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Das Ziel heißt Klassenerhalt: Die Frauen des 1. FC Köln wollen raus aus dem Fahrstuhl

Die Frauen des 1. FC Köln starten als Aufsteiger in die Bundesliga-Saison, die “Geißböcke” wollen im vierten Anlauf erstmals in der Vereinsgeschichte den Klassenerhalt schaffen. Die Mannschaft von Trainer Sascha Glass scheint gerüstet zu sein für den Kampf um den Ligaverbleib.

Foto: imago images / Tobias Jenatschek

Zwei Wochen nach den Herren der Schöpfung steigen auch die Frauen des 1. FC Köln in die Bundesliga-Saison ein. Mit einem Auswärtsspiel bei der SGS Essen startet der Aufsteiger, der souverän die direkte Rückkehr in die höchste deutsche Spielklasse erreichte, in die „Mission Klassenerhalt“. Nach dem vierten Aufstieg der Vereinsgeschichte wollen die „Geißböcke“ sich endlich in der Bundesliga etablieren. Raus aus dem Fahrstuhl lautet die Devise am Geißbockheim für die Mannschaft von Trainer Sascha Glass, der seinen Vertrag vor Saisonstart bis 2025 verlängerte.

„Wir möchten in dieser Saison etwas schaffen, das uns bisher noch nie gelungen ist. Wir möchten die Klasse halten und uns anschließend Stück für Stück in der Bundesliga etablieren“, betont der FC-Coach, dessen Team im ersten Pflichtspiel der Saison zu überzeugen wusste und die Pokalhürde bei der TSG Lütter souverän mit 7:0 (3:0) nehmen konnte. „Wir sind sehr gespannt und können das erste Bundesliga-Spiel kaum erwartet. Das höre ich rund ums Geißbockheim von allen Beteiligten“, unterstreicht Nicole Bender, Sportliche Leiterin der FC-Frauen, im Gespräch mit effzeh.com die Vorfreude auf die anstehenden Aufgaben.

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Die Ausgangslage

Nach dem unglücklichen Abstieg im vergangenen Frühjahr, als das Glass-Team punktgleich mit Leverkusen und Duisburg nur aufgrund der schlechteren Tordifferenz absteigen musste, hat der 1. FC Köln die direkte Rückkehr in souveräner Manier geschafft. In der zweigleisigen 2. Bundesliga holten die „Geißböcke“ 46 von 48 möglichen Punkten und durften frühzeitig über den vierten Aufstieg der Vereinsgeschichte jubeln. Schnell galt der Fokus der Vorbereitung auf die kommende Saison, die im besten Falle mit dem erstmaligen Klassenerhalt der FC-Frauen in der Bundesliga enden soll. Alle Leistungsträgerinnen konnten gehalten werden, acht externe Neuzugänge sollen das Team in Breite und Spitze verstärken.

“Wir haben nach diesem Aufstieg gesagt, dass es der letzte ist. Dafür haben wir eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt.”

„Die Neuzugänge brauchten keine Anlaufzeit und haben sich sehr schnell in die Gruppe integriert. Das tut der Mannschaft und den Spielerinnen gleichermaßen gut“, schildert Bender einen gelungenen Integrationsprozess. In der Vorbereitung verzichteten die FC-Frauen aus eigenem Antrieb auf direkte Duelle mit der Ligakonkurrenz, absolvierten stattdessen neben Testspielen gegen unterklassige Gegnerinnen auch zwei Härtetests gegen niederländische Topteams. Gegen die PSV Eindhoven gab es eine 2:3-Niederlage, gegen den FC Twente nach 1:3-Rückstand noch ein 3:3. „Wir haben eine sehr gute Vorbereitung absolviert. Bis auf zwei Verletzungen (Jana Beuschlein und Adriana Achcinska, Anm. d. Red.) ist alles optimal gelaufen. Wir haben gut gearbeitet, die Mädels sind fit“, so Bender.

Das Saisonziel

Ob Trainer Sascha Glass, Führungsspielerinnen wie Rachel Rinast oder Verantwortliche wie Nicole Bender: Alle eint der Fokus auf das große Ziel, das die FC-Frauen in der anstehenden Spielzeit erreichen wollen. Erstmals in der Vereinsgeschichte sollen die „Geißböcke“ den Verbleib in der Bundesliga feiern dürfen. „Wir wollen alles daran setzen, die Liga zu halten. Das ist für den FC kurzfristig der wichtigste Schritt“, erklärt Bender: „Wir haben nach diesem Aufstieg gesagt, dass es der letzte ist. Dafür haben wir eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt mit erfahrenen Spielerinnen und jungen Wilden“, so die Sportliche Leiterin. Für den Frauenfußball im Verein und in Köln wäre ein Klassenerhalt Gold wert, um die Entwicklung im Hintergrund und den gestiegenen Stellenwert auch auf dem Rasen zu untermauern.

Foto: imago images / Beautiful Sports

Der Trainer

Einen größeren Vertrauensbeweis kann es zwischen Trainer und Verein eigentlich nicht geben: Noch vor dem Saisonstart verlängerte der 1. FC Köln den Vertrag mit Sascha Glass langfristig bis 2025. „Sascha ist absolut akribisch, ihn zeichnet eine große Leidenschaft für den Fußball aus und er passt mit seiner emotionalen Art sehr gut zum FC“, betont Nicole Bender, Sportliche Leiterin der FC-Frauen: „Unsere Mannschaft hat unter ihm einen deutlichen Entwicklungsschritt gemacht. Deshalb sind wir sehr glücklich, dass wir den gemeinsamen Weg mit Sascha langfristig fortsetzen. Die Zusammenarbeit ist sehr vertrauensvoll und wir haben das gemeinsame Ziel, den 1. FC Köln in der Bundesliga etablieren.“

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Dieses Ziel soll der 48 Jahre alte Berliner, der im Winter 2020 vom SC Sand zu den FC-Frauen wechselte, nun mit der Rückendeckung des Vereins in die Tat umsetzen. „Mit dem Aufstieg in die Bundesliga haben wir den ersten Schritt unserer langfristigen Planung umgesetzt, aber wir sind noch nicht am Ende unseres Weges: Wir haben hier noch viel vor. Wir wollen dafür sorgen, dass Köln mit den Frauen zu einem besonders attraktiven Fußballstandort in Deutschland wird“, unterstreicht Glass die Ambitionen der „Geißböcke“ in den kommenden Jahren. Beim FC spüre er die Unterstützung des gesamten Vereins, die Mannschaft kontinuierlich weiterzuentwickeln. Das wird auch schon für die anstehenden Aufgaben in der Bundesliga vonnöten sein.

Die Neuzugänge

Um sich den Traum vom Klassenerhalt zu erfüllen, haben die FC-Frauen personell aufgerüstet und nach dem Aufstieg gleich acht Spielerinnen verpflichtet. Die Schweizer Nationaltorhüterin Elvira Herzog kehrte nach einem Jahr in Freiburg ans Geißbockheim zurück, für die Defensive kamen Linksverteidigerin Irini Ioannidou (SGS Essen) und Myrthe Moorrees (SC Sand) von der Ligakonkurrenz nach Köln. Das Mittelfeld wurde mit Manjou Wilde (SGS Essen), Adriana Achcinska (UKS SMS Lódź) und Laura Donhauser (FC Bayern München) personell verstärkt, der Angriff mit Jana Beuschlein (TSG Hoffenheim) und der aus München ausgeliehenen Weronika Zawistowska.

“Wir waren frühzeitig mit den Spielerinnen im Kontakt und haben uns so auf jeder Position verstärken können.”

Wie in der Mannschaft insgesamt setzen die FC-Frauen auch bei den Neuzugängen auf einen Mix aus Bundesliga-Erfahrung und jugendlicher Unbekümmertheit. Einen Königstransfer möchte Bender nicht hervorheben, vielmehr sei jeder Transfer eine Verstärkung, der die Mannschaft auf unterschiedliche Art weiterbringen soll. Das gelang auch, weil die Kaderplanung bereits frühzeitig anlief: „Wir waren frühzeitig mit den Spielerinnen im Kontakt und haben uns so auf jeder Position verstärken können“, schildert Bender den Prozess, der bereits nach dem unglücklichen Abstieg im Frühjahr 2020 einsetzte. Dazu hatte der FC bereits im vergangenen Jahr eine weitere Stelle im Umfeld der Frauenmannschaft geschaffen, die das Scouting für die „Geißböcke“ übernommen hat. Auch ein Zeichen für den gestiegenen Stellenwert der FC-Frauen im Verein.

Die Schlüsselspielerinnen

Eine erfahrene Achse, ergänzt mit Tempo auf den Außen: So könnte das Planspiel bei den FC-Frauen aussehen. Coach Sascha Glass setzt im Zentrum auf ein Quartett, das bereits für die direkte Rückkehr in die Bundesliga eine entscheidende Rolle spielte. Aufstiegstorhüterin Manon Klett (24), die das Duell mit Rückkehrerin Herzog um den Platz zwischen den Pfosten zunächst für sich entscheiden konnte, gilt als eine der Besten ihrer Zunft, vor ihr soll die routinierte Kapitänin Peggy Kuznik (35) als Abwehrchefin für Ruhe und Ordnung sorgen. Im Mittelfeld zieht Sharon Beck (26) die Fäden und soll mit ihrer Kreativität für Chancen sorgen, die dann in vorderster Front Mandy Islacker (33) verwerten soll.

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Doch nicht nur auf das eingespielte Gerüst der Mannschaft wird es bei der „Mission Klassenerhalt“ ankommen. Gerade auf den Außen wollen die FC-Frauen „eine Menge Geschwindigkeit“ auf den Rasen bringt, wie es Nicole Bender beschreibt. Etablierte Kräfte wie Rachel Rinast (30) oder Eunice Beckmann (29) sind ebenso gefordert wie die „jungen Wilden“ um Alicia Gudorf (20) oder Neuzugang Zawistowska (21). Die Testspiele haben bereits in die richtige Richtung gezeigt, besonders beim Härtetest gegen den niederländischen Meister FC Twente (3:3) war schon viel von der angestrebten Spielweise zu sehen. Mutig mit dem Ball, aggressiv gegen den Ball, mit Tempo im Umschaltspiel und der nötigen Ordnung in der Defensive: Die FC-Frauen wollen sich in dieser Saison nicht verstecken.

Die Stolperfallen

Doch ein Selbstläufer ist der erstmalige Klassenerhalt trotz vieler positiver Vorzeichen nicht. Gerade das Auftaktprogramm hat es für die „Geißböcke“ in sich, nach dem Start mit dem Auswärtsspiel bei der SGS Essen kommt es für die FC-Frauen vermeintlich knüppeldick. Mit der TSG Hoffenheim (H), Eintracht Frankfurt (A), dem Meister FC Bayern München (H) und dem VfL Wolfsburg (A) bekommt es das Glass-Team direkt zu Beginn der Saison mit der Creme de la Creme der Bundesliga zu tun. „Das ist schon unglücklich, dass wir am Anfang die großen Brocken haben“, weiß Bender um das anspruchsvolle Auftaktprogramms und um die Möglichkeit eines etwaigen Fehlstarts in die Saison.

Doch habe dieser schwere Start nicht nur Nachteile, betont die Sportliche Leiterin der FC-Frauen. „Irgendwann müssen wir eh gegen alle spielen. Wir werden uns vor keinem Gegner verstecken, auch wenn es der FC Bayern oder Wolfsburg ist. Wir spielen mutig“, so die ehemalige Spielerin. Bleibt noch die Frage nach den Heimspielen: Zunächst beginnen die FC-Frauen (anders als in der vergangenen Bundesliga-Saison) im Franz-Kremer-Stadion. „Das ist unser Wohnzimmer. Im Südstadion hat es immer ein wenig was von Auswärtsspiel“, erklärt Bender. Man sei in guten Gesprächen mit dem Nachwuchsleistungszentrum und dem DFB, um Heimspiele am Geißbockheim zur Regel machen zu können. „Ich hoffe sehr, dass das klappt. Das würde ich mir wirklich wünschen.“

Die Konkurrenz

Im Kampf um den Klassenerhalt rechnet Bender derweil mit den üblichen Konkurrentinnen. Mitaufsteiger FC Carl Zeiss Jena, die genau wie die FC-Frauen den direkten Wiederaufstieg geschafft haben, seien ebenso in der Verlosung wie der SC Sand und Werder Bremen. Beide hatten in der vergangenen Saison knapp den Klassenerhalt geschafft. Neben diesem Trio haben die Verantwortlichen am Geißbockheim noch den Auftaktgegner aus Essen auf der Liste – umso wichtiger wäre daher ein Erfolg direkt zum Saisonstart. “Das sind die Mannschaften, gegen die wir punkten müssen, um die Liga zu halten“, formuliert Bender die Anspruchshaltung der FC-Frauen.

Foto: imago images / Beautiful Sports

Der Ausblick

Auffällig viel Optimismus wird vor dem Start am Geißbockheim verbreitet. Die Hausaufgaben wurden erledigt, auf dem Papier sieht der Kader sehr gut aus. Manch ein Experte traut den Kölnerinnen sogar weitaus mehr zu als lediglich den Klassenerhalt. Die FC-Frauen gelten ligaweit nicht als „normaler Aufsteiger“, sondern ob der prominenten Besetzung als ernstzunehmende Konkurrenz um höhere Weihen. Vorschusslorbeeren, die auch bei den „Geißböcken“ angekommen sind. „Davon fühlen wir uns geschmeichelt, aber wir müssen erst einmal liefern“, betont Bender. Dazu soll nun ein Mix aus routinierten Spielerinnen, die den Laden zusammenhalten, und jungen Wilden, die mutig nach vorn marschieren, beitragen.

“Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen.”

Der Klassenerhalt ist das ersehnte Ziel. Dreimal waren die FC-Frauen bisher aufgestiegen, dreimal mussten sie direkt wieder den bitteren Gang in die 2. Bundesliga antreten. Das soll nun im vierten Anlauf endlich der Vergangenheit angehören. “Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen”, sagt Rachel Rinast im Gespräch mit dfb.de und gibt sich bekannt angriffslustig. “Wir haben eine super Mannschaft. Wir werden das schaffen. Ich habe auch keinen Bock mehr auf den Spruch, dass wir zu gut für die 2. Bundesliga sind, aber zu schlecht für die 1. Bundesliga“, so die Flügelspielerin. Mit Selbstbewusstsein zum Ligaverbleib: Es sieht gut aus für die FC-Frauen, endlich aus dem Fahrstuhl aussteigen zu können.

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