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Hinter den Kulissen

Was passiert im Medienbereich und wie entsteht eine Analyse, die mit Spielschluss fertig ist? Wir nehmen euch mit auf die Pressetribüne!

© effzeh.com

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Für das Spiel des effzeh gegen den FC St. Pauli am Montagabend war effzeh.com zum ersten Mal offiziell akkreditiert. Grund genug, einen Blick hinter die Kulissen zu wagen und zu zeigen, wie der Spieltag aus Sicht eines Sportjournalisten abläuft.

16:00 Uhr – Der normale Arbeitstag endet für viele, mein Arbeitstag für effzeh.com hat noch gar nicht richtig begonnen. Zur Vorbereitung auf das Spiel erstelle ich den Artikel, der einmal die Analyse werden soll. Überschriften, Platzhalter, kleine Erinnerungen für mich selbst. Die „Ausgangslage“ mache ich direkt fertig, in aller Ruhe. Daran ändert sich nichts mehr und während des Spiels ist Zeit kostbar. Bevor es ins Stadion geht, drucke ich noch die Aufstellungen beider Mannschaften vom letzten Spieltag aus, um Änderungen nachvollziehen zu können.

17:30 Uhr – Um vom Berufsverkehr am Montagabend nicht meinen Zeitplan zerstören zu lassen, fahre ich zeitig nach Müngersdorf. Eine Maßnahme, die sich als klug herausstellt, denn ich umgehe zwar weitgehend den Verkehr, finde aber den ausgewiesenen Parkplatz nicht sofort, bei dem ein Parkschein für mich hinterlegt ist. Als ich endlich ankomme, wird mein Name von einer Liste gestrichen und ich stelle das Auto ab. Es ist 18:00 Uhr, in wenigen Minuten öffnet der Medieneingang ins Stadion.

18:15 Uhr– Der Medieneingang öffnet, meine Akkreditierung ist hinterlegt. Ein kurzes Gespräch und ich halte die Pressekarte in der Hand, wenige Schritte später stehe ich im Medienbereich. Der erste Gang dort führt zum NetCologne-Stand, wo die

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WLAN-Zugriffskarten verteilt werden. „Reichen drei Stunden?“, fragt mich die junge Frau am Schalter. Ich blicke auf die Uhr und rechne noch, als sie sagt: „Wenn sie nicht so der schnelle Schreiber sind, gebe ich ihnen lieber zwei Karten.“ Leicht getroffen lächle ich, nehme die beiden Karten und gehe auf die Pressetribüne, um mir meinen Platz anzusehen.

Reihe 11, in der ich meinen Sitzplatz habe, ist die erste Reihe der Pressetribüne, alle Reihen davor gehören noch zum Club-Bereich. Ich werfe einen leicht neidischen Blick auf die Ledersitze jenseits der Plexiglasscheibe, als ich meinen Plastiksitz herunterklappe. Außerordentlich bequem ist es nicht, aber die Sicht ist großartig, der Klapptisch groß genug um daran zu arbeiten und die Steckdose funktioniert auch. Es ist noch mehr als genug Zeit bis zum Spiel, die Pressetribüne ist noch leer, also gehe ich wieder raus.

18:30 Uhr – An der Bierbude Süd/Ost treffe ich den Teil unserer Redaktion, der heute im Stadion ist. Kurze Begrüßung, Gespräche über das Spiel, letzte Glückwünsche und ich mache mich wieder auf den Weg zurück ins Stadion.

19:15 Uhr– Weil auf dem Platz noch immer nichts passiert, das ich beobachten müsste, gehe ich in den Medienaufenthaltsraum. Der Raum erinnert an eine Kantine, an jedem Tisch sitzen kleine Grüppchen und planen den Ablauf für den Abend. Man hört bei einigen Verbundenheit mit dem Verein, bei anderen professionelle Neutralität. Ich hole mir etwas zu essen, es gibt kleine Kartoffeln mit wahlweise Currywurst oder anderem Fleisch.

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19:30 Uhr – Die Aufstellung wird bekannt gegeben. Kollegen laufen durch den Raum und verteilen freundlicherweise die simplen Zettel mit den Basisinformationen zum Spiel. Sofort breite ich mein Arbeitsmaterial auf dem Tisch aus, gleiche die Aufstellungen mit dem vergangenen Spieltag ab, markiere die Änderungen und setze mich an die „Personelle Lage“ der Analyse. Dabei muss ich mutmaßen, wie die Mannschaften tatsächlich spielen, da die „Aufstellungen“ die Spieler mit Ausnahme der Torhüter nicht nach Position, sondern nach Rückennummer sortiert auflisten.

19:50 Uhr – Kurze telefonische Rücksprache mit dem Chef, der heute mein Mann im Hintergrund ist. Ich schreibe nur den Text, er kümmert sich nach meiner Freigabe um Formatierung, Foto und Veröffentlichung des Artikels. Wir fachsimpeln ein bisschen über die fünf Änderungen in der Aufstellung des effzeh, dann mache ich mich wieder auf den Weg zur Tribüne.

20:00 Uhr – Die Pressetribüne füllt sich, genau wie das Stadion. Erste Schätzungen der Zuschauerzahl liegen bei über 40.000, auch der Gästeblock ist gut gefüllt. Vor mir auf dem Klapptisch liegen iPad, Block, Stift und der Aufstellungszettel, den ich zuvor bekommen habe. Eine große Hilfe, um die Spieler der Gastmannschaft identifizieren zu können.

20:15 Uhr – Nach dem üblichen Ablauf vor den Spielen mit Hymne und Einmarsch der Mannschaft wird das Spiel pünktlich angepfiffen. Auf meinem Block schreibe ich das Spiel wie in einem Live-Ticker mit. Jeder gute Angriff, jeder Gedanke der mir kommt wird schriftlich festgehalten, damit ich ihn bei der Rückschau auf die Halbzeit nicht vergesse. Eineinhalb unleserlich vollgekritzelte A4 Seiten werden es bis zum Ende der ersten 45 Minuten.

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21:01 Uhr – Die erste Halbzeit endet, es wird hektisch. In der Halbzeitpause entsteht die erste Hälfte des „Spielverlaufs“, ich treffe eine Vorauswahl für die „Spieler im Fokus“ und auch die gelbe Karte von Matuschyk muss eingetragen werden. Genau rechtzeitig zum Wiederanpfiff werde ich fertig. Bei den zwei „strittigen“ Szenen der Halbzeit, dem Abseitstor von Brecko und dem darauffolgenden Handspiel im Kölner Sechzehner, bin ich mir sicher genug um keine telefonische Rücksprache zu halten.

21:16 Uhr – Mit dem Start der zweiten Halbzeit setze ich meinen privaten Live-Ticker fort. Die Zuschauerzahl wird durchgegeben und sofort notiert, 45.200. Gar nicht so falsch getippt.

21:42 Uhr – Das Spiel ist noch in vollem Gange, aber um zum Spielschluss mit der Analyse fertig zu sein, beginne ich damit den Spielverlauf der zweiten Halbzeit in den Artikel zu schreiben. Ein Auge auf dem Feld, ein Auge auf dem Bildschirm. Bloß nichts verpassen, aber auch keinen Mist schreiben.

21:50 Uhr– Zehn Minuten vor dem Spielende steht es noch immer 0:0, das Stadion kocht. Die Stimmung ist großartig, der effzeh in voller Offensive. Ich lege mich trotzdem fest, das gibt heute nichts mehr. Auf die Gefahr hin, in wenigen Minuten alles noch einmal schreiben zu müssen, beginne ich mit dem Fazit auf Grundlage des aktuellen Spielstands. Immer wieder muss ich unterbrechen, um Auswechslungen zu notieren und Chancen in den Spielverlauf einzupflegen. Die „Spieler im Fokus“ sind ebenfalls bereits fertig. Wenn jetzt noch ein Tor fällt, brennt nicht nur die Hütte, auch mein kompletter Zeitplan würde sich auf einen Schlag erledigen.

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22:03 Uhr – Abpfiff, am Ergebnis hat sich nichts mehr getan. Als Fan ärgert es mich, aber mein Text ist fertig. Hastig tippe ich den Teaser, während direkt neben mir die Zuschauer von den Clubsitzen das Stadion verlassen und mir interessiert über die Schulter gucken. Ich habe keine Zeit, muss schnell runter in die Mixed Zone, aber irgendwie fällt mir nichts für den Teaser ein. Gut, dass die Mannschaft noch in die Kurve geht, das bringt Zeit! Als der Teaser fertig ist, telefoniere ich kurz mit dem Chef und gebe den Text frei.

22:07 Uhr – Ab in die Mixed Zone. Dominic Maroh steht bereits umkreist von einigen Kollegen beim Interview. Ich versuche aus der vierten Reihe mein Diktiergerät nah genug heranzubringen, aber die Aufnahme kann ich vergessen, das weiß ich sofort. Gerade in dem Moment kommt Thomas Bröker, nach einigem Geschiebe stehe ich direkt neben dem Kollegen vom TV. Aufnahme ist gut, Bröker sympathisch, aber aus seinen Aussagen wird man nicht viel machen können. Sascha Bigalke kommt als Nächster, diesmal stehe ich in der zweiten Reihe, das muss auch eine gute Aufnahme werden. Doch Bigalke flüstert fast ins Mikrofon, ich kann ihn kaum verstehen. So ein Mist!

22:20 Uhr– Nach dem wenig erfolgreichen Ausflug in die Mixed Zone bin ich einer der Ersten im Pressekonferenzraum. Es ist noch Zeit, deshalb gucke ich mir meine Analyse noch einmal an. Der Artikel ist mittlerweile online, das ausgewählte Bild gefällt mir. In Ruhe bereinige ich den Text von kleineren Fehlern und Wortwiederholungen, während sich der Raum langsam füllt.

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22:34 Uhr – Die Trainer kommen, einige FC-Offizielle verteilen sich im Raum. Zwei junge Damen halten Mikrofone für Nachfragen bereit. Pauli-Trainer André Schubert beginnt, spricht erst über seine Mannschaft und dann lange über den FC. Schlagwortartig schreibe ich interessante Zitate mit. Im Anschluss kommt Stani zu Wort, mein Stift raucht. Kaum jemand spricht so häufig in plakativen Sätzen, die man als Überschrift benutzen kann. Ich bemühe mich, möglichst wortgetreu mitzuschreiben, aber es ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Zumal mir als Fan gefällt, was der Trainer zu sagen hat und ich immer wieder schmunzeln muss.

Nach den Ausführungen der Trainer ist es Zeit für Nachfragen, die vor allem die Kollegen von Express und Stadtanzeiger nutzen. Man merkt schnell, wohin der Hase läuft, als alle Fragen mit einer nahenden Trainerentlassung zu tun haben. Als Journalist schüttele ich, wie viele Kollegen im Raum, den Kopf, als Fan möchte ich den Fragenden am Liebsten an den Hals springen.

22:51 Uhr – Mit der Pressekonferenz endet auch der Arbeitstag. Es ist nichts passiert, das spektakulär genug wäre um eine Eilmeldung zu rechtfertigen. Die Zusammenfassung hat Zeit bis morgen. Ich mache mich auf den Weg aus dem Stadion, nach knapp sieben Stunden ist der Ausflug in den Medienbereich vorbei. Vielleicht sehe ich mir das Spiel zuhause noch einmal an, als Fan, in aller Ruhe. Denn eins steht fest, auch wenn die Arbeit auf der Pressetribüne viel Spaß macht: genießen kann man das Spiel dort nicht.

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