Er hatte einiges geändert. Die Nacht vor dem Spiel verbrachte Markus Gisdol mit dem gesamtem FC-Tross im Hotel. Kölns Trainer hatte sich wohl daran erinnert, dass diese Maßnahme nach der blamablen 0:2-Niederlage bei Union Berlin im Winter 2019 eine Serie von 24 Punkten für sein Team eingeleitet hatte. Er hatte das 3-5-2, das gegen die Gladbacher überhaupt nicht funktioniert hatte, durch ein 4-2-3-1 ersetzt, hatte erstmals auf die Flügelzange Wolf-Jakobs setzen können und nach langer Zeit mal wieder Anthony Modeste in den Spieltagskader berufen.
Eine zerfahrene 1. Hälfte und ein Déjà-vu
Der Ertrag dieser Maßnahmen war zunächst äußerst überschaubar. Kölner Chancen in Halbzeit eins: Fehlanzeige. Die Bälle wurden nach vorne gebolzt, hoch und weit, versehen mit guten Wünschen, dass wenigstens ab und an einer dieser langen Schläge einen Mitspieler treffen möge. Die Eintracht dagegen war spielbestimmend, giftig und gewohnt zweikampfstark. Allein – wirkliche Torchancen erspielten sich die Hessen ebenfalls kaum.
Bis zum Déjà-vu in der ersten Minute der Nachspielzeit der 1. Hälfte. Kamada und Bornauw prallten zusammen, der Japaner war einen Sekundenbruchteil eher am Ball. Schiedsrichter Jablonski winkte ab, wurde jedoch vom VAR angefunkt. Nach der Überprüfung am Bildschirm revidierte er seine ursprüngliche Entscheidung, Elfmeter, Silva trat an – 0:1. Ja, man kann diesen Strafstoß geben. Es beschleicht einen jedoch das Gefühl, dass sich in den Zeiten vor der Einführung des VAR acht von zehn Referees Jablonskis erster Reaktion angeschlossen hätten.
Und nein, man sollte sich davor hüten, Spielszenen gegeneinander aufzurechnen. Trotzdem fällt da die Spielminute 56 ein, als der schnelle Kingsley Ehizibue sich hart an der Strafraumgrenze anschickte, dem gewohnt rustikalen Martin Hinteregger auf und davon zu laufen. Was folgte, war ein Check des Österreichers, der eher den Regeln im Eishockey entsprach und den Kölner Rechtsverteidiger im Strafraum zu Boden schickte. Was nicht folgte, war ein Pfiff des Schiedsrichters. Über die Frage, ob die Aktion vor dem Sechzehner oder gar auf dessen Linie passierte, kann man trefflich streiten. Warum Jablonski jedoch auf Weiterspielen entschied, will sich dem Betrachter nicht wirklich erschließen.
Der FC steigert sich nach der Pause
Die 2. Halbzeit sah spätestens nach dem Ausgleich durch Ondrej Duda eine Kölner Elf, die den langen Hafer, zu dem sie vor der Pause zumeist gegriffen hatten, durch den Versuch des Kombinationsspiels ersetzte, was vor allem dann funktionierte, wenn Ehizibue und Neuzugang Marius Wolf involviert waren. Die Partie wogte nun hin und her mit Chancen auf beiden Seiten und endete folgerichtig – unentschieden.
Was dieser Punkt wert ist, müssen die nächsten Wochen weisen. Und auch hier reisen die Gedanken zurück in die letzte Saison. Gisdol hatte gerade das Traineramt von Achim Beierlorzer übernommen und erreichte mit seinem Team nach einer 1:4-Niederlage in Leipzig ein 1:1 gegen den FC Augsburg. Damals sah er Licht am Ende des Tunnels – und verlor danach sang- und klanglos bei den Eisernen in Berlin. Möge dies kein schlechtes Omen sein.
Die Stimmen zum Spiel
Markus Gisdol sprach die Leistungssteigerung seiner Elf in der 2. Halbzeit an: “In der ersten Hälfte war Frankfurt überlegen. Wir waren mit Ball zu unruhig und haben ihn zu schnell hergegeben. Wir hatten Möglichkeiten zu Kontern, haben es aber nicht sauber gespielt. In Hälfte zwei war es besser. Wir sind nach dem 1:1 gut im Spiel gewesen. Ich glaube, man kann von einem verdienten Punkt sprechen. Wir haben uns nach dem Nackenschlag kurz vor der Pause gut zurückgekämpft – mit einer engagierten Leistung. Frankfurt ist top drauf, wir geraten in Rückstand – da muss man sich erstmal gegen wehren. Dafür verdient meine Mannschaft heute ein Lob. Kingsley Ehizibue war heute formverbessert und hat besonders in der zweiten Hälfte gemeinsam mit Marius Wolf für viel Schwung über die rechte Seite gesorgt.”
Ondrej Duda beschrieb die Szene, die zu seinem Tor führte: “Vor dem Tor habe ich auf die Hereingabe spekuliert. Die Direktabnahme war nicht einfach, aber ich bin froh, dass ich den Ball so getroffen habe, dass er reinging. Gegen Stuttgart ist es dann hoffentlich so weit, dass wir drei Punkte holen. Ich fühle mich wohl im Team und ich bin mir sicher, dass wir bereit sein werden.”
“Wir haben den Fight angenommen und alles reingeworfen. Da können wir uns keinen großen Vorwurf machen.”
Neuzugang Marius Wolf hob die Kampfbereitschaft seines Teams hervor: “Ich glaube, man hat gemerkt, dass wir in den letzten zwei Wochen intensiv gearbeitet und Fortschritte gemacht haben. Wir haben den Fight angenommen und alles reingeworfen. Da können wir uns keinen großen Vorwurf machen. In der ersten Hälfte waren es zu viele lange Bälle von uns. Das haben wir in der Halbzeit angesprochen. Im zweiten Durchgang haben wir es besser gemacht, uns einige Torchancen erspielt und auch das Tor gemacht. Wir müssen weiter konzentriert arbeiten.
Am Freitagabend beim VfB Stuttgart
Was gibt Hoffnung für die nächsten Spiele? Iso Jakobs’ beherzte Partie, seine schnellen Läufe, sein nimmermüder Einsatz. Das Tempo und das gute Zusammenspiel von Ehizibue und Wolf auf der rechten Außenbahn. Die Laufbereitschaft des Teams. Die gute Leistung der Innenverteidiger. Eine Torwartleistung ohne spielentscheidende Patzer.
Am Freitag geht es weiter. Beim starken Aufsteiger VfB Stuttgart, der am Samstag den Millionarios von Hertha BSC mal eben zeigte, wo Bartel den Most herholt. Um Zählbares aus dem Schwabenland zu entführen, wird es einer Leistung bedürfen, die auf der zweiten Hälfte gegen die Eintracht aufbaut. Mindestens.