Als ich jung war, ein nur allzu hoffnungslos in den Fußball verliebter Fetz, schallte es häufig durch die Stadien, wenn der glorreiche 1. FC Köln wieder einmal dem Abstieg entgegentrudelte. „Kölle-Fans, Kölle-Fans, nehmt Euch Montags frei, denn da kommt auf DSF die Bundesliga zwei“ – gegnerische Anhänger können halt grausam sein. Mittlerweile ist aus dem DSF der Spartenkanal Sport1 geworden (sie wissen schon: StorageWars, Quizverarsche und nachts Titten), ich bin nicht mehr allzu jung und auch nicht mehr allzu sehr verliebt in diesen Morast namens Fußball und dieser Klassiker mit dem montäglichen Urlaub ist schleichend aus den auf Hochglanz polierten Arenen dieser Republik verschwunden.
Und spätestens ab der Saison 2017/2018 auch nicht mehr auftauchen wird. Die DFL hat gestern ihre lang diskutierten und von den Fanszenen kritisierten Pläne vorgestellt, die es der Bundesliga ermöglichen sollen, noch mehr TV-Gelder zu erwirtschaften. Demnächst wird fünfmal in der Saison Montagsabends gespielt – und fünfmal ein drittes Sonntagsspiel eingeführt. Die fußballerische Prime Time, Samstag 15.30 Uhr, wird zunehmend zur Erinnerung aus längst vergessenen Tagen. Money makes the world go round – und auch in Deutschland muss sich das Rad immer schneller drehen. Schließlich kriegen die Vereine der englischen Premier League ab der kommenden Saison immense Summen von den Fernsehanstalten in den Allerwertesten geschoben. Also muss hierzulande mehr dabei herausspringen. Mehr Geld heißt aber auch immer: Mehr Spieltage, mehr Anstoßzeiten, mehr Exklusivität für die TV-Sender! Und für die Fußballfans, die ihren Verein auch vor Ort unterstützen wollen: Mehr Urlaubstage, die sich in Luft auflösen werden.
Doch das sind die Zeichen der Zeit. Ob es die Ansetzungen diverser Spieltage wieder einmal verlässlich-unverlässlich kurzfristig eintreffen oder bei einzelnen Terminierungen der Spiele fan-verträgliche Entfernungen gar nicht beachtet werden: Der mitreisende Anhänger ist mittlerweile am unteren Ende der Nahrungskette angekommen und muss sich wohl allen Sonntagsreden zum Trotz damit abfinden, dass seine Partikularinteressen nach Abwägen von Polizei, Politik und Fernsehen ganz hinten anstehen. Letztlich zählt es woanders: Wichtig is’ vor der Glotze! Und ich höre sie nun alle sagen: Aber für die fünf Montagsspiele fallen doch zwei Englische Wochen weg, das kann doch kein schlechter Deal sein – ist es aber. Denn je öfter die Verantwortlichen gebetsmühlenartig betonen, es werde bei den fünf Partien pro Saison bleiben, desto mehr drängt sich der Verdacht auf, die nun am scheinbaren Höhepunkt angelangte Zerstücklung des Spieltags sei nur ein Testballon. Wird der neue Termin angenommen, das gilt insbesondere für die deutschen Fernsehsessel, dann wird es dabei nicht bleiben. Schneller, höher, weiter – das olympische Motto zählt auch bei der völlig überdrehten Kommerzialisierung des Profifußballs. Um die internationale Konkurrenzfähigkeit zu gewährleisten (als hinge sie zwingend an mehr TV-Einnahmen und wäre für die Fußballfans in diesem Land überhaupt von Belang), wird man auch im nächsten Anlauf versuchen, das Rad noch ein Stückchen schneller drehen zu lassen. Lasset die Spiele beginnen!
Die Konsequenz daraus? Das Verhältnis zum eigenen Verein wird noch ambivalenter. Auf der einen Seite die große fußballerische Liebe, auf der anderen Seite der von Jahr zu Jahr größer werdende Ekel vor diesem Moloch. Wäre man konsequent, zöge man die Konsequenzen. Weg von Klatschpappen, weg von Retortenklubs, weg vom Sky-Topspiel der Woche, präsentiert vom Schnellrestaurant Nehring. Zurück in den Amateurbereich, zurück auf die Asche, zurück zum Fußball. Aber wir sind alles Junkies, auf der Suche nach dem nächsten Fußball-Schuss. Abhängig vom Anpfiff, vom großartigen Tor, von der hitzigen Diskussion über die Leistung am Wochenende. Wir sind süchtig nach Fußball. Kalter Entzug? Kaum vorstellbar! Also: Schleichende Entwöhnung. Montags (und gegen Muntermachplörrenwerbung Leipzig) den nächsten Schuss verweigern. Wegbleiben. Und nicht mehr zur Kulisse werden. Anders scheint es nicht mehr zu gehen. Eine traurige Einsicht für einen hoffnungslos in den Fußball verliebten Fetz.