Laut der Pressemitteilung des Vereins möchte dieser sich mit diesem Investment einer “neuen, jungen Zielgruppe öffnen”. Wird ihm das durch das Investment gelingen oder sind die Chancen eher gering?
Das kommt auf die Gestaltung der weiteren Schritte an, über die noch nicht viel bekannt ist. Wenn die sich nur auf die VBL beziehen, würde ich sie eher kritisch sehen. Ich denke, dass die Schnittmenge zwischen den effzeh-Fans, die “FIFA” spielen und den Verein auch abseits dessen verfolgen, zwar hoch ist und sich einige Fans in genau dieser Schnittstelle wiederfinden. Der Einstieg in der VBL sollte für den 1. FC Köln meiner Meinung nach ein Türöffner in den E-Sport sein, aber nicht die Grenze des Engagements. Dazu ist die VBL noch zu neu.
Wenn ich es richtig verfolgt habe, wird SK Gaming aber auch in anderen Spielen als “FIFA” den Geißbock, bzw. Markenelemente mit auf dem Trikot haben – selbst wenn das Team nicht mit dem Label “1. FC Köln” auftritt. Das könnte schon interessanter sein. So würde der effzeh auf eine internationale Bühne gebracht und könnte damit Zuschauer erreichen, die sonst unerreichbar wären. Das steigert natürlich die Bekanntheit der Marke und könnte für Sponsorengespräche sehr nützlich sein.
E-Sports beim 1. FC Köln: Auch ein wenig Lokalkolorit
Allerdings sind mir noch keine messbaren Auswirkungen bekannt, inwiefern Beteiligungen am E-Sport sich positiv oder negativ auf Vereine ausgewirkt haben. Da möchte ich auch ungern auf das Motto “Wenn die anderen das machen, dann machen wir das auch!” zurückgreifen. Insgesamt zeigt sich aber, dass E-Sport kein kurzzeitiges Phänomen ist, sondern ein globaler Trend mit hohem Wachstumspotential. Die Statistiken zeigen außerdem, dass vor allem junge Menschen unter 25 Jahren vom E-Sport begeistert sind.
Foto: Chung Sung-Jun/Getty Images
Wie groß ist die potentielle Zielgruppe, die der FC mit seinem Engagement erreichen könnte?
Sie ist prinzipiell sehr groß. Allerdings hat jedes Spiel hat seine eigene Zielgruppe, daher lässt sich es sich schwer in Zahlen fassen, da es nicht sinnvoll wäre, den Markt insgesamt zu betrachten. Aber als Referenz kann man vielleicht einen Zuschauerrekord nennen: Ein Finalspiel in dem Spiel “League of Legends”, in dem SK Gaming übrigens künftig auch aktiv sein wird, hat 127 Millionen Zuschauer vor ihre Geräte gelockt. Zum Vergleich: Es gab etwa 300 Millionen Sky-Zuschauer für die gesamte Bundesligasaison 2017/2018. Oder um das Potential eines anderen Spiels anzudeuten: Während der etwa zweiwöchigen Weltmeisterschaft “The International” im Spiel “Dota 2” wurden knapp 500 Millionen Stunden Videomaterial online live konsumiert.
Der effzeh hat dahingehend aber sicher den Vorteil, dass SK Gaming schon lange seinen Sitz in Köln hat.
Konsumieren diese Zuschauer denn eher das Spiel oder die Teams, die gegeneinander antreten? Das Schöne beim Fußball ist ja das simple Gegeneinander, das sich insbesondere zwischen den Fans abspielt. Ist das auch auf den E-Sport übertragbar oder nicht?
Es ist anders als im traditionellen Sport, vor allem, da es keine lokalen Bezugsräume gibt. Wächst ein Fußballfan in Köln auf, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit effzeh-Fan werden, da die lokale Verbundenheit sehr stark ist. Im E-Sport ist alles digital. Schaut man auf die dortigen Profiteams, sieht man zwar, dass die Spieler gemeinsam trainieren, allerdings völlig unabhängig vom Ort. Die Spiele werden online ausgetragen, das geht auch von zuhause aus. Nur die großen internationalen Turniere werden vor Ort ausgetragen, so ja auch in Köln mit der “ESL One Cologne”, einem der größten E-Sport-Events der Welt.
Im Vergleich zum Profifußball erinnern diese Events aber eher an einen Wanderzirkus, weil die Teams von Event zu Event um die ganze Welt reisen. Daher sind die Fans sicher eher verbunden mit Spielen oder einzelnen Spielern. Der effzeh hat dahingehend aber sicher den Vorteil, dass SK Gaming schon lange seinen Sitz in Köln hat. So kann der lokale Bezug hergestellt werden. Seit etwa zwei Jahren ist zudem in Deutschland mit steigender Tendenz feststellbar, dass sich lokal bezogene E-Sport-Vereine gründen, die sich tatsächlich dann gemeinsam treffen und spielen – fast wie in einem Vereinsheim.
Auf der nächsten Seite: Aktuelle Entwicklungen und Schwierigkeiten im E-Sport.