Kurz vor dem Start in die neue Bundesliga-Saison schlug der 1. FC Köln nochmals auf dem Transfermarkt zu: Tolu Arokodare heißt der neue Stürmer für die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol, der 19 Jahre alte Nigerianer stößt auf Leihbasis für die laufende Spielzeit vom lettischen Erstligisten Valmiera FC zu den “Geißböcken”. Ein Wechsel, der in Köln für Erstaunen sorgte, hatte den Angreifer aus dem Baltikum, der mit der Empfehlung von 15 Saisontoren aus 16 Ligaspielen ans Geißbockheim kommt, doch so recht niemand auf dem Schirm als Verstärkungen für die dünn besetzte FC-Offensive.
Für viele rund um den 1. FC Köln dürfte der torgefährliche Mittelstürmer ein komplett unbeschriebenes Blatt sein, zumal die lettische Virsliga kaum im Fokus fußballinteressierter Beobachter steht. Wir haben uns deshalb einmal umgehört und einen Valmiera-Fan zum Interview gebeten. Nick, leidenschaftlicher Fan seines Heimatteams, erklärt uns, welche Stärken und Schwächen der Neuzugang des 1. FC Köln hat, weshalb der Wechsel zum RSC Anderlecht scheiterte und warum Arokodare seines Erachtens als Typ perfekt zum FC passt.
Nick, die Verpflichtung von Tolu Akorodare durch den 1. FC Köln kam für viele Fans und Beobachter des Vereins komplett überraschend. Hat dich dieser Wechsel auch so kalt erwischt wie uns?
Nein, nicht wirklich. Wir wussten, dass Tolu den Verein verlassen will und wohl auch noch in diesem Sommer verlassen wird. Eine Menge starker und prominenter Clubs war an ihm interessiert, mit Anderlecht war er sich sogar schon einig und wollte nach Belgien wechseln. Daher kam der Transfer nach Köln nun nicht sonderlich überraschend.
“Eine Menge starker und prominenter Clubs war an ihm interessiert, mit Anderlecht war er sich sogar schon einig. Daher kam der Abschied nach Köln nun nicht sonderlich überraschend!”
Wir müssen eingestehen: Über den lettischen Fußball wissen wir – abseits von Artjoms Rudnevs – nicht sonderlich viel hier in Köln und in Deutschland generell. Tolu ist für uns daher bis auf seine Torbilanz ein komplett unbeschriebenes Blatt: Beschreib uns unseren Sturmneuzugang doch einmal!
Tolu ist unfassbar gut im Kopfballspiel. Mit seinen 1,97 Meter Körpergröße und seiner Athletik gewinnt er viele seiner Luftzweikämpfe. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass er im Aufbauspiel von seinen Mitspielern immer wieder gesucht wurde, um den Ball zu verwerten und zu verteilen. Aber seine Bilanz zeigt auch: Nicht nur mit dem Kopf ist Tolu torgefährlich, auch sein Schuss kann sich sehen lassen.
https://twitter.com/valmierafc/status/1307627312020631552
Was sind sonst seine Stärken, wo muss er sich verbessern? Denkst du, dass Tolu schon bereit ist für die Bundesliga?
Er ist noch sehr jung und daher auch noch nicht allzu erfahren. Vielleicht ist Tolu deswegen vom Kopf her noch nicht komplett bereit für die neue Aufgabe, aber er ist mental stark und arbeitet immer hart an sich. Körperlich ist Tolu enorm fit, schließlich kommt er aus dem laufenden Spielbetrieb in Lettland – Valmiera spielte darüber hinaus zuletzt mit frühem Pressing, er musste dabei viel laufen. Dazu ist er ein aufgeschlossener Kerl, findet schnell Anschluss und Freunde bei einem neuen Club. Er sollte daher bereit sein für den FC!
15 Tore in 16 Spielen in dieser Saison: Das klingt sehr eindrucksvoll. Allerdings haben wir keine Ahnung, wie es um das spielerische Niveau der lettischen Liga bestellt ist. Auf welchem Level ist der Fußball bei euch – gerade im Vergleich zum deutschen?
Natürlich kann man das schlecht vergleichen, der lettische Fußball ist definitiv bei weitem nicht so gut wie der deutsche. Aber: In den letzten Jahren kommt mehr und mehr gute Spieler aus dem Ausland nach Lettland in die Virsliga, die auch international im Fokus stehen. Spartaks verkaufte beispielsweise in diesem Sommer Gabriel Charpentier an den FC Genua 1893 in die Serie A. Ich bin mir sicher, dass wir auch in Zukunft weitere Transfers aus Lettland in die europäischen Top-5-Ligen sehen werden.
“Der lettische Fußball ist definitiv bei weitem nicht so gut wie der deutsche. Aber: In den letzten Jahren kommt mehr und mehr gute Spieler aus dem Ausland nach Lettland in die Virsliga, die auch international im Fokus stehen.”
Du hattest das Interesse vom RSC Anderlecht bereits angesprochen: Tolu Arokodare streikte sogar, um einen Transfer nach Belgien zu erzwingen. Warum platzte der Deal zwischen Valmiera und Anderlecht dann dennoch?
Am Ende scheiterte es wie so oft am Geld. Anderlecht wollte 1,5 Millionen Euro zahlen, das war zu wenig aus Valmieras Sicht. Tolus Agent hat ihm dann eingeflüstert, dass es an der Zeit wäre, zu einem besseren Club zu wechseln, und dass er nicht mehr trainieren und nicht mehr spielen solle. Aber er hatte bei seinem Wechsel nach Valmiera einen Fünfjahresvertrag unterschrieben, der zu diesem Zeitpunkt noch dreieinhalb Jahre lief. Also: Kein Wechsel. Tolu bat um Entschuldigung, kam wieder zum Training und spielte auch wieder.
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Waren die Fans sauer auf ihn und sein Verhalten? Was denken die Valmiera-Anhänger über seinen Wechsel nach Deutschland zum 1. FC Köln?
Niemand hier ist sauer auf Tolu. Er hat 22 Tore für uns erzielt und uns Fans damit großartige Erinnerungen und Emotionen geschenkt. Wir sind alle extrem glücklich, dass er nun in der Bundesliga spielt. Und wir hoffen natürlich, dass er viele Tore für den FC schießt und unserem Verein viel Geld einbringt.
Abseits des Platzes: Was für ein Typ ist Tolu Akorodare? Er scheint auf den ersten Blick ein ziemlich relaxter, witziger Kerl zu sein.
Ich lebe in Valmiera und spiele hier auch im Amateurbereich Fußball – deshalb habe ich manchmal getroffen, weil er sich andere Spiele anschaute. Wann immer jemand ein Foto mit ihm machen wollte, war er dazu bereit, nahm sich immer Zeit für einen, wenn man sich auf der Straße traf, und beantwortete alle Fragen. Ein richtig witziger Typ – ich denke, er passt perfekt zum 1. FC Köln!
Über unseren Interviewpartner: In Valmiera zuhause ist Nick leidenschaftlicher Fan seines Heimatteams Valmiera FC, bei dem Tolu Arokodare in den vergangenen anderthalb Jahren spielte, und interessierter Beobachter der internationalen Fußballszene. Auf Twitter findet ihr ihn unter @futbolafans.