Kontakte zu anderen Spielern zustande, und so hat sich dieser Teil des Kundenstammes mit der Zeit immer mehr vergrößert. Einer der Kunden aus dem Fußballbereich ist Sebastian Zinke gewesen, einst unter anderem. beim 1. FC Köln, Rot-Weiß Essen und Fortuna Köln aktiv, den er 2014 als Mitarbeiter gewinnen kann. „Mittlerweile arbeiten sechs ehemalige Profis hier“, sagt der heutige Manager. „Wir haben ein spezielles Trainee-Programm für Fußballer entwickelt, in dem sie schon während ihrer aktiven Zeit ausgebildet werden und fachbezogene IHK-Abschlüsse erreichen können.“
Ich frage ihn, ob er noch FC-Fan ist. Er überlegt einige Momente lang, dann sagt er: „Ich freue mich, wenn der FC siegt und erfolgreich ist. Meine Eltern und mein Bruder haben Dauerkarten und verfolgen jedes Heimspiel von der Südtribüne aus. Emotional ist mir aber Fortuna Köln deutlich näher, ich erinnere mich, dass ich in München beim entscheidenden Spiel zum Aufstieg in die 3. Liga vor Freude Rotz und Wasser geheult habe.“ Er dreht sein Wasserglas in der Hand. „Darüber hinaus verfolge ich die Spiele jener Vereine intensiv, für die meine Fußballerkunden auflaufen.“
“Der Fußball hat mir viel gegeben”
Wie sieht die Bilanz seiner Zeit als Fußballer aus? „Der Fußball hat mir sehr viel gegeben“, sagt Olschewski. „Ich habe tolle Menschen getroffen und gelernt, dass man mit dem nötigen Ehrgeiz, mit Arbeit und Einsatz sehr viel erreichen kann. Ich war gewiss nicht der talentierteste Torwart, kann mir jedoch nicht vorwerfen, dass ich nicht alles gegeben hätte.“
Er hält einen Augenblick inne. „Der Fußball hat mir auch geholfen, meine Angst zu überwinden. Als Jugendlicher war ich in den ersten Jahren vor jedem Spiel hypernervös. Heute halte ich Vorträge vor Hunderten von Leuten, bin vorher natürlich angespannt, kann aber damit umgehen, und das habe ich dem Fußball zu verdanken.“
Im Fußball ist es Thomas Olschewski nicht vergönnt gewesen, sein großes Ziel zu erreichen und den Sprung in die Bundesliga zu schaffen. Auf dem steilen Pfad zum beruflichen Olymp hat er jedoch bereits eine beachtliche Strecke zurückgelegt – und das mit gerade einmal 38 Lebensjahren. Der Fußballblog Rheinfußball bezeichnete ihn vor Jahren schon in einer Artikelüberschrift als „Gipfelstürmer“. Only the sky’s the limit – man darf gespannt sein, wohin Thomas Olschewskis Weg noch führen wird.