Die Plattform “Football Leaks” hat zuletzt viele schmutzige Details aus der Fußballbranche offenbart – das gleichnamige Buch fesselt auf mehreren Ebenen.
Der SPIEGEL-Autor Rafael Buschmann hat in Zusammenarbeit mit mehr als 60 europäischen Journalisten an der größten Enthüllungsgeschichte in der Geschichte des Weltfußballs gearbeitet. Im Dezember letzten Jahres veröffentlichen sie ihre vorläufigen Rechercheergebnisse, die sie auf Grundlage von Daten der Plattform „Football Leaks“ erhalten haben. In seinem mitreißenden Buch, das den gleichen Titel trägt, schildert Buschmann mit seinem Kollegen Michael Wulzinger Details aus einer geldgierigen Branche, aber auch die journalistische Arbeit, die hinter der Reportage steckt.
“Football Leaks” offenbart: Bale teurer als Cristiano
94 Millionen Euro Ablöse kostete Cristiano Ronaldo seinen aktuellen Verein Real Madrid vor vielen Jahren. Mehr zahlten die Königlichen nie für einen Spieler. Auch Gareth Bale, der 2013 zu den Königlichen wechselt, kostet nicht so viel, obwohl Daniel Levy, Tottenhams Manager, als knallharter Verhandlungspartner gilt. 91 Millionen Euro. So viel Geld zahlte Real für den damals 24-jährigen Waliser. Ronaldo blieb also der teuerste Fußballer der Welt. Bis zum Sommer 2016, als Manchester United für Paul Pogba 105 Millionen Euro bezahlte. Im Dezember 2016 wurde jedoch auch bekannt: Bale war teurer als Ronaldo, die Ablöse belief sich auf 101 Millionen Euro. Wie kam die Öffentlichkeit nur auf 91 Millionen?
Der Grund dafür ist eine Klausel im Transfervertrag, die besagt, dass beide Vereine behaupten, die Ablöse sei niedriger gewesen als die Ronaldos. Die Enthüllungsplattform “Football Leaks” veröffentlichte den Vertrag und sorgte für gewaltiges Aufsehen in der Fußballbranche. Sollte der als empfindlich geltende Ronaldo nicht den Eindruck haben, da liefe jemand herum, der teurer war als er?
Foto: Alex Grimm/Getty Images
Irrational – in jeglicher Hinsicht
Es dürfte der größte Knall gewesen sein, für den Football-Leaks in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit sorgte. Dabei kann diese absurde Klausel nur als die Spitze des Wahnsinns gelten, der im Profifußball seit langem Einzug gehalten hat. Durch die chinesischen Ambitionen im Weltfußball stößt dieser nochmals in ganz andere finanzielle Dimensionen vor, als er ohnehin schon war. 35 Millionen für Anthony Modeste? 80 Millionen für Pierre-Emerick Aubameyang? 50 Millionen Gehalt für Ezequiel Lavezzi? China macht’s möglich. Nichts scheint mehr ausgeschlossen, die Summen sind längst nicht mehr rational erfassbar. Kürzlich holte Manchester United den Belgier Romelu Lukaku vom FC Everton – für den schlanken Preis von 88 Millionen Euro.
In ihrem Buch „Football Leaks“ nennen die Autoren Buschmann und Wulzinger jedoch nicht nur die Summen, wenngleich diese natürlich die meiste Aufmerksamkeit hervorrufen. Mithilfe der bis zum vorläufigen Abschluss der Reportage vorliegenden 1,8 Terabyte an Verträgen, Kontoauszügen und Abkommen beschreiben sie ein beispiellos verkommenes System, das sich längst von seinen Konsumenten abgekoppelt hat, obwohl es von ihnen abhängig ist. Trotzdem sorgen diese dafür, dass der Geldstrom niemals abreißt. Abgesehen vom Glücksspielgeschäft dürfte es keine Branche geben, in der Geld leichter verdient werden kann als im Profifußball. Es sind nicht nur Transferrechte an Spielern oder geldgierige Berater, um die es noch geht, sondern auch Warlords aus Afrika oder mafiöse Banden, die sich längst im Fußball eingekauft haben.
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