Livin’ la vida locker: Der Klassenerhalt ist für den 1. FC Köln in weite Ferne gerückt. Vor dem Heimspiel gegen den FC Schalke 04 wird beim effzeh der Endspiel-Modus eingemottet und stattdessen an die Ehre der Spieler appelliert.
Es sind wirklich verwirrende Zeiten da draußen. Nach 22 Jahren beendet Arsène Wenger seine Ära beim FC Arsenal (hat mit einem Spiel gegen den 1. FC Köln alles erreicht, na klar!), der FC Bayern München handelt nahezu ausschließlich im Interesse der Bundesliga und seiner Vereine (danke dafür an dieser Stelle. Danke, danke, danke sehr!) und der DFB folgt beim Videobeweis einer konsequenten und nachvollziehbaren Linie (War zu Beginn des Textes nicht noch ein Vergehen, das zu ahnden wäre?). Okay, zwei von drei Statements entsprechen nicht direkt der Wahrheit – und sind doch näher an der Realität als der 1. FC Köln am Klassenerhalt.
Neun Punkte Rückstand haben die „Geißböcke“ auf Platz 16, der immerhin noch zu zwei nervenzerfetzenden Duellen gegen den starken Tabellendritten der 2. Bundesliga berechtigen würden. In noch vier Partien für den effzeh eine schier unlösbare Aufgabe. Angesichts der bereits erfolgten Ergebnisse des 31. Spieltags, der Freiburg und Wolfsburg verlieren sah, ist gegen Schalke also zu befürchten: Die Jungs mit dem Geißbock auf der Brust raffen sich nochmals zu einer kämpferisch einwandfreien Leistung auf und können gegen die Königsblauen einen überraschenden Heimsieg einfahren. Hoffnung keimt dann auf in Köln: Ist das Wunder wirklich noch möglich? Es geht doch noch nach Freiburg und Wolfsburg. Und die Bayern – die sind doch im Entmüdungsbecken Bundesliga längst im Schonmodus unterwegs. Träumen erlaubt!?!?!
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Schalke: Selten attraktiv, häufig erfolgreich
Das Problem: Zuallererst muss der 1. FC Köln einen Heimsieg gegen Schalke 04 einfahren. Wie schwer das ist, das durfte in dieser Spielzeit die Konkurrenz bereits erleben. Die Knappen sind derzeit Tabellenzweiter und spielen nach turbulenten Vorjahren eine äußerst zufriedenstellende Saison. Das von Jung-Trainer Domenico Tedesco perfekt orchestrierte Team ist besonders gegen den Ball ein echtes Monster – selten sind Spiele gegen Schalke 2017/18 attraktiv, selten ist S04 ein angenehmer Gegner, selten lassen die Königsblauen viel zu. Im Gegenteil: Wenn es um die Wurst geht, ist der Revierclub zur Stelle. Mit beeindruckender und beinahe beängstigender Effizienz fuhr Schalke in den vergangenen Wochen äußerst knappe Erfolge ein. „Mich überrascht es nicht, dass sie so weit vorne sind. Sie gehören zu den Top 5 in Deutschland. Mit der Art und Weise, wie sie Fußball spielen und wie sie verteidigen, gehören sie nach dort oben“, weiß auch effzeh-Coach Stefan Ruthenbeck um die Schalker Stärken.
Dennoch: Vor den eigenen Fans will der 1. FC Köln trotz der nahezu aussichtslose sportlichen Ausgangssituation nochmals an die eigenen Grenzen gehen. „Wir sind in der Pflicht, die Fans mitzunehmen – egal, wie die Saison gelaufen ist. Wir wollen noch einmal konkurrenzfähig sein und da sein, wenn der Gegner schwächelt und vielleicht für eine Überraschung sorgen“; betont Ruthenbeck vor der Partie und lässt wieder einmal Durchhalteparolen verlauten: „Fakt ist, wir sind noch nicht abgestiegen. Wir werden um die letzte Möglichkeit kämpfen. Aufgeben gibt es nicht. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr, sehr gering ist. Wir werden uns wehren und alles dafür tun, das Spiel für uns zu entscheiden“, so der 45-jährige Coach, dessen Zukunft im Verein immer noch nicht endgültig geklärt ist. Die Konzentration liegt noch auf den letzten vier verbliebenen Spielen der Saison. Die mit höchster Wahrscheinlichkeit vorerst vier letzten Bundesliga-Partien für den 1. FC Köln.
Der Druck ist beim 1. FC Köln vom Kessel
Bei der Abschiedstour durch die Beletage des deutschen Fußballs müssen die „Geißböcke“ definitiv auf Matthias Lehmann verzichten: Der effzeh-Kapitän zog sich bei einem Fallrückzieher-Versuch eine Verletzung des Ellenbogens zu – Operation, Saison-Aus. Für das Schalke-Spiel ebenfalls kein Thema: Christian Clemens und Simon Zoller, beide Offensivakteure fehlten unter der Woche im Training und können im Gegensatz zu Salih Özcan, der rechtzeitig wieder fit geworden ist, nicht spielen. Auch wenn es nicht mehr um den Klassenerhalt geht: Auf dem Platz wollen die effzeh-Spieler, ihren eigenen Ansagen zufolge, die Spielzeit vernünftig abschließen. „Es ist sehr wichtig, dass wir erhobenen Hauptes die Saison zu Ende bringen, falls wir absteigen sollten. Daran werden sich die Leute dann auch erinnern. Alles andere würde dem Verein, den Fans und auch uns selbst nicht gerecht werden“, erklärte Marco Höger, der unter der Woche seinen Verbleib auch im Abstiegsfall bekannt gab.
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Der Druck ist vom Kessel – gerade das könnte für den Schlussspurt nochmals Kräfte freisetzen. Wie sehr der permanente Endspiel-Modus die Mannschaft geschlaucht hat, bekannte nicht nur Höger nach der enttäuschenden Niederlage in Berlin am vergangenen Wochenende. „Wir haben immer enormen Druck gehabt. Die Wahrscheinlichkeit, es jetzt noch zu schaffen, ist gering. Man hat nach Berlin schon einen Druckabfall gespürt. Das kann uns aber auch guttun. Wir können nur überraschen“, betonte effzeh-Coach Ruthenbeck auf der abschließenden Pressekonferenz vor dem Wochenende. Dass nun auch rechnerisch nicht mehr beim Schalke-Spiel die endgültige Entscheidung für den sechsten Abstieg der Vereinsgeschichte fallen kann, dürfte eine gewisse Lockerheit zurückbringen. Sollte dies Erfolg haben, dürften die Träumereien in Köln Hochkonjunktur haben.
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