Kurz vor Ende seiner ersten Pressekonferenz als Cheftrainer des 1. FC Köln kam André Pawlak nochmals auf die U21 der „Geißböcke“ zu sprechen. Ein paar warme Worte werde es im Anschluss noch geben bei der Verabschiedung, zu der der 48-Jährige bis dato keine Zeit hatte. Zu schnell ging seine Beförderung vom Übungsleiter der Regionalliga-Reserve zum Verantwortlichen der Profimannschaft, die in den letzten drei Saisonspielen der 2. Bundesliga den Aufstieg perfekt machen soll.
Nach dem 3:0-Erfolg seiner Schützlinge bat FC-Sportgeschäftsführer Armin Veh zum Gespräch. „Ich musste nicht lange überlegen. Ich freue mich über das Vertrauen“, erklärte Pawlak bei seiner Vorstellung. Vertrauen, das der Verein nicht mehr in Markus Anfangs Fähigkeiten hatte. Trotz Tabellenführung, trotz nahender Rückkehr in die Bundesliga. Wegen einer erneuten Durststrecke, die sich auch in der Stimmung im Verein niederschlug. Wegen schwankender Leistungen, die zuletzt nur noch einem Abwärtstrend folgten. Wegen eines nicht mehr als intakt zu bezeichnenden Verhältnisses zwischen Team und Trainer.
Veh: “Die Entscheidung war notwendig”
„Auch wenn außerhalb Kölns vielleicht niemand verstehen kann, dass man als Tabellenerster einen Trainer entlässt. Aber für uns war es eine Notwendigkeit und wir haben uns das reiflich überlegt. Das ist keine Entscheidung, die man leichtfertig trifft. Auch wenn ich sie nicht gerne getroffen habe, war sie notwendig“, verteidigte Veh die Maßnahme, die nicht überall auf Zustimmung traf. Zu den Gründen für die Trennung von Anfang äußerte sich der einstige Meistercoach nur spärlich – immer wieder verwies der FC-Sportchef auf interne Gespräche, die er öffentlich nicht preisgeben wolle.
Kritik gibt es allerhöchstens zwischen den Zeilen. Eine Krise zu viel sei es am Ende gewesen, das habe den Ausschlag gegeben. Veh galt trotz öffentlichem Lobs nie als Anfang-Freund, bei der Inthronisation des Augsburgers im Dezember 2017 soll bei den Vereinsverantwortlichen die Entscheidung für die Kieler Erfolgscoach bereits gefallen gewesen sein. Dennoch: Für die sportliche Führung des Clubs war die Entlassung eine Niederlage: Große Hoffnungen hatten sie in Anfang gesetzt, der fußballerisch einen neuen Stil ans Geißbockheim bringen sollte.
Dieser Plan scheiterte allerdings krachend – zu instabil hatte sich die Anfang-Elf über die komplette Saison präsentiert, defensiv schwach und launisch, dazu kamen atmosphärische Störungen innerhalb der Mannschaft und zwischen Spielern und Trainerteam. Am Ende sahen die „Geißböcke“ sogar das Erreichen des Saisonziels gefährdet. Zwar liegt der effzeh immer noch souverän an der Tabellenspitze, hat aber seit vier Spielen keinen Sieg mehr eingefahren.
Mit klaren Abläufen zum Saisonziel
Die sicher geglaubte Rückkehr in die Bundesliga scheint zumindest ansatzweise in Gefahr. „Es heißt immer, wir seien schon sicher aufgestiegen. Da bin ich anderer Meinung. Ich habe schon viele Dinge erlebt im Sport. Wir dürfen da nicht leichtfertig rangehen. Wir müssen mindestens noch ein Spiel gewinnen“, betont Veh deshalb.
“Es gilt jetzt, die Köpfe wieder freizukriegen. Wir sind dafür da, die Mannschaft wieder zurück in die Erfolgsspur zu bringen.”
Ein Sieg muss her – und den soll das verunsicherte Team mit André Pawlak an der Seitenlinie erreichen. Einfache und klare Abläufe, Spaß und Freude im Training, viel reden: Das sind die Aufgaben, die der 48-Jährige im Verbund mit Chefscout Manfred Schmid nun angehen will. „Nach vier Spielen ohne Sieg gilt es jetzt, die Köpfe wieder freizukriegen und in die Jungs reinzuhören. Manni Schmid und ich sind dafür da, um die Mannschaft jetzt wieder zurück in die Erfolgsspur zu bringen“, sieht der bisherige U21-Coach vor allem die mentale Komponente als besonders wichtig an.
Erstes #effzeh-Training unter André Pawlak und Manni Schmid ✔ pic.twitter.com/ieSOZFKDFy
— 1. FC Köln (@fckoeln) April 29, 2019
Doch auch taktisch will er das Team zurück in die Spur bringen: „Wir werden versuchen, unsere Idee von Fußball zu vermitteln. Wir werden aber nicht die große Taktikkeule auspacken und wilde Dinge tun“, betont Pawlak mehrfach. „Die U21 hat unter André Pawlak sehr strukturiert gespielt. Er hat mich auch in unseren Gesprächen überzeugt“, war Veh voll des Lobes über die Interimslösung, der den effzeh in den abschließenden drei Partien letztlich über die Ziellinie bringen soll. Seine Qualitäten hatte Pawlak bei der Regionalliga-Reserve, die er im Abstiegskampf bravourös Richtung Klassenerhalt geführt hatte, unter Beweis gestellt.
Offensiv spielen – aber mit der richtigen Absicherung
Auch weil nach dem Heimsieg über Wiedenbrück der Abstieg eher unwahrscheinlich zu sein scheint, wagte der Verein die Beförderung des Fußballlehrers, der erst Ende März seine Lizenz erhalten hatte. „Wichtig ist, dass André die Mannschaft hier schon kennt. Und ich weiß, wie er die U21 geführt hat. Das zu wissen und ihn schon länger zu kennen, war sehr wichtig für mich. Ihn zum Cheftrainer zu machen, war für mich die logische Entscheidung.“
Bei der 1:2-Niederlage gegen Darmstadt, die seinem Vorgänger letztlich zum Verhängnis wurde, war Pawlak wie bei vielen Spielen der effzeh-Profis anwesend – und nahm einige Erkenntnisse für seine Aufgabe mit. „Wir müssen darauf achten, dass wir eine gute Balance aus Offensive und Defensive erreichen. Ich möchte gerne offensiv spielen – aber natürlich mit der richtigen Absicherung nach hinten“, gibt der gebürtige Gelsenkirchener die Marschroute vor.
Schon in der ersten Einheit hatte er mit Viererkette agieren lassen – ein kleiner Wink, an welchen Stellschrauben der Neue zu drehen gedenkt. Auch personell deutet der 48-Jährige ein Umdenken an: „Wir werden mit allen Spielern sprechen und allen die Möglichkeit geben, sich neu anzubieten. So ist das ja immer, wenn ein neuer Trainer kommt. Es kann sein, dass wir den einen oder anderen neuen Mann im Kader sehen werden.“
In Fürth sollen drei Punkte her
Das Ziel für das Auswärtsspiel in Fürth ist klar: Drei Punkte sollen her – „damit wir nicht mehr rechnen müssen“, wie Pawlak erklärt. Ob es für ihn die erste von lediglich drei Partien als effzeh-Cheftrainer sein wird, ist noch nicht geklärt. „Wir haben klar vereinbart, dass die Entscheidung für drei Spiele gilt. Wie es danach weitergeht, darüber gibt es noch keine Entscheidung“, legte Veh den Fokus auf den Saisonendspurt.
Das wird eine tolle Erfahrung, die mir keiner mehr nehmen kann.
Dennoch werden rund ums Geißbockheim bereits etliche Namen gehandelt: Bruno Labbadia soll genauso Thema gewesen sein wie David Wagner, Achim Beierlorzer genauso auf der Liste stehen wie Andre Breitenreiter. Vielleicht aber hat der effzeh bereits eine Alternative an der Hand – Pawlak wäre dem sicherlich nicht abgeneigt. Und doch geht der 48-Jährige realistisch an die Sache: „Ganz gleich, wie es ausgeht: Das wird eine tolle Erfahrung, die mir keiner mehr nehmen kann.“