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Hennes hat nen dicken Kopp

Der Geissbock hat einen Abstiegskater. Taneu wirft einen Blick in die Seele unseres Lieblingstieres.

© effzeh.com

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Als Hennes eines morgens aufwachte hatte er einen fürchterlich dicken Kopf. Als sei ihm das komplette Stadtarchiv auf seinen Schädel gedonnert, dabei ist er noch nie U-Bahn gefahren. Er ist ja noch nicht mal selbst gefahren. In seinem Auto. Durch Köln. Deshalb hat er auch keinen Ärger mit LKW-Fahrern und Rentnern. Mit denen kommt er gut aus. Er lässt sich immer chauffieren. Das passt ihm ganz gut, da kann er sich auf der Fahrt zum Stadion immer wieder mal einen Überlick in den ortsübliche Gazetten verschaffen. Was da so immer alles über seinen Verein geschrieben wird… man sagt ja im Alter wird man weise, also weiß er auch ganz gut umzugehen damit, inzwischen. Manchmal fragt er sich, wie die Zeitungsmenschen an so exakte Informationen kommen, manchmal fragt er sich wie die Zeitungsmenschen auf so einen Schwachsinn kommen. Eine normale Berichterstattung hat er noch nicht erfahren, aber auch daran hat er sich gewöhnt.

 

So langsam lichtet sich der Nebel, das Dröhnen im Kopf lässt ein wenig nach. Was war das für ein verrückter Traum letzte Nacht. Der effzeh spielt Championsleague. Messi und Ronaldo haben sich mit ihm ablichten lassen und streiten jetzt im sozialen Netzwerk darum, wer freundlicher von ihm begrüßt wurde. Mourinho hat ihn gefragt, ob er nicht lieber in einer sonnigen Großstadt im Süden als Maskottchen tätig sein würde, Guardiola hat ihm mit einem zusätzlichen Strand vor der Haustür geködert, Abramowitsch hat mal eben ein paar Millionen locker gemacht, um ihm die kalte Insel schmackhaft zu machen, auf der er auch seinen Freund Lukas (der ein paar mehr Probleme mit LKW-Fahrern und Rentnern hat) wiedersehen würde.

 

Der Nebel lichtet sich weiter, aber das Dröhnen im Kopf wird wieder stärker. Championsleague? Barcelona. Madrid, Mailand, Chelsea? Das war doch gestern noch wesentlich weiter entfernt als sonst. Langsam kommt die Erinnerung zurück. 60 Gegentore, Katatstrophenrückrunde, Stunk in der Führungsetage, alkoholisierte Spieler – das alles gipfelte im Abstieg am letzten Spieltag. Was erwartet ihn wohl jetzt? Kein Messi, kein Ronaldo, noch nicht mal Müller oder Gomez zu Besuch. Und die Fohlen? Wieso sind Tiere mit nur einem Huf an jedem Bein überhaupt berechtigt zu leben? Und dann machen die auch immer so ein Trara, wenn sie irgendwo auftauchen. Angeber! Spielen jetzt da, wovon ein ordentlicher, gewissenhafter Paarhufer nachts träumt. Ach ja, das war ja mit ein Grund für den Alkoholpegel gestern abend.

 

Was waren das doch für angenehme Weggefährten letzte Saison, für die neuerdings keine Verwendung mehr besteht. Dieser großartige Torwart aus dem Süden, der eigentlich ein paar Kilometer weiter rheinabwärts seine Laufbahn begann. Dank ihm „nur“ 60 Gegentore. Der Verteidiger, der aus Südamerika über Portugal den Weg die schönste Stadt der Welt fand. Hier schnell zum Gott mutierte und als man ihm die göttlichen Fähgikeiten abverlangte, diese nicht mehr zeigen konnte. Der Torjäger aus Slowenien, dem man nachsagt, dass er mit vollem Tank umso besser spielt. Der Defensivallrounder, Königstransfer sagte man, bevor er zwischen die Fronten in diesem unsäglichen Machtkampf geriet. Der kleine quirlige Pole mit zu viel Organen, aber leider nicht genug Herz. Eigentlich hat er sie alle gemocht. Er bedankt sich noch mal in Gedanken bei allen. Und es ist ihm ernst gemeint. Man kann ihnen ja nicht die Schuld geben, an dem, was seinem geliebten Verein widerfahren ist. Eine Teilschuld, OK, aber die trifft auch einen Großteil der Spieler, auf die er jetzt baut. Die haben wenigstens die Chance auf Wiedergutmachung.

 

Der Lichtstrahl im Stall nimmt zu, es wird langsam wärmer. Man könnte daran denken, mal aufzustehen, eine Runde über die Koppel zu gehen. Koppel? Das erinnert ihn an die Bilder der Spieltätten, auf denen seine Mannschaft demnächst antreten muss. Er kann sie ja nur bei Heimspielen sehen. Aber gerne würde er den ein oder anderen Rasen auswärts mal in Pflege nehmen. Was die sogenannten Greenkeeper da so veranstalten, das kann er auch. Und er würde Futter sparen. Er kratzt sich am Horn. Nein, er liebt seine Koppel, die Umgebung, die nette Nachbarschaft – eine handvoll Schafe, ein Esel (die einzige Art Einhufer, mit denen er sich einigermaßen versteht) und eine kleine Herde Alpakas, die ein Wanderzirkus mal dagelassen hat. Ist schon ganz gut so, auch dass er nicht mit auswärtsfährt.

 

Der Mund ist trocken, Geschmack kann man das nicht nennen, was die Knospen so wahrnehmen. Dafür haben sich die Augen so langsam an die zunehmende Helligkeit gewöhnt, die Beine wollen auch so langsam wieder. Langsam rafft er sich auf, ein Schluck Wasser wäre doch eine gute Idee. Das Dröhnen im Kopf soll ja von relativem Wassermangel in den Hirnhäuten kommen. Er tritt raus aus seinem Stall, auf das taufrische Gras, das regt die Durchblutung in den Füßen an, langsam einen Fuß vor den anderen setzen, irgendwo hier ist die Tränke, er weiß es. OK, er hat sie gefunden, er beginnt den Brand zu löschen und nach einer halben Ewigkeit hat er es geschafft. Er blickt sich um. Was ist das? Wie konnte man ihm das antun? Die Koppel neben ihm wurde neu besetzt. Hätte man ihn nicht fragen können, welche Nachbarn er sich wünscht? Die hätte er nie und nimmer zugelassen. Eine Stute und ihr Kind. Ob man von denen was lernen kann?

 

Auf gute Nachbarschaft! Vielleicht erzählt ihr mir ja, wie es in der Championsleague wirklich ist?

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