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Kolumnen

Jeff-Jas-Kolumne: Schwaad dich nit mööd!

Der 1. FC Köln verscherzt es sich gerade durch ständige Kommentare zu vermeintlichen Neuzugängen, während ein PSG-Spieler das Herz unseres Kolumnisten erobert. Die neue Jeff-Jas-Kolumne.

1.FC Köln, Die Profis werden auf Corona getestet, Horst Heldt 1.FC Köln, 05.08.2020, *** Sport 1 FC Köln, The professionals are tested on Corona, Horst Heldt 1 FC Köln , 05 08 2020,
Foto: imago images / Herbert Bucco

Leev Lück,

ich habe einen neuen Lieblingsspieler gefunden. Einen, der ausnahmsweise nicht für den 1. FC Köln spielt oder aber Lukas Podolski heißt. Jemanden, der mir zwar auf dem Fußballplatz durch seine Qualitäten imponiert, aber vielmehr durch seine Aussagen einen Platz in meinem Herzen gefunden hat. Sein Name ist Ander Herrera – und er spielt für den unterlegenen Champions-League-Finalisten Paris St. Germain. Nicht, dass ich größere Sympathien für den von Katar gepimpten Retortenclub PSG hegen würde. Nein, es war ein Interview nach der Finalniederlage, das den Basken zu meinem Favoriten werden ließ. „Fußball ohne Fans ist scheiße“, verkündete Herrera im Interview offenherzig und betonte in ungeschliffenem Englisch, wie wichtig die eigenen Anhänger doch für den Sport seien.

Es war ein Gegenstück zu diesem Hochglanzprodukt in Lissabon, das auch im Nachgang einmal mehr bewies, wie wenig Wert die Verantwortlichen der großen Fußballshow doch auf diejenigen legen, die ihr Herz an dieses Spiel unrettbar verloren haben. Ich habe es mir nicht anschauen können, dieses Duell zweier Superclubs, die ihre Seele mehr (PSG) oder etwas weniger (Bayern) an die katarischen Machthaber verkauft haben. Es ist nicht mehr meine Welt, dieser glattgebügelte Wettbewerb, diese „Höher, schneller, weiter“-Orgie zwischen den immer gleichen Vereinen, die immer nur noch mehr Geld an sich raffen wollen. Die Ungleichheit im System – sie hat ihren Ursprung in der Champions League. Aber solange die Einschaltquoten stimmen, das mediale Feedback so kritiklos ist wie nach dem Endspiel am Sonntag: Warum sollte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge diese Idee mit dem Finalturnier nicht für ein Spektakel sondergleichen halten?

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Mir fehlt die Sommervorbereitung mit den FC-Profis

Dann lieber ohne Spektakel, aber wesentlich menschenfreundlicher auf den Amateurplätzen der Region unterwegs sein. Die Sommervorbereitung war für mich Fußballverrückten eigentlich immer schon die schönste Zeit des Jahres: Bei bestem Wetter ist fast an jedem Tag in der Stadt und im Umland irgendein interessantes Testspiel geboten. Gut, dass sich das trotz Corona und dank der unermüdlichen Arbeit vieler ehrenamtlichen Helfer in den kleinen Clubs auch diesmal so darstellt. Im Rheinland jedenfalls ist das Testspielprogramm wieder auf Hochtouren angelaufen – und ich freue mich über Besuche auf Ascheplätzen wie im Schatten des Kölnbergs in Meschenich, Duelle zwischen (nicht mehr ganz so) Groß und (eigentlich gar nicht so) Klein wie bei Frechen 20 gegen Fortuna Köln oder aber einen Abstecher zum FC-Nachwuchs, der immer wieder auf interessanten Grounds an der Form feilt. Hier und da trifft man sogar das eine oder andere bekannte Gesicht, schöne Schwaaderei inklusive.

Foto: effzeh.com

Das ist auch tatsächlich der Hauptgrund, weshalb mir die Sommervorbereitung rund um die FC-Profis fehlt. In teilweise echt familiärer Atmosphäre ergab sich bei Trainingslagern und Testspielen die Chance, eine Reihe bekannter Gesichter wiederzusehen oder aber neue Bekanntschaften zu schließen. Weit weg vom Bundesliga-Alltag mit all den Hochglanz-Arenen, dafür mehr bodenständige Begegnungen – am Bierstand, am Spielfeldrand oder auf dem Anreiseweg. Der sportliche Wert der Testspiele wird in meinen Augen sowieso überschätzt. Die eine oder andere Erkenntnis kann der geneigte Fan daraus ziehen, aber wer erinnert sich nicht an das 9:1 gegen den russischen Meister ZSKA Moskau im Winter-Trainingslager. Was dann folgte, war ein erneuter Abstieg.

Der direkte Draht zur Bild-Zeitung nervt nicht nur mich

Das zu verhindern, dürfte in der anstehenden Saison auch das einzige Ziel für den glorreichen 1. FC Köln sein. Wenn ich auf die Mannschaft blicke, ist meine Zuversicht allerdings gering. Dass die Verantwortlichen mittlerweile dazu übergegangen sind, die Kaderplanung offensichtlich in aller Öffentlichkeit ausknobeln zu wollen, macht mich dagegen eher wütend. Schon bei Mark Uth haben Horst Heldt und Markus Gisdol immer wieder über die Medien entsprechende Avancen gemacht, die auf Schalke gar nicht gut angekommen sind. Dasselbe Spielchen vollzieht sich nun bei Streli Mamba und dem SC Paderborn. Ich verstehe nicht, wieso alles immer und immer wieder vonseiten des FC kommentiert werden muss. Man möchte unserem Sportchef zurufen: Schwaad dich nit mööd, Horst!

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Denn: So ein Verhalten bleibt in meinen Augen in der Fußballbranche nicht ohne Konsequenzen. Und ich will ehrlich sein: Wären es FC-Spieler, die am Geißbockheim noch langfristig unter Vertrag stünden und von der Konkurrenz so angeflirtet würden, ich wäre auf 180. Und damit dürfte ich nicht allein sein, denn so ziemlich jedem Fan, mit dem ich in der letzten Zeit über das Thema gesprochen hat, geht dieser direkte Draht zu den Medien, aber insbesondere zur Bild-Zeitung mächtig auf die Nerven. Denn dass dieser öffentliche Poker am Ende des Tages positive Auswirkungen haben wird, daran glaube ich ehrlich gesagt nicht mehr. Schließlich sind wir immer noch der 1. FC Köln. Also: Nit schwade – lade!

Fußball ohne Fans ist und bleibt scheiße!

Vielleicht macht dann die Beschäftigung mit diesem Verein doch wieder etwas mehr Spaß. Nach der unsäglichen Dauerkarten-Geschichte, der nervtötenden Diskussion um Stephan „Hol noch ens e ne Kranz“ Engels und der allgemeinen Aussicht auf eine Saison ohne gefülltes Stadion ist mir die Laune etwas verhagelt. Sommerloch scheint es beim 1. FC Köln jedenfalls nicht zu geben, wenn ich mir die die rege Beteiligung in meiner FC-WhatsApp-Gruppe anschaue, wo sich die Köpfe heiß debattiert wurde. Zuletzt ging es um die einjährige Pause, die einige Dauerkartenbesitzer wie ich einlegen wollen. Für manche sind wir nun keine echte Fans – warum auch immer. Ich bin lieber solidarisch und hoffe, dass ich bald wieder mit meinen Leuten beim FC mitfiebern, mitleiden und mitbrüllen kann. Bis dahin halte ich es mit Ander Herrera: Fußball ohne Fans ist scheiße!

Euer Jeff Jas

In unregelmäßigen Abständen schreibt Jeff Jas an dieser Stelle über die groben Fouls und versteckten Nickligkeiten im Fußball, die Diskussionen auf dem Platz, an der Seitenlinie, in der Kabine, auf der Tribüne und an der Theke. Er fühlt sich überall zuhause, wo der Ball rollt: Vom Aschenplatz auf der Schäl Sick über das Müngersdorfer Stadion im Kölner Westen bis zu den Hochglanzarenen dieser Welt.

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