Nach der Länderspielpause nimmt die 59. Bundesligasaison am kommenden Wochenende so langsam Fahrt auf. Die ersten drei Spieltage sind absolviert und mit Frankfurt, Hertha, Leipzig und Mönchengladbach haben sich die ersten Krisenkinder der Saison 21/22 herauskristallisiert. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch Gewinner, welche in den kommenden Spielen ihre Leistungen und Ergebnisse bestätigen und weiter eifrig Punkte sammeln wollen. Zu diesen gehören neben den üblich Verdächtigen aus Dortmund oder München zum Beispiel Wolfsburg, Mainz, Freiburg und, man glaubt es kaum, auch der ruhm- und glorreiche 1. FC Köln.
Der Zufall beziehungsweise die Spielplangestalter wollen es nun so, dass die beiden in der Aufzählung letztgenannten Mannschaften an diesem Wochenende aufeinandertreffen. Und würden nicht parallel am Samstagnachmittag Leverkusen und Dortmund gegeneinander spielen, wäre das Auswärtsspiel der Geißböcke im Breisgau sogar das tabellarische Topspiel des Spieltags. So wird der mediale Fokus vor dem Spiel nicht ganz so stark in Freiburg liegen, dies sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass man ein spielerisch attraktives Match erwarten kann, bei dem der Gewinner endgültig von einem sehr guten Saisonstart wird sprechen können.
Baumgart stört sich an der Euphorie der Fans nicht
„Dass hier rund um den FC eine Euphorie entstanden ist, ist doch etwas Schönes“ sortierte FC-Coach Steffen Baumgart den Saisonstart mit mittlerweile schon gewohnt direkter Wortwahl ein und versuchte damit auf der Spieltagspressekonferenz anders als vor ihm Verantwortliche nicht, die positive Grundstimmung durch übertriebenes Mahnen zu drosseln und einen anschließenden Verweis auf das emotionale kölsche Umfeld zu tätigen. Im Gegenteil schob er nach: „Ich hoffe, dass wir diese Euphorie durch gute Leistungen weiter aufrechterhalten.“
Es ist diese erfrischende klare Ansprache an Medien und Fans in Kombination mit der dazu passenden Spielweise, die den 1. FC Köln in den letzten Wochen aus einer eigentlich gar nicht zu ihm passenden, aber dennoch fast schon jahrelang andauernden Lethargie befreite. Nach dem Einzug in den Europapokal im Jahr 2017 machte der „effzeh“ extrem viel falsch, stieg ab, holte falsche Trainer und grauenhafte Sportdirektoren, verbiss sich in internen Grabenkämpfen, tauschte das Präsidium gegen dessen Willen vollkommen zurecht aus, spielte finanziell Va banque, wurde durch Corona anschließend für das finanzielle Glücksspiel nicht nur bestraft, sondern um ein Haar Schach Matt gesetzt und konnte überdies auch rein spielerisch auf dem Platz eigentlich nie überzeugen, selbst wenn man in der zweiten Liga durch „Heldenfussball“ immer mal wieder einen überforderten Gegner abschoss.
Der 1. FC Köln macht wieder Spaß
Retrospektiv muss man konstatieren, dass es in den letzten Jahren selten wirklich Spaß gemacht hat, wenn man sich mit dem ersten Fussballclub Köln beschäftigte. Schickt sich Steffen Baumgart an, dem Verein seinen Optimismus zurückzugeben? Nach drei Spieltagen und einem zurechtgestolperten Sieg in der ersten Pokalrunde gegen den Viertligisten aus Jena ist es natürlich viel zu früh für ein endgültiges Urteil oder auch nur für ein Zwischenzeugnis. Fußball bleibt Tagesgeschäft und am Ende ein Ergebnissport. Bleiben diese aus, ist auch Steffen Baumgart schnell Geschichte. Und doch deuten die ersten Indikatoren vorsichtig in eine positive Richtung.
Dies ist auch dem kommenden Gegner SC Freiburg nicht verborgen geblieben. Auch wenn der Freiburger Coach Christian Streich natürlich schon immer gewusst hat, dass Baumgart und Köln ein sogenanntes perfect match sind: „Ich weiß noch, wie er als Spieler war: voll drauf, vorne rein, keine Angst vor nix, ein totales Schlitzohr. Der kann die Mannschaft begeistern und auch die Kölner Zuschauer. Als ich gehört habe, Steffen Baumgart geht zu Köln, habe ich sofort in der Trainerkabine zu den Jungs gesagt: Das passt super.“
„Wenn ich die Meter machen würde und mich so hinstellen würde wie er, dieser Sumoringer, das würden ja meine Kniegelenke gar nicht aushalten“
Christian Streich über Steffen Baumgarts Coachingstil
Ein Lob, dass Baumgart wiederum gerne zurückgab: „Du erkennst immer, dass er einen sehr guten Plan hat. Er hat einen großen Anteil am Freiburger Erfolg.“ Der 49-jährige beließ es allerdings nicht dabei, die Persönlichkeit seines Trainerkollegen zu loben, sondern ging auch auf die spielerische Stärke des kommenden Gegners ein: „Freiburg macht nicht nur mit den Punkten und dem Tabellenrang auf sich aufmerksam, sondern auch mit ihrer Leistung. Es ist eine sehr kompakte und zweikampfstarke Mannschaft. Dass sie Dortmund geschlagen haben, zeigt, was auf uns zukommt.”
Hübers fällt weiter aus, Mere startet wieder in der Innenverteidigung
Dass ihnen ihr Job derzeit Freude bereitet, merkt man Steffen Baumgart und Christian Streich an. Damit dies so bleibt, visieren sie bei aller gegenseitigen Zuneigung aber beide auch drei Punkte am Samstag an. Dabei werden sie personellen Ausfall überwinden müssen: Jonathan Schmid wird den Breisgauern auf Grund einer Coronainfektion fehlen, auch Nicolas Höfler fällt wohl weiter aus. Zusätzlich waren viele Nationalspieler bis Donnerstag noch nicht zurück in Freiburg. “Wir müssen sehen, was Sinn macht und kurzfristig entscheiden“ ließ sich Streich alle Optionen offen und bewertete die Situation damit als nicht einfach.
In Köln gibt es zwei Spieler, die definitiv ausfallen. Timo Hübers (Knieprobleme) wird ebenso noch nicht wieder dabei sein können wie auch Jan Thielmann, der noch nicht über das Aufbautraining hinausgekommen ist. Stattdessen wird neben Rafael Czichos in der Innenverteidigung wie gegen den VfL Bochum zunächst Jorge Meré auflaufen und nicht Luca Kilian, der seinen Job in der zweiten Halbzeit eigentlich souveräner machte als der Spanier. “Jorge macht das im Moment sehr gut. Er hat eine sehr gute erste Halbzeit gegen Bochum gespielt und ich sehe keinen Grund zu wechseln”, kommentierte Baumgart die Personalie Jorge Meré. Mark Uth steht wieder im Spieltagskader und trat am Freitag die Reise nach Süden ebenso an wie Torhüter Marvin Schwäbe, der wieder seinen Platz als Nummer 2 wahrnehmen kann.
Für Stimmung wird gesorgt sein, mit 10.000 Zuschauern ist das Dreisamstadion in seinem vorletzten Spiel ausverkauft, etwa 500 Fans werden den FC aus Köln begleiten. Auch direkt neben dem Platz sind durch Baumgart und Streich für Stimmung, Lautstärke und Emotionen garantiert. Die Begleitumstände für ein gutes Fußballspiel sind gegeben, und auch die Spielweise der Mannschaften dürfte dahinter kaum zurückstehen. Man kann sich wieder auf FC-Spiele freuen, und wenn die Liga diese Woche endgültig Fahrt aufnimmt, tut es vielleicht auch die Euphorie rund um die „Geißböcke“.