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Interviews

Rechtslage bei DFB-Strafen: “Die Vereine gehen kaum dagegen vor”

Wir haben mit Sportrechtler Dr. Paul Lambertz über die aktuellen DFB-Strafen, die grundsätzliche Situation zwischen Fans, Vereinen und Verband und mögliche Wege, den Status Quo zu verändern, gesprochen.

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Könnten Vereine nicht sogar noch einen Schritt weiter gehen und ähnlich wie die Fans in Frankfurt kurzfristig mit einstweiligen Verfügungen gegen DFB-Strafen vorgehen, um so den Vorgang vor ein ordentliches Gericht zu bringen? Schließlich wird man hier ohne eigenes Verschulden wirtschaftlich geschädigt.

Lambertz: Grundsätzlich wäre ein solcher Schritt möglich. Allerdings zeigt die Vergangenheit, dass die Vereine den Weg vor die ordentlichen Gerichte nicht beschreiten. Selbst wenn die Vereine jedoch vor die ordentlichen Gerichte gehen würden, wäre ein Erfolg wohl sehr unwahrscheinlich, denn der Bundesgerichtshof hat in seiner Böllerwurf-Entscheidung vor kurzem noch die verschuldensunabhängige Haftung der Vereine als rechtmäßig angesehen. Dass ein unterinstanzliches Gericht sich und dann auch noch in einem einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof stellt, halte ich für fast ausgeschlossen.

Denken wir den Gedanken mal zu Ende: Könnte ein ordentliches Gericht entscheiden, dass der DFB seine Rechts – und Verfahrensordnung überarbeiten muss, oder die Anwendung ebendieser sogar untersagen?

Lambertz: So direkt, also im Sinne einer expliziten gerichtlichen Entscheidung, ist das nicht möglich. Was aber grundsätzlich denkbar wäre, ist, dass ein ordentliches Gericht feststellt, dass bestimmte Regelungen rechtswidrig sind. Es wäre dann im Interesse des Verbandes, diese Regelungen zu ändern. Allerdings schätze ich eine solche gerichtliche Entscheidung als eher unwahrscheinlich ein, denn ich gehe davon aus, dass die Gerichte aufgrund des Schutzes von Artikel 9 des Grundgesetzes dem Verband einen großen Spielraum in der Gestaltung seiner Regeln gewähren. Mit anderen Worten, in einer Verbandsordnung müssten schon krass unwirksame Regelungen enthalten sein, die mit unserer Rechtsordnung nicht in Einklang zu bringen sind, bevor ein Gericht die Rechtswidrigkeit feststellt. Solche unwirksamen Regelungen kann ich in der Rechts- und Verfahrensordnung nicht erkennen.

Kostet das bald richtig Geld? | Foto: Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images

Bei einem Alleingang wäre die Konsequenz für den Verein wohl klar: Der Ausschluss aus dem Verband würde drohen. Zwar könnte auch dagegen erneut geklagt werden, der Spielbetrieb liefe aber vermutlich vorerst ohne den Verein weiter. Aus Vereinssicht wäre dieses Vorgehen also selbstmörderisch, welche Optionen bleiben den Clubs, um auf “legalem Weg” eine Reform beim DFB zu erwirken?

Lambertz: Der DFB ist ein Verein, die Mitgliederversammlung ist das oberste Organ des Vereins. Ist man als Vereinsmitglied unzufrieden mit bestimmten Vereinsregeln, sollte man sich auf die Suche nach Unterstützern machen und versuchen, im Rahmen einer Mitgliederversammlung diese Vereinsregeln zu ändern. Bei den Vereinen, von denen wir die ganze Zeit sprechen, stellt sich aber die Besonderheit, dass diese nicht Mitglieder des DFB sind. Mitglieder des DFB sind zum Beispiel die Fußballlandesverbände oder der Ligaverband. Der unzufriedene Verein müsste sich also die Hilfe bzw. die Unterstützung der Mitglieder des DFB suchen, um auf diesem Umweg eine Regeländerung herbeizuführen.

Zuletzt hat der Verband die Regeln zu Ungunsten der Vereine schärfer ausgelegt. Lohnt es sich vor diesem Hintergrund überhaupt, Energie in „sanftes Vorgehen“ zu stecken, oder ist das “Strafmanagement” – das Anerkennen von Strafen, um noch heftigere Strafen zu verhindern, dass die Vereine derzeit betreiben – der einzige Weg mit der Situation umzugehen?

Lambertz: Ich kann natürlich nicht für die Vereine sprechen, aber meine Außenbetrachtung lässt für mich die Vermutung zu, dass die Vereine weitaus weniger Probleme und Einwände gegen die Strafen haben, als manch Außenstehender. Aus der Tatsache, dass die Vereine kaum gegen die Strafen vorgehen, ziehe ich den Schluss, dass diese entweder keine Notwendigkeit oder aber keine Erfolgsaussichten sehen, sich erfolgreich gegen die Strafen zu wehren.

Zum Schluss noch ein revolutionärer Gedanke: Nehmen wir mal an, dass ein Zusammenschluss aus mehreren großen Traditionsvereinen (ähnlich wie in Finanzfragen mit dem „Team Marktwert“ geschehen) gemeinsam eine grundlegende Reform einfordern und ggf. damit drohen würde, DFB-Strafen nicht mehr anzuerkennen. Hätte der DFB dann nicht nur noch die Wahl, entweder dem Anliegen der Clubs nach zu geben, oder den Zusammenbruch der Bundesliga zu riskieren?

Lambertz: Eine interessante Frage, die schwer zu beantworten ist. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass DFB oder die Vereine ernsthaft den Zusammenbruch der Bundesliga riskieren würden. Ich denke daher, dass man sich in einem solchen Fall auf einen für beide Seiten sinnvollen Kompromiss einigen würde. Keinem der Beiden vorgenannten dürfte an einer Eskalation gelegen sein.

Das Interview führten David Schmitz und Thomas Reinscheid

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Paul Lambertz

Dr. Paul Lambertz | Foto: Privat

Dr. Paul Lambertz ist Anwalt der Kanzlei Beiten Burkhardt. Neben den eher typischen Bereichen Handels- und Gesellschaftsrecht und Prozessführung hat er sich auf den Bereich des Sportrechts spezialisiert. Neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt ist er auch noch Schiedsrichter am Deutschen Sportschiedsgericht. Er wohnt zwar in Düsseldorf, doch sein Herz schlägt für den Effzeh. [/tab] [/tabs]

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