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Der 1. FC Köln nach der Vorbereitung: Ohne Härtetest Richtung Saisonstart

Der 1. FC Köln gibt vor dem Auftakt der anstehenden Spielzeit noch Rätsel auf. Ohne ernstzunehmenden Härtetest gingen die “Geißböcke” ungeschlagen durch die Vorbereitung, doch wie es um die Form des Baumgart-Teams wirklich bestellt sein dürfte, wurde auf dem Weg zum Saisonstart nicht deutlich.

Foto: imago images / Eduard Bopp

Kaum war der abschließende Test des 1. FC Köln gegen Roda Kerkrade abgepfiffen, da begannen schon die wilden Diskussionen: Was das 1:1 gegen den niederländischen Zweitligisten, das sich die „Geißböcke“ erst durch einen späten Treffer des jungen Tim Lemperle verdient hatten, wert ist. Als „okay“ ordnete Trainer Steffen Baumgart das Ergebnis in der Generalprobe, die ihren Namen nicht so recht verdient hatte, ein – bemängelte aber sowohl das Verhalten in der Offensive als auch im Rückwärtsgang.

Keine Niederlage in sechs Testspielen, dennoch noch viel Arbeit vor sich: So könnte es zum Abschluss der Vorbereitung auf die anstehende Bundesliga-Saison formuliert werden. In sämtlichen Bereichen ist beim 1. FC Köln noch Luft nach oben, die „Mission Klassenerhalt“ für den finanziell angeschlagenen Traditionsverein dürfte angesichts der Eindrücke aus den vergangenen vier Wochen schwierig werden. Die „Geißböcke“ sind unter ihrem neuen Coach noch sichtlich im Transformationsprozess – ohne allerdings genau zu wissen, wo sie stehen.

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Wie lief die Vorbereitung?

Der Weg ist das Ziel – das gilt auch für eine Saisonvorbereitung. Oder besser gesagt: Es sind die Erlebnisse und Fortschritte, die auf der Suche nach der passenden Form in der Sommerpause wichtiger sind als die Ergebnisse. Ja, der FC ist ungeschlagen geblieben auf dem Weg zum Bundesliga-Start. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die „Geißböcke“ sind richtigen Härtetests aus dem Weg gegangen. Eine C-Elf des FC Bayern, Zweitligisten aus dem Ausland, deutsche Dritt- und Viertligisten – klare Standortbestimmungen, in der Vorbereitung eh immer schwierig zu bewerten, sehen definitiv anders aus.

“Das 1:1 ist okay, aber es war mehr drin. Wir müssen uns anschauen, woran es lag und was wir besser machen können.”

Mehr Wert wurde darauf gelegt, die von Steffen Baumgart propagierte Spielweise einzuschleifen und die dafür notwendige Fitness zu erarbeiten. Aktiv, aggressiv und unangenehm für den Gegner: So will der neue Trainer der „Geißböcke“ seine Schützlinge auf dem Platz sehen. Knüppelhart sei die Vorbereitung gewesen, Baumgart verlange den Spielern körperlich viel ab. Etwas, das gefühlt in jedem Trainingslager auf dem Weg zur neuen Saison gesagt wird. Aber auch etwas, das die Eindrücke aus den vergangenen Wochen widerspiegeln. Die Stimmung ist rund um das Geißbockheim gut: Mit Spaß und Konzentration wurde an der Form gefeilt – ob das jedoch ausreicht? Ohne ernstzunehmenden Stresstest bleibt nur das Abwarten.

Was funktioniert bereits gut?

Die Mannschaft zieht hervorragend mit, setzt den Baumgart’schen Spielstil schon phasenweise gut um. Wie dieser Fußball dann aussehen kann, konnten die „Geißböcke“ zumindest in Ansätzen auf den Platz bringen. Durch aggressives Pressing erobert der FC in diesen Situationen viele Bälle, größtenteils sogar weit in der gegnerischen Hälfte. Das sorgt dafür, dass die Wege zum Tor kurz gehalten werden können. Und dass die Konkurrenz wenig Zeit zum Luft holen hat. Und dass das Geschehen damit weit vom eigenen Kasten weg bleibt. Und das ist keine schlechte Neuigkeit, war die Defensive doch in der vergangenen Saison die Achillesferse der Kölner.

Foto: imago images / Pro Shots

Apropos Achillesfersen: Von Verletzungspech ist das Baumgart-Team in der Vorbereitung größtenteils verschont geblieben. Trotz des erhöhten Engagements sind die „Geißböcke“ fit geblieben und konnten (bis auf Sturm-Sorgenkind Sebastian Andersson) das erforderliche Pensum unbedrängt abspulen. Auch Spieler wie Ondrej Duda oder Ellyes Skhiri, die aufgrund von Länderspielverpflichtungen später dazu stießen, konnten den kleinen Fitnessrückstand schnell aufholen. Gerade im Vergleich zur Vorsaison, als tragende Säulen wie Florian Kainz, Jonas Hector oder eben Andersson lange ausfielen, kann das ein Faustpfand für den FC werden.

Wo ist noch Luft nach oben?

Im Grunde überall. Denn die Spielweise, die Steffen Baumgart vorschwebt, sie erfordert Aufmerksamkeit und Intensität über den gesamten Platz. Wird in vorderster Front nicht aggressiv verteidigt, bekommt die Abwehrreihe dahinter den Druck des Gegners massiv zu spüren. Dasselbe gilt für das Umschaltspiel: Erobert der FC in den entscheidenden Räumen durch aktive Zweikampfführung die entsprechenden Bälle nicht, dann sieht es auf dem Weg nach vorne düster aus. Die fehlende individuelle Qualität im Kader: Die „Geißböcke“ können sie nur im Kollektiv wettmachen. Der Gegner muss in jeder Aktion auf dem Platz spüren, dass es ihm nicht leicht gemacht wird.

Das alles gelingt dem Baumgart-Team bislang nur streckenweise, selbst gegen unterklassige Gegner. Offensiv wie defensiv sucht der FC noch nach der Idealformation, es wurde in der Vorbereitung viel rotiert und viel ausprobiert. Darüber hinaus schmeckt den in der Vergangenheit eher passiv agierenden „Geißböcken“ die Rolle, selbst etwas mehr Initiative übernehmen zu müssen, überhaupt nicht. So ist es kaum verwunderlich, dass trotz der eher schwächeren Vorbereitungsgegner nur gegen Fortuna Köln ein klarerer Erfolg herausgeschossen werden konnte. Anfällig hinten, noch nicht überzeugend vorne: Vom „Testspielmeister“, den manche aufgrund der Ergebnisse gesehen haben wollen, ist der Baumgart-FC noch weit entfernt.

Wer konnte überzeugen?

Einen klaren Gewinner der Vorbereitung gibt es nicht – auch, weil in den Testspielen viel gewechselt wurde, viele unterschiedliche Personalien auf den Prüfstand gestellt wurden. Klar ist: Salih Özcan hat unter Steffen Baumgart ein deutlich besseres Standing als zuletzt, kommt praktisch als Go-To-Guy im zentralen Mittelfeld daher. Ob sich dieses Selbstbewusstsein auch in der Bundesliga zeigen wird, bleibt abzuwarten. Das gilt auch für Anthony Modeste, der die Vorbereitung beschwerdefrei durchziehen konnte und daher fitter als noch in den Vorjahren daher kommt. Ob der Torjäger a.D. auch nur ansatzweise an seine frühere Glanzform anknüpfen kann? Ebenso fraglich wie seine Eignung für das laufintensive Spiel, das der FC auf den Platz bringen will.

Foto: imago images / Eduard Bopp

In der zweiten Reihe haben sich zwei Namen in den Vordergrund gespielt, die in der vergangenen Saison ausgeliehen waren. Kingsley Schindler konnte seine erneute Chance beim FC offensichtlich nutzen, ist auf der rechten Seite ob seiner Athletik und seiner Vielseitigkeit ein Puzzlestück im Kölner Kader. Das gilt auch für den tschechischen Mittelfeld-Youngster Tomas Ostrak, der in der Nachwuchsabteilung der „Geißböcke“ ausgebildet wurde und in den vergangenen beiden Spielzeiten ausgeliehen waren. Wie groß ihre Spielzeiten in Zukunft sein werden? Vermutlich nicht allzu groß angesichts der quantitativ immer noch zu üppig besetzten Truppe am Geißbockheim. Spieler wie Rückkehrer Mark Uth oder Florian Kainz, die ihre Klasse auch in dieser Vorbereitung nachgewiesen haben, dürften deutlich die Nase vorn haben.

Wo steht der 1. FC Köln nun?

Die wichtigste, aber auch schwierigste Frage nach diesem Sommer. Die millionenschweren Abgänge von Abwehrchef Sebastiaan Bornauw (VfL Wolfsburg) und Ismail Jakobs (AS Monaco) müssen bisher nahezu ausschließlich mit Bordmitteln aufgefangen werden. Kein leichtes Unterfangen, das sich bei einem Transfer von Mittelfeld-Dauerläufer Ellyes Skhiri noch schwieriger gestalten würde. Die Mannschaft, die den Klassenerhalt in der vergangenen Saison erst in der Relegation sicherstellen konnte, wurde im Grunde nur durch Mark Uth verstärkt. Auf einer Position, die mit Ondrej Duda schon für Kölner Verhältnisse überdurchschnittlich besetzt ist. Es braucht beim FC schon viel Fantasie, sich mehr als knallharter Abstiegskampf vorzustellen.

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Für diese Fantasie sorgt allerdings der Trainer, der mit seinen markigen Sprüchen und seiner offensiven Herangehensweise in Köln die Herzen der Fans im Sturm erobert hat. Steffen Baumgart, so viel kann bereits gesagt werden, ist angekommen beim FC. Nun muss sich das, was er außerhalb des Platzes darstellt, auch auf dem Rasen widerspiegeln. Diese Entwicklung, die die Mannschaft dafür nehmen muss, wird nicht von heute auf morgen geschehen, sie wird Geduld und Glück brauchen. Bekommen die „Geißböcke“ das zu spüren und feiern Erfolgserlebnisse zum richtigen Zeitpunkt, dann könnte zumindest das Saisonziel ein realistisches sein. Auch wenn Steffen Baumgart nach eigenen Aussagen nicht nach Köln gekommen ist, um ausschließlich um den Klassenerhalt zu spielen.

Wie könnte die Startformation aussehen?

Aufstellung: buildlineup.com

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