Leev Lück,
der Winter ist da. Einfach so. Ende Januar, Anfang Februar. Ohne Vorwarnung. Mit Minustemperaturen, Schneefall und gewissem Hype um Sportarten, die nicht Fußball sind. Doch so schnell in Köln für gewöhnlich aus der weißen Pracht fieser grauer Matsch wird, so schnell sind auch die Trendsportarten wieder weg aus dem Fokus der Öffentlichkeit.
Ob nun Pfeile, Bälle oder Eier geworfen werden: Neben dem Fußballgott (nein, nicht Alex Meier, ihr traumatisierten Fans des 1. FC Köln!) ist hierzulande auf Dauer wenig bis gar kein Platz für andere Götter. Was der Fußball vom Handball lernen kann. Was Handball vom Super Bowl lernen kann. Was der Super Bowl von der Bundesrammlerschau lernen kann. Alle können lernen, wie ihre Sportart am besten auf das Niveau einer Möbelhaus-Eröffnung gebracht werden kann. Was wir wissen und was nicht. Kopfschütteln deluxe!
Mathenia & Co.: Verantwortungslos auf dem Platz
Mehr Klatschpappen und Autoscooter-Musik? Weniger Fuß, mehr Hand? Schlechte Kostüme volltrunkener Horden? Halbzeitshows zum Fremdschämen? Als hätte der Fußball dabei dringenden Nachholbedarf. Was unsere geliebte Sportart allerdings wirklich einmal lernen könnte, wäre ein vernünftiger Umgang mit Kopfverletzungen. Wer am Wochenende das Bundesliga-Spiel zwischen Nürnberg und Bremen verfolgt hat, wird wissen, was ich meine.
Erst räumt Glubb-Keeper Mathenia Teamkollege Leibold beim Abwehrversuch weg und sorgt für ordentlich Kopfschmerzen, dann trifft es den Schlussmann der Franken selbst. Bewusstlos liegt er im Strafraum, Nürnbergs Abwehrchef Margreitter bringt ihn in bester Erste-Hilfe-Manier sofort in die stabile Seitenlage und zieht ihm die Zunge heraus, damit Mathenia diese nicht verschlucken kann. Ein Spieler mit Köpfchen im Notfall!
Konsequenzen? Keine. Der Torwart des Abstiegskandidaten wird das komplette Spiel trotz des sichtbaren Knockouts, der einem Klitschko-Gegner alle Ehre gemacht hätte, beenden, Leibold dagegen in der Halbzeit aufgrund von Sehproblemen und Kopfschmerzen ausgewechselt. Getreu dem Fußballer-Klischee „Wo nichts ist, kann auch nichts kaputtgehen“ werden die schlimmen Folgen, die aus solchen Situationen entstehen können, vollends ignoriert.
Concussion Protocol: Die NFL als Vorbild
In anderen Kontakt-Sportarten ist der Umgang mit Kopfverletzungen längst noch nicht vorbildlich, obschon deutlich besser. Die NFL beispielsweise hat nach zahlreichen Problemen, die aus den schweren, aber handelsüblichen Zusammenstößen resultieren, schon längst reagiert und ein „Concussion Protocol“ am Start, das umfangreiche Untersuchungen bereits am Spielfeldrand festschreibt und Verstöße mit hohen Strafen ahndet. Von wegen: 1000 Volt in den Armen, aber oben in der Birne geht das Licht nicht an!
Während sich der Fußball in diesem Bereich offensichtlich weitestgehend lernresistent zeigt, weiß er aber auf diplomatischem Parkett wieder einmal seiner Vorbildrolle gerecht zu werden. Nasser Al Khelaifi, katarischer Präsident des französischen Vorzeigeclubs Paris Saint-Germain, wird in dieser Woche als einer von zwei Vertretern der European Club Association (ECA) in das Exekutivkomitee der UEFA aufrücken.
Ausgerechnet jener Al Khelaifi, der mit PSG die Regularien des europäischen Verbands gern kreativ auslegt und zuletzt häufiger in Sachen Financial Fairplay im Clinch mit den Regelhütern lag. Auch der DFB wird den Katari in das höchste UEFA-Gremium wählen – schließlich waren der ECA diese zwei Plätze zugesichert worden, um auch durch die Pariser Verantwortlichen vorangetriebene Bestrebungen einer Abspaltung der besten europäischen Clubs zu verhindern. Das hältst du doch im Kopf nicht aus!
Der DFB grindelt sich durch die Gremien
Und wenn man denkt, den Boden des Irrsinns erreicht zu haben, kommt der DFB-Präsident um die Ecke und grindelt seine Weisheiten in die Mikrofone. “Mit der Funktion im Exko wird al-Khelaifi noch stärker in das Regelwerk der UEFA eingebunden sein. Damit steigt auch seine Verantwortung, sich generell und natürlich besonders in seinem Verein für die Einhaltung des Financial Fair Play einzusetzen“, erklärt Reinhard Grindel seine Zustimmung zum Kuhhandel zugunsten des Kataris.
Nicht dass aus den Reihen des Deutschen Fußball-Bundes, der sich gerne als moralisch überlegen fühlen, aber keinerlei konsequenten Handlungen daraus ableiten will, ein anderes Verhalten zu erwarten wäre, aber die Dreistigkeit, mit der der Fußball-Fan mittlerweile verarscht werden soll, mutet schon aberwitzig an. Den Bock zum Gärtner zu machen war schon immer die beste Idee. Da packst du dir nur noch an den Kopf!
Bis dahin: Maat et joot!
Euer Jeff Jas
Einmal im Monat schreibt Jeff Jas an dieser Stelle über die groben Fouls und versteckten Nickligkeiten im Fußball, die Diskussionen auf dem Platz, an der Seitenlinie, in der Kabine, auf der Tribüne und an der Theke. Er fühlt sich überall zuhause, wo der Ball rollt: Vom Aschenplatz auf der Schäl Sick über das Müngersdorfer Stadion im Kölner Westen bis zu den Hochglanzarenen dieser Welt.