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Kolumnen

Der effzeh.com-Possbüggel: Wie soll ein Mensch das ertragen?

Rund um den 1. FC Köln gibt es viel Diskussionsstoff – auch bei unseren Lesern, die um unsere Einschätzung bitten können. Ihr fragt, wir antworten: Der effzeh.com-Possbüggel!

COLOGNE, GERMANY - DECEMBER 10: General view inside the stadium prior to the Bundesliga match between 1. FC Köln and 1. FSV Mainz 05 at RheinEnergieStadion on December 10, 2023 in Cologne, Germany. (Photo by Leon Kuegeler/Getty Images)

Zehn Spieltage sind es noch, bis auch die Saison 2023/24 abgepfiffen wird. Zehn Spiele, die für den 1. FC Köln so entscheidend werden, wie es lange keine zehn Spiele mehr waren. Ein Abstieg vor dem Hintergrund der Transfersperre könnte den Verein zweifelsohne mittelfristig in die Niederungen der zweiten Liga führen. Denn ein direkter Wiederaufstieg jedenfalls wäre mit diesem Kader, aus dem sich der ein oder andere Spieler zusätzlich verabschieden dürfte, alles andere als ein Selbstläufer, vorsichtig ausgedrückt. Und hat man sich in der zweiten Liga erst einmal eingerichtet, ist ein Wiederaufstieg von Jahr zu Jahr schwieriger. In Hamburg, Nürnberg und Hannover weiß man ein Lied davon zu singen. Davon auszugehen, dass alleine die Strahlkraft des Vereins und der Stadt die Geißböcke zwangsläufig wieder nach oben führen wird, wie bei dem ein oder anderen Aufstieg in den letzten 25 Jahren, das wäre jedenfalls vermessen optimistisch. Nein, für die Kölner geht es in diesem Frühjahr um extrem viel, das mittelfristige Schicksal des Vereins dürfte sich nicht zuletzt dadurch entscheiden, ob man in diesem Frühjahr die Klasse hält oder eben nicht.

Es ist also höchste Zeit, euch und eure Fragen vor dem Derby in Gladbach noch einmal zu Wort kommen zu lassen. Falls ihr für den nächsten Possbüggel auch eine Frage habt, dann folgt uns auf den Social-Media-Kanälen Facebook, Instagram oder X (ehemals Twitter) und haltet die Augen offen. In diesem Sinne, los geht’s!

Foto von Leon Kuegeler/Getty Images

Halt uns ens aff – die Zahl des Monats

Zunächst jedoch mit der Zahl des Monats. Ermutigend ist diese jedoch nicht, was in dieser Saison allerdings auch kein Wunder ist, besonders wenn man in die Offensive schaut: Es ist die Zahl 16. So viele Tore hat der 1. FC Köln nämlich in den ersten 24 Spielen dieser Saison erst geschossen. Ligatiefstwert, natürlich. Aber auch in der jüngeren Vergangenheit muss man einige Jahre zurückschauen, um vergleichbare harmlose Offensiven zu finden und findet in diesem Jahrtausend allgemein nur wenige:

Zuletzt war es in der Saison 2020 / 21 der FC Schalke 04, welcher zum gleichen Zeitpunkt ebenso auf 16 Tore kam. Daraus entstanden übrigens gerade einmal 10 Punkte. Am Ende stand natürlich der Abstieg. Geht man noch weiter zurück, stößt man auf den Hamburger Sportverein, der in der Saison 2014/15 ebenso auf 16 Tore kam. Am Ende stand der wortwörtliche Last-Minute-Klassenerhalt über die Relegation gegen den Karlsruher SC. Ansonsten gibt die Statistik die Saison von Greuther Fürth 12/13 (14 Tore; Abstieg) und Kaiserslautern 2011/12 (16 Tore; Abstieg) her. Und dann gab es in diesem  Jahrtausend, wie könnte es anders sein, auch noch den glorreichen 1. FC Köln selbst, der in der Saison 2001/02 auf sage und schreibe 11 Tore nach 24 Spieltagen kam. Am Ende der Saison standen zwar immerhin 26 Tore auf dem Konto, aber auch der Abstieg. Es war die Saison, in welcher der Sturm aus, Achtung FSK 18, Christian Timm, Lilian Laslandes, Marco Reich, Georgi Donkov und Archil Arveladze bestand und die Geißböcke zwischendurch 1034 tor- und gottlose Minuten lang nicht das Tor trafen, bevor Thomas Cichon gegen Hertha BSC dem Schrecken ein Ende bereitete. Will der 1. FC Köln 2023/24 am Ende mehr Tore als dieses vielleicht schlechteste Team der Vereinsgeschichte geschossen haben, müssen noch 11 Tore in den letzten 10 Spielen her. Am Wochenende in Mönchengladbach wäre ein guter Zeitpunkt, schon mal die ersten –  sagen wir – fünf Tore zu schießen.

Ens em Vertraue – die Fragerunde

Diverse Fragesteller auf unterschiedlichen Plattformen:

Wann wird Christian Keller entlassen? Wo ist der Vorstand? Lebt der Vorstand noch?

Der in der Fragestellung enthaltene Vorwurf der Unsichtbarkeit in Richtung des Präsidiums ist nicht neu. Darauf angesprochen antwortete Präsident Werner Wolf einst im Interview mit dem Express: „Ein Kapitän in schwerer See steht auf der Brücke und arbeitet konzentriert. Er steht nicht an der Reling und gibt Interviews.“ Das war im Herbst 2020, als Horst Heldt und Markus Gisdol den Verein führten und man ebenfalls in Abstiegsnöten steckte. Vermutlich würde Wolf heute ähnliches antworten. Und es verrät, dass er seinen Arbeitsauftrag nicht darin versteht, nach außen hin den großen Zampano zu spielen, sondern dass er lieber intern Prozesse anstößt und den Laden zusammenhält.

In Krisen jedoch braucht es auch eine Person, an der sich die Leute aufrichten, die vorangeht und Hoffnung sowie Optimismus ausstrahlt. Jemand, der die Leute hinter sich versammelt. All das ist Wolf nicht, das kann Wolf vielleicht auch nicht. Das ist ein klarer Mangel, vor allem wenn die seltene Kommunikation nach außen dann so katastrophal schief läuft wie auf der Mitgliederversammlung im Herbst oder der Pressekonferenz nach der Entlassung von Steffen Baumgart und der Bestätigung der Transfersperre kurz vor Weihnachten.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Verein in einer Art Dauerkrise befindet. Von angestoßenen Prozessen ist auch vier Jahre nach Amtsantritt relativ wenig zu sehen. Und abgesehen von den zwei sportlich guten Saisons unter Steffen Baumgart befindet sich der Verein in quasi der gesamten Amtszeit Wolf im Dauerkrisenmodus, aus der er nicht herauszufinden scheint. Der unsichtbare Vorstand wird deswegen zwangsläufig zum schwachen Vorstand ohne eine klar erkennbare Agenda, welche den Verein nicht nach vorne bringen sollte.

Photo by Leon Kuegeler/Getty Images

Im Herbst 2025 sind Vorstandswahlen, auf der Habenseite steht bislang unter’m Strich nicht besonders viel, was für eine Wiederwahl spricht. Sollte der Verein zu diesem Zeitpunkt in der Zweitklassigkeit stecken und ein neues Präsidium übernehmen, wäre die Ära Wolf ohne Frage eine der schwächsten der Vereinsgeschichte. Auch ein Rücktritt im Sommer nach einem eventuellen Abstieg wäre verständlich, würde es doch zwangsläufig ein Scheitern bedeuten. Dem „Gute Fundament“, welches man vor Weihnachten noch gesehen haben wollte und mit dem Wolf seine Arbeit verteidigte, wäre jedenfalls endgültig der Boden entrissen.

Planen Wolf und Co. keinen Rücktritt im Sommer, so ist auch eine Entlassung von Christian Keller, den der Präsident nach seiner Verpflichtung als „10 von 10“ beschrieb, nicht besonders wahrscheinlich. Denn er fungiert nicht zuletzt als Blitzableiter für den Vorstand. Würde man ihn entlassen, stünde dem Präsidium der Wind der Öffentlichkeit ganz frontal im Gesicht. Auch hält Wolf viel von der Arbeit Kellers.

Ein Rücktritt Kellers andererseits ist allerdings alles andere als ausgeschlossen. Sich nach einem Abstieg wieder hinzustellen und die erneute Katastrophe zu einem erneuten „Tag eins beim FC“ umzudichten und dabei nicht vor Schamesröte zusammenzubrechen, wäre jedenfalls ein schwieriges Unterfangen. Irgendwann muss irgendwer Verantwortung für die sich abzeichnende desaströse Saison übernehmen. Und der Arbeitsnachweis ist in Kellers Kernbereich, der Kaderzusammenstellung, weit davon entfernt, eine 10 von 10 zu sein. Das muss man so deutlich wie nüchtern festhalten. Und vielleicht sieht Keller sich als gescheitert, wenn “sein” Kader unter “seinem” Trainer nicht den Klassenerhalt packt.

DanielLooking via Twitter:

Wann werden die Verantwortlichen beim FC sich mal deutlich äußern zu wiederholten Versäumnissen der Schiedsrichter gegen unser Team? Kein Strafstoß für Foul an Adamyan, kein Strafstoß für Foul Zetterer an Kilian usw. In Zeiten von VAR ist das einfach zu ärgerlich und teuer.

Eine an sich berechtigte Frage, hatte der 1. FC Köln zuletzt eher kein Glück bei Elfmetern. Allerdings ist es das Quäntchen Glück, dass die Geißböcke vermutlich brauchen werden, wollen sie die Klasse halten. Und die Fouls an Adamyan im Spiel gegen Leverkusen respektive Kilian im Spiel gegen Bremen hätten Elfmeter nach sich ziehen müssen und es ist schwer zu verstehen, warum trotz Videoassistenz nicht auf den Punkt gezeigt wurde. Zumindest im Spiel gegen Leverkusen gehört allerdings auch zur Wahrheit, dass der schwache und gerade zu Beginn überfordert wirkende Schiedsrichter Tobias Stieler Eric Martel für sein Foul an Florian Wirtz nach einer halben Stunde die zweite rote Karte hätte geben können.

Grundsätzlich und nüchtern betrachtet hilft nachträgliche Kritik an Schiedsrichtern in der Sache eigentlich nie weiter. Entscheidungen werden auf dem Feld getroffen, ein Elfmeter wird nicht zurückgenommen, wenn man sich nach dem Spiel nur laut genug darüber aufregt. Natürlich ist es menschlich, sich über Ungerechtigkeiten zu beschweren und es kann im nächsten Spiel sogar eventuell Schiedsrichter unter Druck setzen, nicht die nächste Fehlentscheidung zu treffen. Der größere Effekt von lautstarker Schiedsrichterkritik ist meist jedoch nur, den eigenen Spielern ein Alibi zu geben und den Fokus von einer schlechten Leistung abzulenken. Gegen Bremen hat der 1. FC Köln ein schwaches Heimspiel hingelegt, gegen Leverkusen hat man sich nach 15 Minuten durch ein dummes Foul selbst dezimiert. Wer im Abstiegskampf bestehen möchte, muss klug und mit Verstand spielen und vor allem konstant seine Leistung abrufen. Das war in den letzten Heimspielen nicht gegeben, und darauf hat Timo Schultz seinen Fokus nach den Spielen gelegt. Denn das kann er letztlich kontrollieren, den kommenden Pfiff des Schiedsrichter kann er nur ganz schwer beeinflußen. Natürlich wünscht man sich als Fan, dass ein Verantwortlicher Fehlentscheidungen lautstark anprangert und eine Lobby nutzt oder erzeugt, wie es in der Vergangenheit ein Uli Hoeneß vorgemacht hat. Es ist aber nicht immer klug, Energie auf das Hadern mit der Vergangenheit zu verschwenden. Einfluss nehmen kann man nur auf die Zukunft.

Photo by Jörg Halisch/Getty Images

colin99_ via Instagram:

Gibt es, außer den schon bekannten Namen, noch andere Jugendspieler, welche man im Auge halten sollte?

Die bekanntesten Namen sind mit Sicherheit Max Finkgräfe und Justin Diehl. Beide haben in dieser Saison den Sprung von der Jugend zu den Profis geschafft und bekommen regelmäßige Einsatzzeiten. Dahinter ist der Zwanzigjährige Meiko Wäschenbach derzeit am Nähesten an der ersten Mannschaft dran und könnte sich im Derby dank der Sperre von Ljubicic zum ersten Mal eine Kadernominierung verdienen: „Meiko Wäschenbach präsentiert sich gut im Training. Schritt für Schritt muss er nun gehen. Er ist auf einem guten Weg, hat aber noch Strecke vor sich“, so Trainer Schultz auf der Pressekonferenz vor dem Derby. Dahinter sollte man ehrlicherweise in dieser Saison mit keinen weiteren großen Durchbrüchen von Spielern rechnen. Die Stürmer Damion Downs und natürlich Jaka Cuber Potocnik werden irgendwann in diesem Jahr ihre Chance bekommen, alleine aufgrund des schwachen Sturms und der Transfersperre. Aber in der Regionalliga bei der U21 reißt Downs bis dato keine Bäume aus, Potocnik saß den Rest seiner Sperre nach dem Transfer ab und akklimatisiert sich noch bei der U21. Merken kann man sich für die langfristige Zukunft noch die beiden U-17 Europameister Fayssal Harchaoui (zentrales Mittelfeld) sowie Justin von der Hitz (Rechtsverteidiger), aber beide brauchen noch Zeit und die Gewissheit, dass es als erfolgreicher U-Nationalspieler auch für die Bundesliga reicht, die gibt es sowieso nicht.

andre_otto67 auf Instagram:

Kann man nicht mal mehr Rockmusik im Stadion spielen? Nicht immer nur Karneval!

Davon würde ich (leider) erstmal nicht ausgehen. Auch wenn es durchaus verständlich ist, dass man die Karnevalsmusik gerade im Frühling und Sommer unpassend findet und auch mal andere Musikrichtungen im Stadion bevorzugen würde, hat sich der 1. FC Köln den Karneval zu 100% auf die Fahnen geschrieben und sieht die Musik als Teil seines Images, dank der er in der Stadt aufgeht. So will man etwas Besonderes sein, herausstechen aus den anderen Bundesligastandorten und seine regionale Verwurzelung explizit betonen. Und da dies in den letzten Jahren sehr gut funktioniert hat, würde ich nicht davon ausgehen, dass sich das so schnell ändern wird. So schade man das finden kann.

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