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Das Drei-Millionen-Dilemma

Einfach nur feige oder ein sinnvoller Schritt? Während es in den sozialen Netzwerken Beschimpfungen hagelt, fragen wir uns nach dem Sinn der Zoller-Leihe für Fans, Verein und Spieler.

Foto: Dirk Unschuld

Manchmal kann Facebook verdammt gemein sein. Vor gut einem Monat postete Simon Zoller noch in einem Anflug von Neujahrseuphorie, dass er sich unglaublich auf die Rückrunde freue, dass er voller Tatendrang sei und das Vorhaben gemeinsam mit dem Effzeh angehen wolle. Am 1. Februar sah man dann ein Bild von Simon Zoller im Dress des 1. FC Kaiserslautern und darunter aufgebrachte Anhänger des 1. FC Köln. Facebook vergisst nicht.

„Dreckiger Heuchler“, „Komm bloß nicht wieder“, „Den Bauern könnt ihr wiederhaben“, „Muschi“ oder „Verräterschwein“ waren nur einige der Aussagen, die dem Mittelstürmer im sozialen Netzwerk entgegenschlugen, kurz nachdem wie aus dem Nichts seine Leihe bis zum Saisonende zurück zum FCK bekannt wurde. Selber schuld oder absolut verwerflich, diese Kommentare? Wie ist die „Flucht“ von Simon Zoller zu bewerten?

Foto: Dirk Unschuld

Foto: Dirk Unschuld

Aus Sicht der Fans:

Natürlich gehen die oben genannten Kommentare viel zu weit, sind unsachlich und unter der Gürtellinie. Verständlich sind sie trotzdem. Da kommt ein Stürmer für drei Millionen Euro, legt sich zu Beginn der Saison ein Facebook-Profil zu, über das er immer wieder Kampfparolen raushaut, nur um dann durchgehend wie ein Fremdkörper zu wirken in einer stets engagierten Kölner Mannschaft. Es kam stets der Eindruck auf, dass da auf dem Platz viel mehr Schein als Sein zu sehen ist.

Wer als enttäuschender Sommer-Top-Transfer zu Beginn des Jahres wieder die nächste große Ansage raushaut, nur um wenige Tage später dann zum alten Verein zu wechseln, der darf sich zumindest nicht wundern, wenn das den Kölner Fans nicht gefällt. Als Effzeh-Fan muss man diesen Wechsel weder gutheißen noch verstehen. Das Positivbeispiel zu Zoller steht dabei mittlerweile fast jedes Spiel auf dem Platz. Anthony Ujah, dessen Leistungen von Beginn seiner Zeit beim Effzeh auch immer im Kreuzfeuer der Kritik standen, kämpfte sich trotz böser Stimmen immer weiter rein ins Team, arbeitete im letzten Sommer enorm an sich und behielt trotz eigener Krisen stets ein Lächeln auf den Lippen. Es geht also auch anders.

Aus Sicht des Spielers:

Wir wissen natürlich nicht, was im Kopf von Simon Zoller vor sich geht. Deshalb sollte man mit Vorwürfen wie „Keine Eier“ oder „Mental zu schwach“ eher vorsichtig sein. Doch die Aussagen von Peter Stöger zum Wechsel werfen dann schon Fragen auf hinsichtlich des Charakters vom Top-Transfer des Sommers. „Ganz ehrlich: Ich hätte mir eine andere Reaktion erhofft. Jetzt zu sagen: Ich möchte die sechs Monate was anderes probieren – nun ja. Aber vielleicht tut ihm ein anderes Umfeld, ein anderer Trainer ja jetzt gut. Wenn er meint, das wäre kurzfristig die beste Lösung für ihn, dann wollen wir da nicht im Weg stehen“, sagte der Österreicher mit durchaus bitterem Ton.

Auch für einen Spieler selbst ist es bedenklich, wenn man die Chance in der Bundesliga zu spielen nach nur einer Hinrunde wegwirft, um in die Wohlfühlzone zurück zu gehen. Dabei war es nicht so, dass Zoller keine Chance erhielt in Köln. Er stand in mehr als der Hälfte aller Spiele auf dem Platz; Stöger stellte teilweise sogar das System für ihn um. Die Fans zeigten zu Beginn kaum Kritik. Unfassbar schlechte Bedingungen hatte Zoller in Köln also nicht, gerade mit Blick auf die Rückrunde und den Quasi-Sportinvaliden Patrick Helmes. So war Zoller trotz der mauen Leistungen in der Hinrunde nicht weit weg von der Rückrunden-Stammelf.

© effzeh.com

© effzeh.com

Es gab schon einmal Spieler, die dann den Arsch zusammenkniffen haben. So bedeutet der Wechsel auch für Zoller selbst einen klaren Rückschritt. Aber in Köln kennt man sich ja aus mit diesen Heimkehrern, die abseits der eigenen Stadt nie so richtig glücklich werden und nachweislich an der alten Liebe hängen bleiben, oder Prinz Peng?

Aus Sicht des Vereins:

Für den Verein und die Verantwortlichen ist die gesamte Zoller-Posse bislang ein einziges großes Missverständnis und ein Desaster, an dem man selbst allerdings keine große Schuld trägt. Natürlich waren drei Millionen Euro etwas zu viel Geld für einen Zweitliga-Stürmer, doch Zoller war im Sommer heiß begehrt. Junge, vielversprechende Stürmer aus Deutschland wachsen eben auch nicht auf den Bäumen. Zudem passte Zoller ins System, in die Ausrichtung des Vereins und zur Spielphilosophie des schnellen Umschaltens. Dass Köln in der Hinrunde stattdessen die Light-Version von Thomas Bröker zu sehen bekam, konnte man anhand Zollers letzter Saison in Kaiserslautern nicht erahnen.

Nun kommt eben jener Spieler zu den Verantwortlichen und sagt denen, dass er weg will. Nach einem halben Jahr. Hier haben Stöger und Schmadtke die einzig vernünftige Entscheidung getroffen. Warum einen Spieler behalten, der um den Wechsel bettelt? Warum nicht einem Spieler Selbstvertrauen schenken, der bislang verzichtbar und relativ wertlos ist? Warum nicht Schadensbegrenzung betreiben auch hinsichtlich des Marktwertes, der in nur einem halben Jahr rapide gefallen ist? Reisende sollte man nicht aufhalten. Ein unglücklicher Spieler ist zudem gerade in der so wichtigen Rückrunde ein Hemmschuh. Für den Verein ist es also eine nur logische Entscheidung, die den Verantwortlichen aber sicherlich trotzdem wehtut, das unterstreichen auch die Worte von Stöger.

Und dann?

 © Hummel

© Hummel

In seinem ersten Spiel seit dem Wechsel zeigte Zoller in Kaiserslautern direkt wieder eine ansprechende, schwungvolle Leistung und bereitete als Einwechselspieler einen Treffer vor. Doch was bringt das dem Effzeh? Die Verantwortlichen werden nicht so naiv sein, dass sie auch im nächsten Jahr wieder alle wagen Hoffnungen in ihren Drei-Millionen-Mann zu setzen, auch wenn dieser jetzt in der zweiten Liga 40 Tore schießt. Selbst ein Über-Zoller in Kaiserslautern garantiert Niemandem in Köln einen guten Stürmer im nächsten Jahr, zumal der Konkurrenzkampf dann wohl noch größer sein wird. In diesem Winter lief Zoller schon vor dem Konkurrenzkampf mit Ujah und Finne weg.

Nun heißt es erstmal: Weiterspielen, Zoller vergessen und drin bleiben. Das Problem ist nun zwar zeitweise gen Süden geschoben, aber sicher nicht vom Tisch.

 

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