Folge uns
.

Kolumnen

Born staubt ab: Gisdol, mein Heldt! – „Denn sie wissen jetzt, was sie tun“

Der 1. FC Köln hat sich vom todsicheren Abstiegskandidaten zum heißesten Team der Bundesliga entwickelt. Ein so unerwartetes, aber definitiv filmreifes Comeback, wie unser Kolumnist Mirko Born findet.

COLOGNE, GERMANY - FEBRUARY 29: Markus Gisdol, Head Coach of 1. FC Koeln looks on prior to the Bundesliga match between 1. FC Koeln and FC Schalke 04 at RheinEnergieStadion on February 29, 2020 in Cologne, Germany. (Photo by Jörg Schüler/Bongarts/Getty Images)
Foto: Jörg Schüler/Bongarts/Getty Images

Von Mirko Born

Eines Tages! Eines Tages! Eines Taaaaaaages wird’s gescheh’n… Ja, es sind Worte, die ich im Zusammenhang mit dem glorreichen 1. FC Köln bereits mehrfach genutzt habe. Aber in diesem besonderen Fall fällt mir tatsächlich nichts besseres ein: „Was zur Hölle haben diese Menschen mit meinem 1. FC Köln gemacht?“ Ich bin fassungslos. Ist das noch unser Effzeh? Unser Chaos-Chaoten-Club? Die Antwort lautet: ja! Und zwar deutlich!

24 Spiele, die keine bessere Retroperspektive der jüngeren Klubgeschichte hätten sein können: Aufgestiegen als König des Fahrstuhls, wurden die großen Erwartungen von totaler Enttäuschung abgelöst. Es folgte absoluter Zerfall, Pokal-Aus, Derbyniederlage, Frustration, Abkehr, Fassungslosigkeit, völlige Resignation, der drölfzigste Umbruch. Neuer Trainer, neuer Vorstand, neuer Tiefpunkt. Ein zweites 2012 warf seine Schatten voraus. Ende der Fahnenstange, Sense, gute Nacht und maat et joot! Es tat veh!

Auch interessant
1. FC Köln siegt 2:1 in Paderborn: Das glückliche Lächeln der Sieger

Geht das noch was? Geht da noch mehr?

Und dann war da plötzlich wieder Hoffnung, Fußball, Siege, Punkte, totale Eskalation, Faszination, Unglaube, Spannung, Spiel und gute Laune – Europapokal! Oder wie es die beste Band der Welt mal so schön sang: „Kopfüber in die Hölle und zurück!“ Und ich gebe es zu: Auch ich gehörte zu denen, die die Saison spätestens nach dem 1:2 gegen den VAR, ähm die TSG Hoffenheim endgültig abgehakt haben. Und ich gehörte auch zu den paar (mehr) Prozent, die die Verpflichtungen von Markus Gisdol und Horst Heldt mit, sagen wir mal, nicht immer ganz so sachlicher Vorsicht zur Kenntnis genommen haben. Nur so viel: Die Sorge, dass die Mannschaft in naher Zukunft in Camp-David-Trikots aufläuft war größer, als die Zuversicht, unter Gisdol nicht abzusteigen.

Foto: Jörg Schüler/Bongarts/Getty Images

Und heute? Was soll ich sagen? Die beiden haben in den letzten Wochen dann doch den einen oder anderen Platz auf meinem persönlichen Ranking der coolen Leute gut machen können. Was die beiden seit Weihnachten erreicht haben: Uth ab! Dachten wir noch zum Ende der Hinrunde, dass es der Effzeh in diesem Jahr ganz besonders hart haben würde, traf es andere dann Gott sei Dank noch Hertha. Und wer Werder noch Fortuna auf seiner Seite hat, steht am Ende über dem Strich. Stellt sich nur die Frage über welchem? Geht da noch was? Geht da noch mehr? Uiuiuiui…

Dieses Team macht einfach nur Spaß!

Denn was in den letzten Wochen passiert ist, haben wir wohl so noch nie erlebt: Auferstanden wie Hennes aus der Asche wird einfach mal beinahe alles aufgefressen, was serviert wird. Und so langsam bekommt man dann doch ein wenig Angst vor dem eigenen Verein… Und dieses Team macht einfach nur noch Spaß: Hinten wie vorne! Sebastiaan Bornauw (dieser Name, ein Traum!). Er hat sich Gott sei dank gegen eine Karriere als Fußball-Kolumnist („Born auwt ab!“) entschieden und hält statt dessen den Kölner Abwehrriegel zusammen. Und wenn er nicht gerade hinten das lange Bein ausfährt, sorgt er eben mit den anderen Gisdoleros für eine Bude nach der anderen.

Auch interessant
1. FC Köln bestätigt: Klausel abgeschafft - Choreo gegen Mainz geplant

Apropos: Während die Welt von Corona in Atem gehalten wird, erzittert die Liga vor Cordoba! Die kolumbianische Tor-Maschine aus Stahl, die ihren Körperschwerpunkt irgendwo auf Knöchelhöhe hat. Ein Traum, diesem Typen dabei zuzusehen, wie er seine Gegenspieler zur puren Verzweiflung bringt, wie sie an sich abarbeiten lässt, nur um sie dann eiskalt abzuservieren. Und dann sind da ja noch die „lieben Kleinen“: Jakobs, Katterbach, Thielmann… In so jungen Jahren schon von so vielen betagten Herren angebetet zu werden, kennt so auch nur die Olle vom Wendler.

Ein filmreifes Comeback des 1. FC Köln

Nur einen Schönheitsfehler hat das ganze: Dass Elvis Rexhbecaj nicht mit der Elf auf dem Rücken aufläuft, geht meiner Meinung in Köln überhaupt nicht: Ich meine, wenn Elvis die elf is…, aber lassen wir das. Diese Woche also noch kurz im Schutzanzug in die Nähe von Heinsberg, dann zwei Heimspiele hintereinander gegen Mainz und Düsseldorf. Danach sollte der Klassenerhalt fix sein, der Blick kann nach vorne (oben?) gerichtet werden. So ein bisschen. Ganz demütig, ok?

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Dann steht dem größten Comeback der Club-Geschichte beziehungsweise der Ligahistorie nichts mehr im Weg. In den USA der 80er und 90er Jahre wäre dies der Stoff für einen Sportfilm mit Kultcharakter gewesen. Ich sehe das Plakat schon vor mir: Aaron Eckhardt als Markus Gisdol, Dwayne „The Rock“ Johnson als Jhon Cordoba, Tilda Swinton als Sebastiaan Bornauw und Charlie Sheen als Horst Heldt in „Effzeh – Denn sie wissen jetzt, was sie tun“. Schon jetzt ein völlig unterschätzter Film… Ich würde ihn gucken! Immer wieder. In diesem Sinne!

Foto: privat

Mirko Born, Jahrgang 1985. Schon früh für den richtigen Verein erzogen, ist er seit über 20 Jahren bekennender Südkurvensteher, wenn auch nicht immer -versteher. Als Kind der „FC-Generation Fahrstuhl“ kennt er eigentlich nur das ewige Auf und Ab seines glorreichen 1. FC Köln. Immer in gespannter Erwartung, was wohl als nächstes schief gehen wird. Kein Wunder, dass ihn die kurze Stippvisite in den Europapokal noch heute überfordert. Seinen Umgang mit dem Phänomen 1. FC Köln und die mit dem Club einhergehende jahrzehntelange emotionale Achterbahnfahrt verarbeitet er in unregelmäßigen Abständen in seiner Kolumne Born staubt ab.

Mehr aus Kolumnen

.