Im vollen Saal des „Brauhaus Stüsser“ bekamen die Zuschauer einen Gast zu sehen, der sich letzter Zeit medial sehr rar gemacht hat. Als Spieler hatte Jürgen Glowacz bei 254 Einsätzen für den 1. FC Köln in allen Wettbewerben den Geißbock auf der Brust getragen. Nach sieben Jahren als FC-Vizepräsident (2004 bis 2011) unter Wolfgang Overath war es in der Folge stiller um den heute 66-Jährigen geworden. Im Juni dieses Jahres wurde bekannt, dass der Ex-Funktionär einen lebensbedrohlichen Riss der Hauptschlagader erlitten hatte, den er nur knapp überstand. Die Einladung von Ralf Friedrichs zum “FC-Stammtisch Talk” nahm er, nun wieder gut erholt, gerne an. Glowacz ist schließlich einer der Zeitzeugen für das Buchprojekt „Mythos Radrennbahn“ des Kölner Autors Frank Steffan und natürlich sollte im Verlauf des Talks auch darüber intensiv gesprochen werden.
Doch zunächst warf die Runde, in der neben Glowacz noch Sport1-Kommentator Markus Höhner, FC-Mediendirektor Tobias Kaufmann und Robin Loew-Albrecht, Vorsitzender des Fanclubs „Wilder Süden“, saßen, einen Rückblick auf das Spiel des 1. FC Köln in Wolfsburg. „Ich fand die erste Halbzeit eigentlich sehr gut, das Tor, was Maximilian Arnold erzielt, schießt der nur einmal in der Karriere“, gab Glowacz zu Protokoll, fand aber auch die Leistung der “Geißböcke” in der zweiten Halbzeit zu dünn. „Mir hat aber der Neueinkauf Ehizibue richtig, richtig gut gefallen, auf der Position haben wir lange so einen gesucht. Er ist in der Abwehr gut, er hat das Tempo und flanken kann er auch. An dem Jungen werden wir sicher noch viel Spaß haben“ betonte der ehemalige effzeh-Vizepräsident.
Beierlorzer: “Da ist eine Handschrift zu erkennen”
Markus Höhner teilte die Meinung, arbeitete sich aber am für den effzeh wiedergekehrten Videobeweis ab. „Jetzt haben sie schon den Videobeweis und es klappt immer noch nicht“ schimpfte der Sport1-Kommentator und führte aus, dass es natürlich nach dem Foul an Drexler einen Strafstoß hätte geben müssen. „Er wummst ihn weg im Strafraum und dann ist eben Elfmeter“ war sich der erfahrene Kommentator sicher. In einem legte sich Höhner bereits fest: „Den neuen Trainer Achim Beierlorzer halte ich für einen guten Griff. Ich finde ihn authentisch, einer mit einem eigenen Weg, einer, der Ausstrahlung hat, der auch eine Mannschaft im positiven Sinne beeinflussen kann“, so der Medienprofi. „Diese neue Mannschaft muss sich erst noch formieren“, war sich Loew-Albrecht sicher und bemerkte zusätzlich, dass man den Ausfall von Louis Schaub definitiv gemerkt hat: „Die erste Halbzeit hat mir auch Mut gemacht, da waren gute Spielanlagen drin, man hat das auch bereits im Trainingslager schon gesehen. Da ist eine Handschrift zu erkennen“, so der effzeh-Fan.
Angesprochen auf die Form von Anthony Modeste sprach Jürgen Glowacz das Alter des Franzosen an: „Ich glaube, dass auch an Modeste die Jahre nicht vorbei gehen“ bemerkte der ehemalige FC-Spieler und fügte an, dass die Tore des China-Heimkehrers dringend benötigt werden. Man dürfe aber keine 25-Tore-Saison mehr erwarten, „weil so eine Saison spielt man einmal im Leben“. Glowacz freute sich aber, dass Modeste mit Jhon Cordoba, den er für einen tollen Spieler hält, eine wertvolle Unterstützung hat. „Es wird eine große Aufgabe für den Trainer sein, wie er Terodde, Cordoba und Modeste bei Laune hält“ schlußfolgerte der zweifache DFB-Pokalsieger und Deutsche Meister von 1978, verwies aber noch einmal auf die Tatsache, dass das von ihm erwähnte Alter Modestes keine grundlegende Kritik an dem Franzosen sei.
Schmadtke-Schmähgesänge “beschämend für den Club”
Hinsichtlich der öffentlich viel diskutierten Gesänge der effzeh-Fans, die am Wochenende in Wolfsburg den ehemaligen Kölner Sportchef Jörg Schmadtke beleidigt hatten, vertrat Loew-Albrecht die Meinung, dass es in der Kurve durchaus mal härtere Töne gibt, er aber sicher nicht selbst mitgesungen hätte. Auch Tobias Kaufmann fand die Gesänge bezüglich Jörg Schmadtke nicht gut und „den Mittelteil dieses Lieds finde ich ohnehin völlig unmöglich und verstehe nicht, dass man diese Verschwörungstheorie nicht aus dieser Stadt rausbekommt“. Glowacz fand derweil deutliche Worte: „Das ist beschämend für unseren Club, das ist beschämend für unsere Stadt“ meinte Glowacz zur Thematik und wunderte sich ebenfalls, wo solche Geschichten herkommen. „Niveaulos“ stützte Markus Höhner die Thesen zum Mitteilteil des Gesangs, „das passt nicht zu dem, was eigentlich die Kölner Fankultur ausmacht”. Dass die Umstände bezüglich der Personalie Schmadtke kritisch gesehen werden, sei verständlich, aber die Art und Weise des Gesangs eben nicht.
“Das passt nicht zu dem, was eigentlich die Kölner Fankultur ausmacht.”
Moderator Ralf Friedrichs, selbst glühender Fan, merkte an, dass bei aller Kritik an der harten Sprache im Gesang, der Ursprung darin läge, dass der 1. FC Köln die Umstände des Zeitraums Sommer bis Herbst 2017 nie gänzlich aufgearbeitet hat und daher Volkes Stimme selbst heute dieses verbal thematisiere. Da das Video bereits vorab veröffentlich wurde, hat dies auch Peter Stögers Lebensgefährtin Ulrike Kriegler mitbekommen und Kontakt zum Moderator des Stammtischs aufgenommen, welcher hier schriftlich Stellung dazu bezieht: „Frau Kriegler hat mich kontaktiert und Ihre Sichtweise klar geschildert. Ich möchte hier nun dem Eindruck entgegenwirken, dass ich die Gesänge öffentlich beim ‘FC-Stammtisch Talk’ goutiert habe. Es war nur mein Versuch, einen Erklärungsansatz für die Rufe zu finden. Wir sollten uns als FC-Fans alle einmal hinterfragen, wie lustig wir das wohl fänden, wenn uns in aller Öffentlichkeit eine solche Sache angedichtet wird. Die Kritik an Jörg Schmadtkes Wirken am Ende seiner FC-Zeit mag insgesamt verständlich sein, Frau Kriegler da auf diese Art und Weise mit einzubeziehen ist einfach nicht in Ordnung. Zumal der Wahrheitsgehalt laut ihrer Aussage bei nullkommanull Prozent liegt. Noch deutlicher sollte sich übrigens die Person hinterfragen, die das Gerücht vor langer Zeit in die Welt setzte“, betont Friedrichs.
Der “Mythos Radrennbahn” wird lebendig
Ein erfreulicheres Thema war die Besprechung des neuen Buchs von Frank Steffan. Der Autor, Verleger und preisgekrönte Filmemacher (Das Double 1977/78) erfüllt sich und den Fans einen lang gehegten Wunsch: ein Buch über die unvergessene Radrennbahn. Jenes provisorische Stadion, in dem der 1. FC Köln von 1971 bis 1976 wohl den dominantesten Fußball seiner Historie spielte. Jürgen Glowacz erzählte einige Anekdoten aus dieser Epoche und brachte viel Zuschauer im „Brauhaus Stüsser“ zum Schmunzeln. „Es gab damals diesen langen Gang Richtung Spielfeld. Ich sage euch: Bereits DA sind sehr viele Spiele entschieden und für uns gewonnen worden. Ich glaube, der Harald Konopka hat da schon die erste Grätsche gemacht“ scherzte der damalige Spieler. Das Buch „Mythos Radrennbahn“ wird vermutlich im November erscheinen und kann u.a. beim Verlag selbst oder als Teil des Crowdfunding-Pakets für den „FC-Stammtisch Talk“ hier bezogen werden.
Nach einem vorausschauenden Blick auf das Spiel gegen Dortmund, als sich die Runde einig war, was die Schwere der Aufgabe angeht, aber keineswegs chancenlos sei, endete der erste „FC-Stammtisch Talk“ der Saison. Die nächste Ausgabe der effzeh-Gesprächsrunde findet am 9. September, nur einen Tag nach der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln, statt. Wer sich als Live-Zuschauer anmelden will, kann das hier bereits tun.