Zunächst sah für den 1. FC Köln alles nach einem „normalen“ Auswärtsspiel in Freiburg aus: Ein eigenes Tor wurde dank Videobeweis aberkannt und quasi in der nächsten Spielszene versenken die “Geißböcke” den Ball im eigenen Tor. Normalerweise hätte Freiburg irgendwann noch das 2:0 gemacht und die Kölner wären – mal wieder frustriert und ohne Punkte im Gepäck – nach Hause gefahren. Wie so oft in den letzten 23 Jahren. Diese kleine Ewigkeit war es her, dass der 1. FC Köln zuletzt im Breisgau gewonnen hat. Bis gestern.
Denn statt sich dem Schicksal zu fügen, das sich in der ersten Halbzeit durch das anhaltende Unglück namens Videoschiedsrichter angedeutet hatte, mobilisierte die Elf von Trainer Achim Beierlorzer im zweiten Durchgang neue Energien und schnappte sich durch Tore von Anthony Modeste (52.) und Ellyes Skhiri (90.+2) doch noch den angesichts des Spielplans so wichtigen Dreier.
Nach der Länderspielpause trifft der FC zunächst im Derby auf Borussia Mönchengladbach, dann geht es gegen den FC Bayern – die Wahrscheinlichkeit nach fünf Spielen mit null Punkten war ebenso greifbar wie die Erinnerung an die letzte Abstiegssaison, die mit ähnlich wenig Erfolgsmomenten begann. Beide Szenarien konnten die „Geißböcke“ nun mit dem starken Auftritt im Breisgau abwenden.
Nackenschläge weggesteckt, Auswärtssieg eingefahren
„Wir haben Nackenschläge bekommen, aber uns dann gesagt: Lass uns mal eins machen und dann sehen, was geht“, erklärte Dominick Drexler den Kölner Schlachtplan nach der Partie. „Jonas Hector hat schon in der Pause vorgegeben, dass wir gewinnen wollen.“ Die Vorgabe des Kölner Kapitän stieß offenbar auf offene Ohren. Der FC startete gut in den zweiten Durchgang und belohnte sich mit einem Kopfballtor von Anthony Modeste schnell für den Aufwand. Für den Franzosen war es das lang ersehnte erste Saisontor.
Endlich wieder der typische Modeste-Jubel | Foto: Simon Hofmann/Bongarts/Getty Images
„Ich weiß, dass ich es kann, ich glaube an mich“, ordnete der Sturmstar seinen Treffer nüchtern ein und konzentrierte sich auf die Hauptsache: „Es ist wichtig, vor der Länderspielpause gepunktet zu haben. Sonst wäre das Kopfkino losgegangen.“ Der Franzose kennt Köln und die Mechanismen rund um den Club mittlerweile zu genüge – und wusste die Bedeutung dieser drei Punkte daher gut einzuschätzen.
Das dürfte Neuzugang Skhiri derweil noch nicht ganz so leicht fallen. Der Mittelfeldmann stieg erst spät in der Vorbereitung ins Mannschaftstraining ein und befindet sich noch in der Kennenlernphase bei seinem neuen Club. Fußballerisch ist der Tunesier jedoch bereits jetzt eine absolute Bereicherung für den 1. FC Köln. Saubere Pässe, gute Zweikämpfe, starkes Stellungsspiel und trotz der Position im defensiven Mittelfeld auf einmal drei Scorerpunkte auf dem Konto – und damit mehr als alle anderen Kölner Profis in dieser Saison bisher.
Skhiris Kraftakt bringt den Sieg
Bereits gegen Dortmund hatte Skhiri in der Vorwoche eine Vorlage beigesteuert, gegen Freiburg erhöhte der 24-Jährige prompt um einen weiteren Assist und sein erstes Bundesliga-Tor. Und was für eins das war! „Der hat lange Beine, der kann das – das wusste ich”, sollte Teamkollege Modeste später den beeindruckenden Sololauf des Tunesiers kommentieren.
„Der hat lange Beine, der kann das – das wusste ich”
Kurz hinter der Mittellinie bekam Skhiri in der 92. Spielminute den Ball – und war dann einfach nicht mehr aufzuhalten. Der 24-Jährige ließ mehrere Freiburger alt aussehen und nutzte die löchrige Verteidigung der Gastgeber für einen Sololauf, der erst mit einem saftigen Schuss ins Kölner Glück enden sollte. “Es war schwer, am Ende noch mal die Kräfte zu mobilisieren”, sagte der Torschütze später über seinen Kraftakt bei sommerlichen Temperaturen. “Aber wenn das Team davon profitiert, dann mache ich das gern.”
Das tut es zweifellos – die ersten drei Punkte auf dem Konto zu haben, ist nicht nur in der konkreten Situation beruhigend, sondern vertreibt auch die dunklen Erinnerungen bei so manchem Kölner an sieglose Bundesliga-Monate und eine Kölner Mannschaft im freien Fall. Ein solcher Niedergang – das hat die Mannschaft in Freiburg unterstrichen – soll nicht noch einmal vorkommen. “Ich bin überglücklich, dass wir das Spiel nach dem Rückstand noch drehen konnten“, zeigte sich auch Trainer Beierlorzer nach dem Auswärtssieg erleichtert. „Die Mentalität der Mannschaft war überragend. Es war sehr wichtig, dass wir mit dem ersten Sieg im Rücken in die Länderspielpause gehen.” Gladbach kann also kommen.