Zwar ist es für eine erste umfassende Bilanz der Saison des 1. FC Köln noch etwas zu früh, dennoch lassen sich die ersten sechs Spiele durchaus gut an. Vor dem Auswärtsspiel gegen den Branchenprimus aus München thront der effzeh sogar auf Platz drei. Dieser Artikel analysiert die ersten Wochen der neuen Saison.
Dass der effzeh in dieser Saison bis über Weihnachten hinaus tatsächlich auf einem CL-Rang bleiben wird, dürfte angesichts des Saisonstarts zwar nicht völlig aus der Luft gegriffen, insgesamt jedoch etwas zu euphorisch sein. Nach sechs Spielen in Pokal und Liga hat der effzeh ein Torverhältnis von 16:2 herausgeschossen. Was ansonsten eher nach dem BVB oder dem FCB klingt, ist allerdings momentan tatsächlich Kölsche Realität. Der Weg der finanziellen Konsolidierung, der durch die erfolgreiche Bestätigung des Präsidiums anlässlich der Mitgliederversammlung am Montag belohnt wurde, wird von einer kontinuierlichen Entwicklung des effzeh auf dem Feld begleitet. Abzuwarten wird sein, wie sich diese im finalen Tabellenstand am Ende der Saison äußert.
Nach zwei Jahren Erstligafußball unter Peter Stöger hat sich dessen Mannschaft von einer defensivorientierten, Risiko vermeidenden Kontermannschaft zu einer ausgewogenen, in allen Bereichen des Spiels soliden Mittelklassemannschaft gemausert. Dabei sollte man sich von dem Torverhältnis, das wohl bereits am Wochenende und spätestens in den nächsten Wochen weniger brillant aussehen wird, nicht blenden lassen. Dem effzeh ist es gelungen, gewisse Aspekte des eigenen Spiels durch zielgerichtete Arbeit positiv zu beeinflussen. Hinzu kommt, dass äußere Faktoren dem effzeh momentan auch wohlgesonnen zu sein scheinen.
Solide Grundordnung mit einigen Alleinstellungsmerkmalen
Damit wir uns nicht falsch verstehen, der aktuelle Höhenflug des effzeh ist kein Zufall. Allerdings muss man relativieren: Peter Stöger und seine Jungs liefern Woche für Woche grundsolide Arbeit ab, die zwar nicht immer spektakulär, aber zumindest erfolgreich ist. Taktische Innovationen fehlen dabei, allerdings bricht das System in sich nicht zusammen. Das in allen Phasen und Aspekten des Spiels ausgewogene 4-4-2-System mit vergleichsweise tiefem Mittelfeldpressing scheint von allen Akteuren bis ins Mark verinnerlicht worden zu sein, sodass auch Ausfälle von Leistungsträgern aufgefangen werden können. Die sommerliche Diskussion um eine Dreierkette ist schneller verstummt als erwartet, das in der letzten Saison bereits mit überschaubarem Erfolg angewendete Mittel fand sich bislang nur im Spiel gegen Freiburg zur Sicherung des eigenen Vorsprungs. Timo Horn, über dessen Qualitäten nicht gesprochen werden muss, ordnet vor sich eine Viererkette, die sich aus solide arbeitenden Spielern zusammensetzt, die kaum Fehler machen. Ein Vorteil dabei ist natürlich, dass viele Spieler sich bereits aus Zeiten in der zweiten Liga kennen und daher vorausahnen können, wie sich ein Mitspieler in einer gewissen Situation verhält. Mit Frederik Sörensen wurde die Defensive in der vergangenen Saison um einen weiteren polyvanten Spieler ergänzt, der wohl von allen die beste taktische Ausbildung genosssen hat.
Seine Lehrjahre in Italien zusammen mit seiner überragenden Physis und einer durchaus ansprechbaren Passqualität machen ihn zu einem überdurchschnittlich guten Rechtsverteidiger der Bundesliga. Zwar ist er kein Dani Alves, der fortwährend auf der gegnerischen Grundlinie steht – der Däne sorgt jedoch dafür, den Linksfokus des effzeh im Angriffsspiel auszutarieren und Marcel Risse in der Defensivarbeit zu entlasten. Weiterhin bringt der effzeh ideales Spielermaterial für ein Mittelfeldpressing mit. Das Duo Lehmann-Höger dürfte auf der Doppelsechs nicht zu den stärksten in der Liga gehören, allerdings sind beide in Punkte Zweikampf-, Lauf- und Passstärke überdurchschnittlich gut. Gegen Red Bull Leipzig zeigte sich, dass auch Jonas Hector nach wie vor ein mehr als passabler Kandidat für diese Position ist. Zweikampfhärte und Robustheit gehen dem Nationalspieler zwar etwas ab, allerdings sind Positionsfindung und Pressingresistenz von internationaler Klasse.
Im Offensivspiel ist zu erkennen, dass der langfristige Trend der stetigen Verbesserung in eigenem Ballbesitz noch immer andauert. Dem Trainerteam ist nach wie vor nicht viel daran gelegen, eine Ballbesitz-Doktrin auszugeben, der alles unterzuordnen ist. Vielmehr haben sich die Transitionen im Offensivspiel verbessert, der effzeh befreit sich mittlerweile besser aus Pressingsituationen, ohne dabei auf das Mittel des langen Balls zu verzichten. Aus der Viererkette wird dieser meist von Dominique Heintz auf Yuya Osako geschlagen, einem wichtigen Baustein im System des effze. Der Japaner beweist neben seiner wiedergefundenen Torgefahr auch, wie wichtig er als Anspielstation im letzten Drittel ist. Seine Fähigkeit, im linken Halbraum einen langen Ball unter Gegnerdruck anzunehmen und zu verarbeiten, sorgt dafür, dass mit Leonardo Bittencourt (oder zuletzt Simon Zoller) Spieler mit hohem Tempo hinterlaufen und auf die Grundlinie vorstoßen können. Mit Konstantin Rausch und Jonas Hector stehen ebenfalls zwei Linksverteidiger bereit, die durchaus etwas mit dem Ball anzufangen wissen, woraus ebenfalls der Linksfokus resultiert.
Bevorzugtes Mittel ist und bleibt allerdings der schnelle Gegenangriff, auf den der effzeh sein Offensivspiel stützt. Die schnelle Überbrückung von möglichst viel Raum mit möglichst wenig Spielern dürfte großer Bestandteil der Trainingswochen sein. Auffällig ist, dass es den Kölnern gelingt, mit vergleichsweise wenigen Spielern viel Gefahr heraufzubeschwören. Hier lässt sich Stögers Fokus auf eine solide Defensive immer noch sehr gut erkennen.
Wie lange hält der Hype an?
Klammert man das Spiel in München aus, stellt sich natürlich die Frage, wie sich die Form des effzeh weiter entwickelt. Neben der Festigung der spieltaktischen Abläufe ist glücklicherweise auch eine bessere Mentalität festzustellen, die es der Mannschaft ermöglicht, auch bei Rückschlägen normal weiterzuspielen und die Chance auf das nächste Tor zu suchen. Auch hier gelten Eingespieltheit und Charakterstärke als wesentliche Gründe für den bisher positiven Saisonverlauf. Das In-Game-Coaching von Peter Stöger sorgte insbesondere beim Freiburg-Spiel für die richtigen Anpassungen, um gegen einen an diesem Tag im Ballbesitz gar nicht so schlechten Gegner an den Stellschrauben zu drehen, um den in der ersten Halbzeit herausgeschossenen Vorsprung zu sichern und gleichzeitig Kräfte für die anstehende englische Woche zu sparen. Das Spiel gegen Freiburg war weiterhin ein Beispiel dafür, dass das Spielglück dem effzeh bisher durchaus wohlgesonnen war. Zwei Tore nach Standardsituationen und das Ausnutzen der Fehler des Gegners zur richtigen Zeit brachten an diesem Tag die Punkte. Auf Schalke ließ sich der effzeh nicht durch einen Rückstand verunsichern, sondern konnte gegen einen seinerseits verunsicherten Gegner relativ zeitnah ausgleichen. Die Geduld und vor allen Dingen die Effektivität vor dem gegnerischen Tor waren ebenfalls Faktoren, die den Saisonstart begleiteten.
In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob die Stabilität des effzeh weiterhin einen Punkteschnitt von knapp zwei pro Spiel bringt – dieser wird wohl nicht ewig anhalten. Allerdings ist aufgrund der Alleinstellungsmerkmale der Mannschaft tatsächlich davon auszugehen, dass die 40-Punkte-Marke in dieser Saison relativ frühzeitig erreicht werden dürfte.