Eine Sache verbindet alle Fußballfans weltweit: Irgendwann werden sie sterben. Und so unterschiedlich wie die Menschen sind, so unterschiedlich trauern sie auch und erinnern sich an geliebte Verstorbene. Mit eben dieser Memorialkultur beschäftigt sich die Wanderausstellung „Abpfiff! Wenn der Fußball Trauer trägt“, die sich interessierte Fußballfans noch bis zum 7. Juli in St. Maria Magdalena und Lazarus auf Melaten, übrigens eine der ältesten Kirche Kölns und sogar älter als der Kölner Dom, erleben können.
Dass Fußball und Trauer nah beieinander liegen, das weiß (nicht nur) jeder FC-Fan. Doch natürlich ist der ruhmreiche 1. FC Köln schon so etwas wie das Hauptthema der Kölner Ausstellung: So referiert der erklärte FC-Fan Wolfgang Niedecken im Video, wie er sich den (Fußball-)Himmel vorstellt; Bestatter Christoph Kuckelkorn verrät, dass einer der dringlichsten Gedanken von Angehörigen der Verbleib der FC-Dauerkarte innerhalb der Familie sei; und ein Skelett, das tapfer weiter in FC-Montur auf den nächsten Titel wartet, macht seine Aufwartung. Doch auch Fortuna Kölns legendärer Mäzen Hans „Jean“ Löring findet seinen Platz in der Ausstellung.
Tausende trauern in der Fankurve, Millionen beobachten es auf dem Bildschirm
Was auffällt ist, dass es bis auf wenige Ausnahmen, in den meisten Fällen die Fans sind, die trauern und diese Trauer in unterschiedlichsten Formen zum Ausdruck bringen: „Tausende trauern in der Fankurve, Zehntausende nehmen auf den Rängen daran teil und Millionen beobachten es auf den Bildschirmen.“ Diese kollektive Trauer sei höchst demokratisch, denn „sie unterscheidet nicht nach Fußballhelden und Fans.“
Fans trauern um Clubidol Hans Schäfer, der selbst nie im Mittelpunkt stehen wollte
Wichtiger als Prominenz sei die Verankerung und Beliebtheit in der Fanszene: So widmeten die FC-Fans Club-Legende Hans Schäfer nach seinem Tod einen Trauermarsch und eine große Schwenkfahne mit dessen Konterfei. Die Fahne wurde von den Fans selbst gemalt, auch der Marsch „von unten“ organisiert, während der Verein zwar ganz offiziell die Südtribüne, das Herzstück des Stadions, nach dem Ex-Spieler benannte, aber viel Kritik einstecken musste, weil die Fans nicht im Vorfeld ausreichend in diese Entscheidung eingebunden worden waren und die Tribüne auch abseits der Öffentlichkeit umbenannt wurde.
Nicht wenige Kölner sagte hinterher, dass Schäfer das so sicher nicht gewollt habe, war er doch stets bescheiden und gegen Personenkult gewesen. Auch bei der Fortuna sind es engagierte Fans, die das Gedenken an die ehemalige Vorsitzenden Hans “Jean” Löring und Klaus Ulonska größtenteils hochhalten, wenngleich der Südstadt-Club mit dem Jugendturnier „Jean-Löring-Gedächtniscup” ebenfalls an den legendären Machen erinnert.
Im Mittelpunkt: Fußball in Trauerbewältigung eingebunden
Dabei steht neben dem kollektiven Gedenken durch Anhänger vor allem die individuelle Trauerbewältigung im Vordergrund der Ausstellung, die auf Einladung der Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner anlässlich ihres 60-jährigen Jubiläums zu Gast in Köln ist. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen verschiedene Bereiche, welche zeigen wie und wo man den jeweiligen Fußballverein in der Trauerbewältigung einbinden kann. Dazu gehören unter anderem Mustergräber, die durch eine Bepflanzung in Vereinsfarben oder durch die Gestaltung eines Vereinswappens mithilfe von Bodendeckern und Blumen Erinnerung schaffen. Ebenso zeugt das Grabmal durch individuelle Steinmetzarbeit von der Fankultur. Zudem werden Urnen mit speziellen Designs sowie Grabbeigaben in Form von Maskottchen und Schals gezeigt, in einem Mustersarg werden Videos mit Interviews zum „Fußballhimmel“ präsentiert.
Neben Informationen und Geschichten rund um das Thema Trauer und Tod in Fußballvereinen, zeigt die interaktive Ausstellung vor allem die verschiedensten Möglichkeiten, Erinnerungen auch nach dem Tod zu schaffen und zu behalten. Fern ab von eindrucksvollen Choreografien oder Trauergesängen zum Abschiednehmen im Stadion präsentiert Kuratorin Christa Becker, wie persönlich der Abschied sein kann und wie man diesen mit den Vereinen auch außerhalb des Stadions verbinden kann. Interaktiv wird die Ausstellung dadurch, dass die Besucher aktiv an der Ausstellung teilnehmen, Dinge anfassen, anhören oder ausprobieren können.
Deutschland hält an Friedhofspflicht fest
Wie kam es überhaupt zu dieser ungewöhnlichen Ausstellung? Das Projektteam 56m dazu: „Es begann mit einer Unterhaltung über das alte Arsenal-Stadion, auf dem nun eine Wohnanlage entsteht. Doch ein Bereich durfte nicht bebaut werden, weil dort ein Urnenfeld ist.“ Das sei in Deutschland schlichtweg unvorstellbar. Und tatsächlich: Während ein Spanier seinen eingeäscherten Vater mit ins Stadion nimmt und man in Großbritannien die Asche Verstorbener auf dem jeweiligen Spielfeld verstreuen kann, gilt in Deutschland die Friedhofspflicht.
Also wälzte das Projektteam sämtliche Friedhofsordnungen, recherchierten zu Gedenkstätte und Fan-Feldern und fand heraus, wie unterschiedlich mit der Trauer um verstorbenen Fußballhelden oder beliebten Fans umgegangen wird. Entstanden ist eine liebevoll zusammengestellte Ausstellung, die man sich gut anschauen kann und hiermit jedem Fußball-Fan ans Herz gelegt sei. Am Vormittag zwischen 10 und 12 Uhr wird die Ausstellung auf Anfrage für größere Gruppen geöffnet, am Nachmittag stehen die Türen der Kapelle dann von 14 bis 18 Uhr für die Öffentlichkeit offen. Der Eintritt ist frei.