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Interviews

“Dialog darf keine Einbahnstraße sein”

DFL-Sicherheitspapier, Stimmungsboykott, Dialog mit Verein, Verbänden & Fans – was hat sich seit der Winterpause getan? effzeh.com sprach mit WH-Capo Schell.

© WH96.de

effzeh.com: Die Vereine und Verbände stellen seit den Protesten den Willen zum Dialog stark in den Fokus. Merkt ihr als Ultrágruppierung schon Unterschiede?

Wir unterscheiden hier erst einmal zwischen der DFL und dem DFB sowie unserem Verein. Zwischen DFL und DFB besteht in Sachen Kommunikation mit den Fans eine kleine Differenz: Mit der DFL hat es bis zum Anfang diesen Jahres nie einen wirklichen Dialog gegeben. Ein ernstzunehmender Dialog mit dem DFB besteht auch erst seit etwas mehr als einem Jahr.

Da wir bei Pro Fans aktiv mitarbeiten, kamen wir in den unmittelbaren Genuss, einen Vertreter in Form meiner Person zu einem Treffen im Januar mit Andreas Rettig und weiteren Vertretern von DFL, Vereinen und Fanorganisationen schicken zu können. Das Gespräch war zwar interessant – allerdings stellt sich die Frage nicht zuletzt auch nach der Praxis, sprich: Was passiert nach dem Dialog? Werden wir und unsere Forderungen überhaupt ernst genommen? Gespräche können zwar interessant sein, doch sollten diese auch zu greifbaren Ergebnissen führen.

effzeh.com: Seht Ihr dort positive Ansätze mit der DFL?

Die Vergangenheit zeigt uns, dass wir Fußballfans immer noch eine eher untergeordnete Rolle bei den Verbänden spielen. Gerade die Debatte um das Sicherheitspapier hat das Vertrauen vieler Fußballfans in Deutschland endgültig zunichte gemacht. Die Zukunft wird zeigen, wie ernst man die Gespräche mit der DFL nehmen kann und was wir Fußballfans, die sich in den verschiedenen Fanorganisationen vertreten fühlen, am Ende der Gespräche davon haben.

Die Praxis konnte sich in der Kürze der Zeit natürlich noch nicht verändern, wenn überhaupt ins Negative. Wenn man an die Vollkontrollen der Insassen eines FC-Fanbusses in Stuttgart oder die jüngsten Ereignisse in Darmstadt (Polizeikontrolle: HFC-Fanszene prangert Kontrollen in Darmstadt an) denkt, möchte man gar nicht weiter in die Zukunft blicken. Man kann nur spekulieren, ob derartige Maßnahmen im kausalen Zusammenhang mit der Debatte um das Sicherheitspapier stehen. Aber zweifelsohne liegt die Vermutung nahe, dass die Hemmschwelle bei den Entscheidungsträgern für solche Ermittlungsmethoden nach der Zustimmung zu den 16 Anträgen der DFL gesunken ist. Die Zukunft der Fußballfans bleibt unter dem Strich also immer noch ungewiss.

In diesem Zusammenhang würde ich mir einfach auch mal ein klares, positives Zeichen der Verbände wünschen. Hier nehme ich als Beispiel die Problematik mit Fanutensilien. Wo liegt das Problem der Freigabe aller Fanutensilien wie Fahnen oder Trommeln ohne vorherige Anmeldung? Fahnen sind für viele Fußballfans kein Privileg, sondern eine Selbstverständlichkeit.

effzeh.com: Und wie gestalten sich die Gespräche mit dem eigenen Verein?

Da läuft der Dialog seit Mitte des letzten Jahres hauptsächlich über die AG Fankultur, die sich unter anderem das Ziel gesetzt hat, den 1. FC Köln auf allen Ebenen zu vereinen. Dieses Anliegen teilen wir und sehen die AG Fankultur als geeignetes Instrument an. Eine positive Geschichte, die – ganz im Gegensatz zu dem Dialog mit den Verbänden – jetzt schon greifbare Ergebnisse verbuchen kann.

Neben dem Dialog mit FC-Fans, mit denen man bis zur AG-Gründung eher weniger Berührungspunkte hatte, sind unserer Meinung nach klare Verbesserungen auf Seiten der Fans und des Vereins eingetreten. Auch wenn es natürlich immer wieder Rückschläge, Meinungsverschiedenheiten und dementsprechende hitzige Diskussionen gegeben hat und auch weiter geben wird, muss man zugeben, dass unser Verein mit der AG Fankultur eine gute Sache ins Leben gerufen hat.

Dialog darf eben nicht als Einbahnstraße verstanden werden – dies hat der FC unserer Meinung nach so langsam begriffen. So hat sich unser Verhältnis mit den Vereinsfunktionären verbessert, da der Dialog offener geworden ist und das gegenseitige Vertrauen dadurch verstärkt wurde.

effzeh.com: Apropos Dialog: Dieser wurde in der Winterpause, wie du bereits angesprochen hattest, vonseiten der aktiven Fanszene gesucht und zu einem Gesprächstreffen geladen. War das sowieso geplant oder eine Reaktion auf die Kritik vor dem Pokalspiel in Stuttgart?

Die Idee zu einem derartigen Treffen schwirrte uns schon seit Jahren im Kopf herum. Doch wie so oft wurden wir – zugegeben meistens durch uns selber – gebremst und hatten auf einmal andere Sachen zu tun. Dabei ist die Kommunikation unter uns FC-Fans ein Punkt, den man nicht vernachlässigen darf.

Gerade wenn man von einer Gemeinschaft spricht oder an dieser arbeiten möchte, ist es unerlässlich, dass Akzeptanz und der Respekt untereinander vorhanden ist. Dies ist aber auch nur dann möglich, wenn man miteinander redet. Wenn man weiß, mit wem man redet und alle Meinungen konstruktiv auf den Tisch kommen können, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Das beste Beispiel macht hier auch wieder die AG Fankultur aus, die genau nach diesem Schema abläuft.

Aufgrund der Tatsache, dass im Rahmen der AG natürlich nicht alle FC-Fans mitwirken können, hatten wir uns parallel dazu überlegt, eine öffentliche Veranstaltung als Fanszene zu organisieren, zur der alle FC-Fans eingeladen sind. Mit den Diskussionen zum Ende des letzten Jahres kamen wir dann auch endlich einmal aus dem Quark und organisierten zusammen mit dem Dachverband und der Fanszene eine Diskussionsrunde im Treffer für alle interessierten FC-Fans.

effzeh.com: Wie fällt euer Fazit zum faninternen Dialog aus? Soll so etwas regelmäßiger stattfinden?

Wir sind sehr zufrieden mit der Diskussionsrunde und möchten uns noch einmal bei allen Anwesenden bedanken. Es kamen viele FC-Fans mit guten Vorschlägen, aber auch konstruktiver Kritik. Schon alleine das ist positiv zu bewerten. Ein Ergebnis, was uns positiv überraschte, waren die übereinstimmenden Positionen zum Thema „Vollkontrollen“: Lieber ein Spiel verpassen, aber dafür die Menschenwürde bewahren. „Nicht alles hinnehmen, was einem vorgeworfen wird“ – auch das haben wir aus diesem Abend als Meinungsbild herausfiltern können.

Weiterhin wurde sich zustimmend zu dem Vorschlag der Südkurvengruppen geäußert, dass man zu jedem Heimspiel eine Aktion zum Thema Fankultur / DFL-Papier auf der Süd organisiert. Das positivste Ergebnis war für uns allerdings, dass alle Anwesenden die Idee zur Veranstaltung mit Begeisterung aufgenommen hatten. Noch an Ort und Stelle wurde diese Geschichte kurzerhand „Südkurvenstammtisch“ getauft und sich abstimmend darauf geeinigt, diesen in regelmäßigen Abständen zu wiederholen.

Der Dialog untereinander, den wir für eine gemeinsame Zukunft als unerlässlich betrachten, wird also weiter und auf verschiedenen Ebenen geführt. Ob AG Fankultur oder Südkurvenstammtisch: Es ist wichtig, dass man sich auch ‘mal die Meinung ehrlich ins Gesicht sagen kann. Gerade in diesem Zusammenhang ist der unmittelbare Austausch durch keine E-Mail zu ersetzen. Durch direkte Kommunikation verstärkt sich nicht nur das Gemeinschaftsgefühl – man entwickelt auch Vertrauen zueinander. Und an einer Gemeinschaft, die sich gegenseitig vertraut, kann von außen ruhig gerüttelt werden. Da bricht dann nichts mehr auseinander, auch wenn es ‘mal wieder Meinungsverschiedenheiten geben sollte oder Rückschläge eintreten.

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