Die sportliche Lage nach dem 2:3 in Paderborn, die aufkommende Debatte um Trainer Markus Anfang und die allgemeine Situation rund um den 1. FC Köln nach dem Abstieg: Viel zu besprechen gab es am Dienstagabend im Brauhaus Stüsser, wo Ralf Friedrichs zur ersten Ausgabe des „FC-Stammtisch Talks“ im neuen Jahr gerufen hatte. Neben „Express“-Journalist Alexander Haubrichs, FC-Mitgliederrat Engelbert Faßbender und dem einstigen Kölner Co-Trainer Roland Koch war auch Ex-Spieler Tony Woodcock erschienen, der von 1979 bis 1982 und 1986 bis 1988 für die „Geißböcke“ aktiv war.
Woodcock vermisst Leader auf dem Platz
Im Fokus der Diskussion stand natürlich zuerst das aktuelle sportliche Geschehen. „Wenn du aufsteigen willst, musst du zu Null spielen, so oft du kannst“, erklärte Woodcock, der gerade in der Schlussphase in Paderborn einen echten Leader auf dem Platz vermisst hatte. Etwas, das auch Roland Koch bestätigte: „Die Mannschaft muss den Druck annehmen“, betont der einstige Daum-Intimus.
Für die Gegner in der 2. Bundesliga sei eine Partie gegen den 1. FC Köln immer das Spiel ihres Lebens – darauf müssen die Spieler entsprechend reagieren. Wie schon im Aufstiegsjahr 2008 komme es auch diesmal darauf an, im Schlussspurt bereit zu sein. „Die Saison ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf. Ab Spieltag 28 musst du da sein“, verwies Koch auf die damaligen Duelle gegen Hoffenheim, Augsburg und Mainz, als der FC innerhalb einer Woche den Aufstieg eintütete.
Foto: Dieter Voß
Der FC müsse sich nun in dieser Phase auf seine Stärken besinnen, forderte der derzeitige Nachwuchsleiter von Viktoria Köln – dabei sei auch das Trainerteam in der Pflicht. Auch Alexander Haubrichs sah das ähnlich: „Jetzt müssen Antworten gefunden werden, um die vorhandene Qualität auf den Platz zu bringen. Markus Anfang hat bereits vor dem Dresden-Spiel im Herbst gezeigt, dass er eine solche Reaktion hervorrufen kann“, so der FC-Kenner, der in der anstehenden Englischen Woche mit dem Heimspiel gegen Sandhausen und Duellen in Aue und Ingolstadt sieben Punkte als Messlatte sieht. Sonst sei Anfangs Job sicherlich in Gefahr.
Angespanntes Verhältnis zwischen Vorstand und Mitgliederrat
Etwas weiter als die aktuellen Aufgaben schaute derweil Mitgliederrat Engelbert Faßbender. „Es fehlt uns völlig die Konstanz. Es ist einziges Auf und Ab in dieser Saison“, kritisiert der ehemalige DEVK-Personalvorstand, der seit der vergangenen Mitgliederversammlung Teil des Aufsichtsgremiums ist. Der Aufstieg sei lediglich die Korrektur eines Fehlers, der nie hätte passieren dürfen – der FC müsse aufpassen, danach nicht wieder direkt zur Fahrstuhlmannschaft zu werden. „Es ist ein Problem, dass es die bodenständige, seriöse Arbeit, die der Verein zwischen 2012 und 2016 gab, derzeit nicht gibt“, so Faßbender.
Für den Mitgliederrat steht in den kommenden Monaten die Auswahl eines Vorstandsvorschlags auf der Agenda. „Lasst Euch mal überraschen“, sagte Faßbender mit einem Lächeln im Gesicht und verriet nicht nur den Termin für die Mitgliederversammlung, die am 8. September stattfinden wird. „Wir führen derzeit Gespräche mit dem Vorstand, das gestaltet sich allerdings schwierig. Sie wollen sich auf den Aufstieg konzentrieren. Das finde ich etwas komisch, schließlich konnte es ihnen bei der Mitgliederversammlung nicht schnell genug gehen“, ließ sich der einstige Wunschkandidat von Toni Schumacher für den Mitgliederrat eine kleine Spitze nicht nehmen.
Foto: Dieter Voß
Das angespannte Verhältnis zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsgremium habe sich seit der Mitgliederversammlung nicht sonderlich entspannt. „Ich bin unbefangen an die Sache herangegangen, aber die Dinge, die ich in den ersten Monaten erlebt habe, haben mich zum Nachdenken gebracht. Das Verhältnis zwischen Vereinsführung und Mitgliederrat ist sehr schwierig. Den notwendigen Respekt kann ich derzeit nicht feststellen“, erklärte Faßbender, der im Mitgliederrat Teil einer vierköpfigen Arbeitsgruppe für die Suche nach dem nächsten FC-Vorstand ist. Ein Profil sei bereits erstellt, Sondierungen wurden bereits begonnen. Wichtig sei dabei auch die integrative Kraft der neuen (und vielleicht auch alten) Vereinsspitze.
1. FC Köln macht aktuell keinen geeinten Eindruck
Derzeit, das bestätigte auch „Express“-Reporter Haubrichs, mache der Verein keinen geeinten Eindruck. „Es ist bis heute nicht erkennbar, dass man aus dem Abstieg die Lehren gezogen hat“, sagte der Sportjournalist. „2012 hat man die richtigen Lehren gezogen, der FC präsentierte sich zunehmend als Einheit. Das ging schon 2016 in die Brüche, es ging eindeutig in die falsche Richtung“, so Haubrichs: „Der Vorstand hat nur noch Feinde statt Kritiker gesehen, es gab persönliche Eitelkeiten in Geschäftsführung und im Trainerstab – das alles hat zum Absturz in die 2. Bundesliga geführt. Der FC hat damit eine Riesenchance weggeschmissen, sich in der oberen Tabellenhälfte der Bundesliga zu etablieren.“
Dass sich die „Geißböcke“ aber trotz der derzeitigen sportlichen Probleme auf dem Weg zurück in die Beletage des deutschen Fußballs befinden, daran zweifelten die Gäste beim FC-Stammtisch Talk allerdings nicht. Zu groß sei die Qualität in der Mannschaft, zu stark die Offensive um Top-Torjäger Simon Terodde, die mit Neuzugang Anthony Modeste noch einmal prominent verstärkt wurde. Den ersten Schritt dahin soll das Team im Heimspiel gegen Sandhausen machen – weitere Erfolgserlebnisse könnten dann direkt in Aue und Ingolstadt folgen. Dann dürfte es auch beim nächsten Talk im Brauhaus Stüsser etwas entspannter zur Sache gehen.
Der komplette FC-Stammtisch Talk im Video
