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Der 1. FC Köln und die Borussia: Einst gemeinsam im Tabellenkeller – heute durch Welten getrennt!

Borussia Mönchengladbach und 1. FC Köln trennen sportlich mittlerweile Welten. Wie konnte das passieren? Eine Analyse.

Foto: Jörg Schüler / Collection: Bongarts

Es war Derbyzeit am 10. April 2011. Viele heiß umkämpfte Aufeinandertreffen, Highlights der Bundesligageschichte hatte es zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach gegeben, doch kaum eines sollte folgenreicher sein als die Partie, die am 29. Spieltag der Saison 2010/11 im Mönchengladbacher Nordpark stattfand. Auch Petrus tat das seine dazu, es war ein sonniger, warmer Frühlingstag, der die Menschen dazu einlud, ein paar Stunden an der frischen Luft zu verbringen. Offensichtlich nutzten nicht wenige das gute Wetter zu Ausflügen in die nähere Umgebung, denn die Partie zwischen der Borussia und dem FC war mit knapp 53000 Zuschauern nicht ganz ausverkauft.

Dies war umso erstaunlicher, als das Spiel diesmal noch die zusätzliche Brisanz des Abstiegskampfes besaß, in den beide Vereine verwickelt waren: Die Kölner führten mit 35 Punkten den Pulk der Teams an, die um den Klassenerhalt bangen mussten, die Elf vom Niederrhein hatte mit 23 Punkte die rote Laterne auf Platz 18 inne. Mit einem Sieg hätte die Geißbockelf den Klassenerhalt so gut wie sicher gehabt, die Borussia wäre gleichzeitig kaum mehr in der Lage gewesen, den dritten Abstieg ihrer Vereinsgeschichte zu verhindern.

Doch es kam anders, ganz anders. Die Mannen von Trainer Lucien Favre waren über weite Strecken des Spiels die überlegene Mannschaft und hätten zum Schluss höher als 5:1 gewinnen können. Mike Hanke bereitete drei Treffer vor, Marco Reus traf zweimal, und im Tor der Gladbacher kam ein junger Mann namens Marc-André ter Stegen zu seinem Bundesligadebüt.

Als die Wege sich trennten …

Kölns ehemaliger Trainer Frank Schaefer | Foto: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images

FC-Trainer Frank Schaefer verlor danach noch zu Hause gegen den VfB Stuttgart und das Auswärtsspiel in Wolfsburg, bevor er von seinem Amt zurücktrat und der damalige Sportdirektor Volker Finke das sich im freien Fall befindende Team durch drei Siege in ebenso vielen Spielen zum letztlich souveränen Klassenerhalt führte. Die Borussen holten 13 Punkte aus den letzten sechs Spielen, erreichten die Relegation gegen den VfL Bochum und blieben dank eines 1:0 zu Hause und eines 1:1 in Bochum in der Bundesliga.

Dieses Derby im April 2011 stellte eine Wasserscheide dar, einen Punkt, an dem sich die Wege trennten, leitete es doch die unterschiedliche Entwicklung zweier Vereine ein, die diesen 29. Spieltag noch gemeinsam in der unteren Tabellenhälfte der Bundesliga verbracht hatten. Nicht erst seit dem Ende der Hinrunde der Saison 2019/20 trennen die alten rheinischen Rivalen jedoch Welten, die Borussen auf dem zweiten Tabellenrang bestens platziert im Rennen um die deutsche Meisterschaft, der FC in den Niederungen der Tabelle, mitten im Kampf um das sportliche Überleben.

In den Spielzeiten seit 2011 erreichten die Borussen viermal die Europa League (2012, 2014, 2016 und 2019), zweimal die Champions League (2015 und 2016) und zweimal das Halbfinale des DFB-Pokals (2012 und 2017), während der 1. FC Köln 2012 abstieg, einmal an der Europa League teilnahm (2017), dies im Jahr darauf mit dem erneuten Gang in die 2. Bundesliga teuer bezahlte und im DFB-Pokal nie weiter als bis zum Achtelfinale kam.

Sportdirektor Max Eberl | Foto: Jörg Schüler/Bongarts/Getty Images

Diese unterschiedliche sportliche Entwicklung spiegelt sich auch in der Besetzung des Führungspersonals beider Vereine wider. Während die „Fohlen“ in achteinhalb Jahren von insgesamt vier Übungsleitern trainiert wurden, erreichte der FC diese Zahl an bediensteten Fußballlehrern alleine schon im Kalenderjahr 2019. Nicht weniger als elf Trainer – von Schaefer bis Gisdol – beschäftigte der FC seit 2011, tauschte fünfmal den Sportdirektor aus und wechselte auch den Vorstand mehrmals durch.

Die Borussen halten dagegen seit über zehn Jahren sowohl am Sportdirektor als auch am Vorstand fest. Kontinuität at its best. Und das im Einklang mit den Fans – eine Palastrevolution unter Anführung von Ex-Spieler Stefan Effenberg wurde 2011 mit großer Mehrheit auf der Mitgliederversammlung abgeschmettert. So konnten dann auch die Gladbacher in dieser Zeit einen Großteil ihrer Einnahmen in „Steine und Beine“ investieren, während der FC Millionen dafür aufwenden musste, entlassene Trainer und demissionierte Sportdirektoren abzufinden.

Der Erfolgsweg der Borussia – ein Role Model für den FC?

Die Gründe für die unterschiedliche Entwicklung beider Clubs sind vielschichtig und eignen sich als Lehrbeispiel dafür, wie man einerseits im Zeitalter explodierender Transfersummen und inflationärer Spielergehälter aus eigener Kraft einen Schritt nach dem anderen auf dem Weg zum Erfolg zurücklegen kann, und was man andererseits im Bemühen um Etablierung in der 1. Liga tunlichst unterlassen sollte.

„Von den Besten lernen“ – so heißt ein Buch des Managementberaters und Bestsellerautors Frank Arnold. Der Titel könnte Programm sein dafür, wie der 1. FC Köln sich für die Zukunft besser aufstellen und wieder zurück in die Erfolgsspur finden kann. Die Stufenleiter der Borussia zum Erfolg – trotz der riesigen Rivalität zwischen den Clubs eine Art „Role Model“ für den FC?

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