Immer wieder wird auf Statistiken zurückgegriffen um dem geneigten Leser oder Zuschauer zu erklären, warum die eine Mannschaft besser ist, als die andere. Oder verdient gewinnt. Oder verliert. Oder, oder, oder. Grundsätzlich gilt dabei, je mehr hiervon und je weniger davon, desto besser spielt ein Team, desto eher hat es zu Gewinnen verdient. Und andersrum. Und weil man Statistiken nur glauben soll, wenn man sie selbst gefälscht hat, hier meine Interpretation.
Fangen wir mal ganz einfach an. Ecken. Früher auf dem Bolzplatz hieß es mal „3 Ecken – 1 Elfer“. Damals natürlich aus Mangel an Mitspielern, mit denen das Ausführen einer Ecke tatsächlich Freude hätte bereiten können. Als Profifußballer zählen solche Ausreden nicht, also werden Eckbälle auch ausgeführt. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, sei mal dahingestellt, immerhin ist es ein Indiz für die Offensivbemühungen. Je mehr Ecken, desto häufiger ist man zumindest mal in der Nähe des gegnerischen Tores gewesen. Zumindest theoretisch.
Insgesamt steht es zum Ende des Jahres 104:65. Für den effzeh. Ausrufezeichen! Das wären bei einer gleichmäßigen Verteilung über zwei Ecken mehr für den effzeh, pro Spiel. Und dabei gab es gar einige Spiele, in denen die Jungs mit dem Geißbock auf der Brust weniger Ecken als der Gegner trat. Fünf an der Zahl. Die Gegner haben in den besagten fünf Spielen insgesamt 15 Ecken mehr getreten. Glatte drei mehr, im Schnitt. Andersrum bleibt somit ein Verhältnis von +54 Ecken in den anderen 14 Spielen. Und weil das Verhältnis in zwei Spielen ausgeglichen war, verteilen wir jetzt die +54 auf 12 Spiele. 4,5 Ecken mehr. Pro Spiel. Anderthalb Elfer.
Bleiben wir doch mal kurz auf dem Bolzplatz. Rechnen wir die Ecken doch einfach mal um. Drei Ecken, ein Elfer. Und weil wir ziemlich gut darin sind, Elfer zu treten, zählt jeder davon auch als Tor. Trotz einem starken Timo Horn, lassen wir das auch mal für den Gegner gelten. Und dann schauen wir uns die bisherige Saison einfach noch einmal an und singen Lieder über internationale Pokalwettbewerbe. Oder so.
1. Spieltag gegen Eintracht Braunschweig. In Braunschweig. Endergebnis 1:0 für die Eintracht. Noch. Das Eckenverhältnis an besagtem Sonntagnachmittag Anfang August betrug 2:6. Zwei Elfer für den effzeh also. Endergebnis 1:2. Drei Punkte im ersten Spiel. Nach dieser Rechnung jetzt schon mehr Punkte als am sechsten Spieltag. Grund genug damit weiterzumachen.
Tatsächlich gingen auf dem Bolzplatz die ersten fünf Spiele ausnahmslos an den effzeh, eine Tordifferenz von +6 stünde hier zu Buche, nicht -4 wie in der blöden, realen Tabelle. Erst beim Besuch in Berlins größtem Fußballstadion wäre der effzeh schlecht genug gewesen um das Spiel auch ohne Eckbälle zu verlieren. Eine von zwei Niederlagen, nach dieser Rechnung, bis zur Winterpause. Die zweite? Auch in Berlin. Verbrannte Erde also. Immerhin müssen wir diese Saison nicht noch einmal dahin.
Nach der sehr, sehr guten Anfangsphase in dieser Saison, kam dann das Zwischentief. Nur ein Sieg vom elften bis zum 16. Spieltag. Immerhin im überzeugenden 4:1 Sieg gegen Bochum. Das tröstet aber nur bedingt darüber hinweg, dass man Kaiserslautern und Duisburg nicht schlagen konnte, vor ausverkauftem Haus. Auch nicht, dass man sowohl in Aalen als auch in München nur ein Unentschieden über die Zeit brachte. Sieben Punkte aus sechs Spielen, eine so schlechte Quote gab es in der gesamten Saison noch nicht.
Insgesamt nahmen die Spieler aus 19 Spielen 41 Punkte mit, 12 Siege, 5 Unentschieden und die bereits erwähnten beiden Niederlagen in Berlin. Ein Torverhältnis von 51:35 ist nicht rekordverdächtig, aber solide. Viel wichtiger der Umstand, dass wir in der Bolzplatzwertung der Liga auf Platz 3 überwintert hätten. Vor Braunschweig, wohlgemerkt. 15 Punkte mehr, 6 Plätze weiter vorne und ein um 15 Tore besseres Torverhältnis. Klingt toll, sieht auch toll aus:
Wie man in der Tabelle sehen kann, gibt es einen großen Verlierer mit Braunschweig und einen weiteren mit Duisburg. Braunschweig hat in der neuen Tabelle nicht bloß drei Plätze sondern sage und schreibe 12 Punkte verloren. Insgesamt sieben Niederlagen stünden zu Buche, sechs mehr als aktuell. Duisburg hat hier ebenfalls drei Siege weniger, ebenso dramatisch verändert sich auch die Situation. Zwar gehen dem MSV nur acht Punkte verloren, dafür sehen neun Punkte Differenz auf den 15. Platz extrem alarmierend aus. Union Berlin hat zwar auch sechs Plätze verloren (Aalen derer fünf), die Leistung des Teams hat sich aber kaum verändert.
Der große Gewinner in Tabellenplätzen ist der FC St. Pauli, da das Mittelfeld aber – wie auch in der realen Tabelle – ein sehr enges ist, sieht der Sprung größer aus, als er ist. Die wahren Gewinner stehen auf Platz 1-3 der obigen Tabelle. 10 Punkte plus für die Hertha, jeweils 15 für FCK und effzeh.
Und was haben wir heute gelernt?
Wichtig ist am Ende aber doch die Frage, was wir daraus lernen. Die Hoffnung, dass der DFB die Regeln ändert um Eckstöße zu unterbinden, kann wohl begraben werden. Aber was bleibt dann als Erkenntnis zurück? Aus effzeh-Sicht etwas, das gemeinhin bekannt sein dürfte. Man spielt offensiv aber vergleichsweise erfolglos. Die Gegner spielen defensiv und nehmen dafür viel zu viele Punkte mit. Für die Jungs vom Kiez gilt grundsätzlich dasselbe, man ist wesentlich häufiger vorm Tor als erfolgreich.
Bei Hertha Berlin und Kaiserslautern wundert es auch niemanden so wirklich, dass sie weiterhin da oben stehen. Wobei die Berliner ein um 21 Tore besseres Torverhältnis hätten, somit noch etwas offensiver waren als die Gegner. Ein Eckenverhältnis von +67 spricht da eine deutliche Sprache. Zu Erinnerung, der effzeh hat hier ein Verhältnis von +39 aufzuweisen. Dritter in dieser Betrachtung ist St. Pauli mit +22, der auch absolut die meisten Ecken getreten hat – nämlich 123 – doppelt so viele (!) wie der MSV Duisburg.
Die große Überraschung, zumindest für den Autor, ist Braunschweig. So souverän und geschlossen sah man selten eine Mannschaft die Hinrunde bestreiten, so wenig überzeugend jedoch die Zahlen, die (zumindest in dieser Betrachtung) es dazu gibt. Mit 105 getretenen Ecken findet man sich auf dem vierten Platz wieder, mit 98 zu verteidigenden Eckstößen reicht es hier nur für den 13. Platz. Das sind mehr als doppelt so viele Eckstöße, wie Herthas Gegner bekamen. Über 30 mehr als die Gegner des effzeh treten durften. Wie man Tabellenführer wird, trotz solch mittelmäßiger Werte, muss irgendwie anders erklärt werden. Maximal oberes Mittelmaß, egal wie man es hier dreht und wendet.
Die interessantesten Spiele dürfte es, laut der Zahlen, wohl mit Beteiligung des FC St. Pauli geben. Über 12 Ecken werden hier pro Spiel im Schnitt getreten. Könnte natürlich auch an der Unfähigkeit der beteiligten Spieler liegen, immerhin fallen nur bei 1860 und Aalen weniger Tore. Die meisten Tore hingegen gibt es in Spielen mit Sandhausener Beteiligung. Das liegt aber zumeist am Gegner, es sei denn der heißt effzeh.
Und wie dunkel die Welt ist, wenn alles Licht schwindet, weiß man in Duisburg am besten. Da hat man es schließlich geschafft in drei Spielen weder ein Tor zu schießen noch drei Ecken rauszuholen. Wohlgemerkt gegen Gegner wie 1860, Ingolstadt und den Tabellenletzten Regensburg. Zugegeben, der MSV hat sich stark weiterentwickelt, seit dem 10. Spieltag ist das nicht mehr passiert. Aalen hat dieses Kunststück immerhin zwei Mal fertiggebracht. Beide Male in Berlin. Wie man mit der Einstellung Tabellenfünfter wird, muss mir beizeiten mal jemand erklären.
Im Unterdrücken ist ganz Berlin übrigens sehr erfolgreich. Also im Unterdrücken der gegnerischen Angriffe. Von insgesamt 13 Spielen, die mit DreiEckenEinElfer noch zu Null ausgegangen wären, war die Hertha viermal und Union zweimal das Team, das nichts zuließ. Braunschweig hat das auch zweimal geschafft, beim effzeh stellt sich die Frage ja eigentlich gar nicht. Als würde man den Gegner nicht immer mal wieder zum Fußballspielen einladen. Würde ja sonst auch langweilig.
Für das Kalenderjahr 2013 sollte es dann aber doch mal heißen, die statistische Überlegenheit in Punkte umzuwandeln. Vielleicht hilft ein Stefan Maierhofer ja dabei etwas mehr aus den hunderten Eckbällen zu machen. Groß genug ist er ja. Jetzt muss nur noch irgendeiner lernen, wie man den Ball von der Ecke aus reinbringt.