Endlos lang scheint es her, als der 1. FC Köln in einem Pflichtspiel Fußball spielen durfte. Am 19. Mai verabschiedeten sich die „Geißböcke“ mit einem 1:1 beim 1. FC Magdeburg (hoffentlich für immer) aus der 2. Bundesliga. Eine schier nicht enden wollende Sommerpause später steht für den effzeh Mitte August der Auftakt in die neue Saison auf dem Programm: Im DFB-Pokal bekommt es die Mannschaft des neuen Trainers Achim Beierlorzer am späten Sonntagnachmittag mit dem Zweitliga-Aufsteiger SV Wehen Wiesbaden zu tun. Die Wochenenden haben nun also Hennes sei Dank wieder einen Sinn – endlich wieder Fußball, endlich wieder FC!
Es ist der erste Stresstest für den neuen 1. FC Köln, der in dieser Saison in der Bundesliga den Klassenerhalt anvisiert. Dafür haben die Kölner ordentlich investiert, gleich fünf millionenschwere Neuzugänge ans Geißbockheim geholt: Kingsley Ehizibue und Sebastiaan Bornauw sollen die in der vergangenen Saison wackligen FC-Defensive stabilisieren, Birger Verstraete und Ellyes Skhiri sind Hoffnungsträger für die Schaltzentrale der „Geißböcke“ und Kingsley Schindler ist mit seiner Dynamik auf der Außenbahn ein neues Element im Spiel des Aufsteigers, der für den Pflichtspiel-Auftakt wohl eine der schwierigeren Aufgaben erwischt hat.
Nur vier Zweitligisten (die drei Aufsteiger und der letztjährige Tabellen-15. SV Sandhausen) waren im Amateurtopf – der 1. FC Köln bekam einen Gegner aus diesem Quartett zugelost. „Es gibt in der ersten Runde fast kein schwereres Los als einen Zweitligisten. Es hätte sicher einfachere Gegner gegeben. Wiesbaden ist ein Gegner, bei dem wir mehr als gefordert sein werden“, betonte auch FC-Sportgeschäftsführer Armin Veh in der abschließenden Pressekonferenz vor der Partie.
Wehen Wiesbaden mit Fehlstart in der 2. Bundesliga
Denn: Während es für die „Geißböcke“ das erste Pflichtspiel in der Saison sein wird, sind die Gastgeber bereits im Ligarhythmus angekommen. Nach dem überraschenden Aufstieg, der in der Relegation gegen den FC Ingolstadt perfekt gemacht wurde, haben die Hessen schon zwei Partien in der 2. Bundesliga in den Beinen. Diese gingen allerdings für die Mannschaft von Trainer Rüdiger Rehm verloren – einem 1:2 zum Auftakt gegen Mitaufsteiger Karlsruhe folgte ein 2:3 bei Erzgebirge Aue. Null Punkte zum Start: Das dürfte die Motivation des SVWW noch einmal anstacheln.
“Sie werden uns einiges abverlangen. Wir müssen mit unserer Qualität dagegen halten.”
„Dass sie zuletzt zweimal mit einem Tor Unterschied verloren haben, macht die Situation nicht einfacher und nicht schwerer“, gab sich effzeh-Coach Beierlorzer vor der Partie gelassen. Das Ziel ist für sein Team eh völlig klar: „Wir wollen uns durchsetzen. Wir müssen mit voller Energie und Selbstbewusstsein in das Spiel gehen und das können wir nach der Vorbereitung auch“, betont der neue Trainer der „Geißböcke“, der sich auf einen Pokalfight gegen den Zweitligisten einstellt: „Wir freuen uns auf Wehen Wiesbaden. Sie werden uns einiges abverlangen. Wehen hat pfeilschnelle Spieler. Vorne drin ist da richtig Power. Wir müssen mit unserer Qualität dagegen halten. Wir sind guter Dinge, dass wir in die zweite Runde einziehen.“
Vor zwölf Jahren zuletzt ausgeschieden – und gegen den SVWW verloren
Das ist dem 1. FC Köln zuletzt in beeindruckender Konstanz gelungen: Seit zwölf Jahren sind die „Geißböcke“ nicht mehr an der Auftakthürde im DFB-Pokal gescheitert. Das letzte peinliche Aus in der ersten Pokalrunde datiert aus der Saison 2007/08 – damals verlor die als haushoher Favorit in die Partie gegangenen Kölnern bei den Amateuren von Werder Bremen. Und das trotz einer eigentlich beruhigenden 2:0-Führung, die Milivoje Novakovic und Nemanja Vucicevic früh in der Begegnung herausgeschossen hatte. Doch zwei Treffer von Martin Harnik brachte die Regionalliga-Reserve der Hanseaten in die Verlängerung, wo sich der Außenseiter letztlich mit 4:2 durchsetzen konnte.
Eine Blamage sondergleichen für den damals für den Bundesliga-Aufstieg hochgerüsteten Gäste, die auf dem Platz 11 in Bremen nicht zum letzten Mal in dieser Saison kollabieren sollten. Denn auch in der damaligen Spielzeit stand ein Auswärtsspiel beim SV Wehen Wiesbaden, die damals ihre Heimspiele allerdings im Frankfurter Waldstadion austrugen, auf dem Programm. Die etwas mehr als 12.000 Zuschauer, die sich im spärlich gefüllten Rund in der Bankenmetropole verirrten, bekamen Historisches zu sehen: Früh gingen die favorisierten „Geißböcke“ durch Youssef Mohamad und Milivoje Novakovic komfortabel in Führung, doch der Außenseiter drehte auf.
Vor allem aber drehte ein Angreifer des SV Wehen Wiesbaden auf, dessen Name sich für immer in den Frontallappen jedes anwesenden effzeh-Fans gebrannt hat. Lediglich sieben Minuten brauchte Ronny König (RONNY KÖNIG! RONNY KÖNIG!! RONNY KÖNIG!!!), um die Partie zu drehen. Der damals schnellste Hattrick in der Geschichte der eingleisigen 2. Bundesliga. Am Ende stand eine peinliche 3:4-Niederlage für den großen 1. FC Köln beim kleinen SV Wehen Wiesbaden zu Buche.
“Es steht uns ein absolutes Highlight bevor”
Auch diesmal sind die Rollen klar verteilt: Die hessischen Gastgeber gehen als Underdog in die Partie, während der Bundesliga-Aufsteiger aus Köln der haushohe Favorit ist. “Natürlich sind wir der Außenseiter und klar müssen wir uns auf den Gegner einstellen. Aber in erster Linie schauen wir auf uns. Ich bin überzeugt: Wenn wir jede Fläche beackern und kämpfen, dann können wir auch erfolgreich sein.”, gibt sich Wehens Kapitän Sebastian Mrowca kämpferisch.
“Es steht uns ein absolutes Highlight bevor. Wir brauchen einen extrem guten Tag!”
Das sieht auch sein Trainer so: „Es steht uns ein absolutes Highlight bevor. Wir brauchen einen extrem guten Tag, das ist aber nichts neues für uns. Wir haben die Fähigkeiten, den Gegner vor Probleme zu stellen und zu bearbeiten“, sagt SVWW-Cheftrainer Rüdiger Rehm vor dem Duell in der ausverkauften Brita-Arena in Wiesbaden, die den 1. FC Köln erstmals zu einem Pflichtspiel begrüßen darf. „Daraus können die Jungs Kraft schöpfen. Diesen Moment wollen wir nutzen, um wieder in die Spur zu finden. Wenn wir die 2. Halbzeit von Aue auf den Platz bringen, dann haben wir auch Chancen, am Sonntag weiterzukommen.“
Volle Kapelle beim 1. FC Köln
Chancen, die der 1. FC Köln am späten Sonntagnachmittag limitieren will. Bei der Aufgabe kann effzeh-Coach Achim Beierlorzer nahezu auf seinen kompletten Kader bauen – neben den verletzten Christian Clemens, Marcel Risse, Noah Katterbach und Ismail Jakobs müssen die „Geißböcke“ nur auf Neuzugang Ellyes Skhiri, der nach seiner Afrika-Cup-Teilnahme noch bis Montag im Urlaub weilt, verzichten. Für einen weiteren Neuen dürfte die Partie derweil zu früh kommen: Sebastiaan Bornauw, der seit Donnerstag mit dem Team trainiert, steht zwar im Kader, ein Startelf-Einsatz ist allerdings sehr unwahrscheinlich.
Volle Kapelle beim 1. FC Köln – das heißt auch: Beierlorzer hat die Auswahl aus einem mittlerweile breiten Kader. Offensivyoungster Darko Churlinov beispielsweise musste trotz überzeugender Vorbereitung zuhause bleiben. „Es wird schwer, sich für die Spieler zu entscheiden. Aber das ist auch gut so. Denn wir wissen, dass wir diese Breite und Qualität im Kader brauchen“, ist Beierlorzer froh über die große Auswahl. „Lieber habe ich schwere Entscheidungen zu treffen, als dass sie mir diktiert werden. Ich habe großes Vertrauen in die Qualität unserer Mannschaft und die Art und Weise, wie wir auftreten werden“, so der effzeh-Coach vor seinem Pflichtspiel-Debüt für die Kölner: „Jetzt geht es um was. Man merkt auch bei der Mannschaft: Das Prickeln wird stärker.“
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Es scheint, als könne die neue Saison endlich losgehen für den 1. FC Köln. Vor Ronny König brauchen sich die “Geißböcke” dabei nicht zu fürchten: Der kopfballstarke Angreifer, der einst einen Nachmittag in Frankfurt zum Albtraum werden ließ, stürmt schon seit 2009 nicht mehr für den SV Wehen Wiesbaden. Nach Stationen in Oberhausen, Aue, Darmstadt und Chemnitz ist König nun für den FSV Zwickau am Ball. Und eines das ist klar: Auf die Sachsen kann der effzeh in dieser Saison nicht in einem Pflichtspiel treffen.