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Rückblick auf die Saison des 1. FC Köln (2): Vorentscheidung bei der Mitgliederversammlung

Foto: Sebastian Bahr

Während der 1. FC Köln sportlich solide in die Saison 2018/19 gestartet war, blieb das Umfeld des Clubs auch in der 2. Bundesliga durchaus unruhig: Dass die Mannschaft – wenn auch ohne fußballerische Highlights – in der Hinrunde meist solide auf Aufstiegskurs lag, konnte die Gemüter zwar ein wenig beruhigen. Der katastrophale Abstieg samt mangelnder Aufarbeitung aus der Vorsaison steckte Club und Anhängern allerdings immer noch deutlich in den Knochen.

>>> Erster Teil des Saisonrückblicks: Top aufgestellt in der falschen Liga

Kein Wunder: Selten hat ein Fußballverein eine gute Ausgangsposition dermaßen grandios in die Binsen gesetzt wie der 1. FC Köln in der Spielzeit 2017/18. Doch auch nach diesem historischen Niedergang schien man es am Geißbockheim für ausreichend gehalten zu haben, mit ein paar Vertragsverlängerungen die Kölschtümelei zu bedienen, Markus Anfang als neuen Trainer zu installieren und so für vermeintlich frischen Wind und bessere Stimmung bei Mitgliedern und Fans zu sorgen.

Doch weit gefehlt: Der Club stieg gespalten ab und ging ebenso gespalten in die neue Saison. Vorstand und Geschäftsführung verbarrikadierten sich seit dem letzten Sommer hinter unpassenden „Unfall“-Vergleichen und dem frommen Wunsch, „den Fehler wieder gut” machen zu dürfen. Offenbar hatten die Verantwortlichen um Werner Spinner, Toni Schumacher und Markus Ritterbach geglaubt, das traditionell leicht zu euphorisierende Kölner Publikum mit ein paar Wochen als Tabellenführer in der 2. Bundesliga irgendwie versöhnen zu können. Der Plan ging – wenig überraschend – nicht auf.

Fans fordern “Vorstand raus!”

Im Gegenteil: Ab Mitte September forderte die aktive Fanszene immer lautstärker den Rücktritt des Vorstandstrios – und verdeutlichte diesen Wunsch mit zahlreichen „Vorstand raus“-Bannern, die fortan zur normalen Spieltagsdekoration sowohl im heimischen Stadion als auch bei Auswärtsspielen gehören sollten. Und die nächste kapitale Fehleinschätzung der Clubführung folgte prompt.

Die Kritik wurde als unberechtigtes Gemecker von den Ultras abgetan und schlichtweg nicht ernst genommen. Auf diesem – man kann es nicht anders nennen – Märchen basierte das Vorgehen des Vorstands in den kommenden Wochen und Monaten. Die Geschichte, die Spinner, Schumacher und Ritterbach mit Unterstützung der Geschäftsführung und der Medienabteilung des Clubs der Öffentlichkeit eintrichtern wollten, war so simpel wie falsch: Die Ultras haben etwas gegen uns. Die Ultras sind kriminell und gewalttätig. Mit den Ultras kann man nicht reden. Aber alle anderen finden uns super. Das waren die stumpfen Kernbotschaften der Granden am Geißbockheim.

Ob die Kritik wirklich von den Ultras kam, war dabei ebenso egal wie ihre inhaltliche Berechtigung – wer etwas am Vorstandstrio auszusetzen hatte, konnte dieser Logik zu folge nur ein böser, potentiell krimineller Ultra sein. Diesen Kampfplan hatte man sich am Geißbockheim zurechtgelegt – und er wurde bis zur Mitgliederversammlung durchgezogen.

“Wir” gegen “die”

Bereits 2017 hatte eine Satzungsänderungsinitiative – der Einstieg von Investoren ohne Mitgliederzustimmung sollte mit der Änderung verhindert werden – gezeigt, wie blank die Nerven beim Vorstand und ihren Unterstützern schon weit vor dem Abstieg in Sachen Vereinspolitik lagen. Die Initiative “100 % FC” wurde attackiert, so gut es nur ging: “Misstrauen” gegenüber der Vereinsführung sei der Änderungsantrag, hieß es da. Eine inhaltliche Diskussion wurde derweil verweigert.

Ein Jahr später, somit nach dem sportlichen Niedergang und vor der nächsten Mitgliederversammlung, rückte dann schließlich der Mitgliederrat, vor allem aber sein Vorsitzender Stefan Müller-Römer in den Fokus. Für das wichtige Gremium standen Neuwahlen auf dem Programm. Doch bereits seit geraumer Zeit fand keine positive Zusammenarbeit zwischen dem Mitgliederrat und dem Vorstand mehr statt. Dass Spinner, Schumacher und Ritterbach sich wohl nichts sehnlicher gewünscht haben dürften als die Abwahl einiger kritischer Mitgliederräte, insbesondere des ungeliebten Vorsitzenden, war in den Wochen vor der Mitgliederversammlung kein Geheimnis mehr.

Foulspiel gegen Müller-Römer

Wie schon im Vorjahr versuchte man die vermeintlichen Widersacher erneut mit Foulspiel zu bekämpfen: Eine E-Mail von Müller-Römer wurde an die „BILD“-Zeitung durchgesteckt. Im Zuge der Verpflichtung Simon Teroddes in der Vorsaison hatte der Mitgliederratschef intern Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Transfers geäußert und sich schließlich bei der Abstimmung über den Deal enthalten. Als ebendieser Terodde dann gerade im Alleingang die 2. Bundesliga auseinander schoss – also im Vorfeld der Mitgliederversammlung – wurde ausgerechnet dieses Schriftstück plötzlich öffentlich. Das Ziel der Indiskretion war klar: Müller-Römer sollte als inkompetent gebrandmarkt werden.

Das Schauspiel wurde nur noch durchschaubarer, als Geschäftsführer Armin Veh sich kurz vor der wegweisenden Mitgliederratswahl in der Öffentlichkeit dazu hinreißen ließ, die Gremiumsmitglieder als „Vollamateure“ zu bezeichnen. Insbesondere „der mit dem Doppelnamen“ sei „unerträglich“, polterte der gebürtige Augsburger, der sich dafür über eine Abmahnung nicht hätte beklagen können, damals los. Eine Wiederwahl von Müller-Römer in den Mitgliederrat, das wurde überaus deutlich, wollte man am Geißbockheim unbedingt verhindern – zur Not eben auch mit schäbigen Mitteln.

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Die Kampagne gegen das Gremium und seinen Vorsitzenden sollte sich bei der Mitgliederversammlung allerdings rächen. Dass es ein großer Fehler gewesen war, all die Kritiker, die eben nicht zur Ultra-Fraktion gerechnet werden konnten, nicht ernst zu nehmen, zeigte sich in der Arena schließlich schon bei Beginn der Veranstaltung, die schlussendlich geschlagene sieben Stunden dauern sollte.

>>> Zusammenfassung der MV 2018: Sieben Stunden Vereinsdemokratie

Der wichtigste Tagesordnungspunkt an diesem Oktoberabend war die Wahl des neuen Mitgliederrats – nahezu die komplette Mitgliederversammlung richtete sich auf diesen Showdown aus, der laut Plan erst spät am Abend auf dem Programm stehen sollte. Das allerdings passte dem Vorstand aber nicht. Per Änderung der Tagesordnung, die von einem Mitglied vorgeschlagen und von der Clubführung goutiert wurde, sollte die Mitgliederratswahl vorgezogen werden. Doch bereits das erste Vorhaben des Vorstands an diesem Abend scheiterte, die Mitglieder stimmten für die Beibehaltung der ursprünglichen Tagesordnung. “Die haben gewonnen” hörte man – wohl unbeabsichtigt – den Kommentar aus Richtung der Kölner Offiziellen von der Bühne.

“Die haben gewonnen!”

Und dieser Satz könnte sowohl die damalige Lage des 1. FC Köln als auch den weiteren Verlauf der Mitgliederversammlung kaum treffender beschreiben: Einigkeit oder auch nur den Wunsch danach gab es bei den „Geißböcken“ damals schon kaum noch – „Wir“ gegen „Die“ lautete die Devise der Verantwortlichen, die sich in den Erfolgen der Vorjahre stets gesonnt hatten, nun mit der Misere des Clubs aber möglichst wenig zu tun haben wollten. Diese Einstellung war ein ordentliches Eigentor: Die Niederlage für Spinner, Schumacher und Ritterbach hätte kaum heftiger ausfallen können.

Ex-Präsident Werner Spinner | Foto: Sebastian Bahr

Die Verantwortlichen setzten auch in ihren Wortbeiträgen auf eine weitere Zuspitzung des Konflikts und ergingen sich in unpassenden Anti-Gewalt-Schwüren, damit auch dem letzten in der Halle klar wird, dass man die Kritik der aktiven Fanszene niemals ernst nehmen dürfe – schließlich hat irgendjemand von denen irgendwann einmal irgendwelche Regeln gebrochen. Inhaltlich kamen alle drei Vorstände mit ihren Reden kaum über dieses Niveau hinaus.

Werner Spinner probierte derweil, auch effzeh.com in Zusammenhang mit den Ultras zu bringen. Auch das war keine gute Idee: Zunächst wurden die Worte des damaligen Präsidenten noch in der Halle von einem der effzeh.com-Chefredakteure erwidert, später nutzte die Redaktion dann die Gelegenheit, Spinner mit einem offenen Brief zu erklären, was effzeh.com ist und warum er mit seiner Einschätzung falsch liegt. Der konstante Populismus von der Bühne kam bei den Mitgliedern in der Halle ebenso schlecht an wie ein Satzungsänderungsantrag des Vorstands – der Antrag wurde von den Mitgliedern abgeschmettert.

Vorentscheidung der Vorstandskandidatenauswahl

Die größte Niederlage für die Verantwortlichen des Clubs sollte schließlich aber bei der Wahl zum Mitgliederrat folgen – das Ergebnis war für den Vorstand nicht weniger als ein Debakel: Stefan Müller-Römer, der zuvor mit einer sachlichen Rede die Sicht des Mitgliederrats erläutert hatte, wurde wiedergewählt – und vom Mitgliederrat später erneut zum Vorsitzenden benannt. Noch dramatischer aus Sicht des Präsidiums: Eine ganze Reihe von Kandidaten, die im Vorfeld bereits klar gemacht hatten, dass sie das Wirken der aktuellen Vereinsführung überaus kritisch sehen, bekam den Zuspruch der Mitglieder. Die Entscheidung über die Zukunft von Spinner, Schumacher und Ritterbach war mit diesem Ergebnis schon gefallen – es sollte sich jedoch noch bis zum Saisonende ziehen, bis diese Erkenntnis jeden im Club erreichen sollte.

Das Präsidium hatte auf eine gute Prise Populismus gesetzt – und dafür von den Vereinsmitgliedern bei der Mitgliederversammlung die Quittung bekommen. Dass weder Schumacher noch Ritterbach später in der Saison zum Kandidatenteam des neuen Mitgliederrat zählen würden, war im Grunde damals bereits so sicher wie das Amen in der Kirche – vermutlich auch deshalb verzichteten die Vize-Präsidenten für lange Zeit in der Folge auf Gespräche mit dem Gremium.

Auf Theater verzichtete man in den Monaten bis Saisonende derweil keineswegs, man rufe sich den Rücktritt von Werner Spinner und seine Begleitumstände vor Augen – doch bereits seit der Mitgliederversammlung konnte der Vorstand eigentlich nichts mehr retten. Der Neuanfang, der beim 1. FC Köln in diesem Sommer vollzogen werden soll, begann an diesem lauen Oktoberabend des Vorjahres – auch wenn das Ergebnis erst im Mai 2019 so richtig offiziell werden sollte.

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