Kann sich noch jemand an die Zeit erinnern, als man sich als Fan des 1. FC Köln für die knauserige Sparpolitik von Andreas Rettig rechtfertigen musste? An die Momente, als man wieder vom Freundeskreis dafür ausgelacht wurde, dass man Fan vom Verein war, der Michael Meier als Manager hatte? Zeiten, als man Spieler weit über dem Zenit des Schaffens für viel zu viel Geld kaufte, eine große Stange Geld in die Hand nahm, um vermeintliche osteuropäische Supertalente loszueisen, die sich dann als Voll-Flop herausstellten?
Oh ja, diese Horroszenarien, sie sind gar nicht allzu lange her und tief verwurzelt mit der jüngeren Vereingeschichte des effzeh. Doch sie verblassen immer mehr angesichts einer abermals außerordentlich guten Transferbilanz von Jörg Schmadtke und Co, für die man aus Hamburg, Bremen oder Stuttgart nicht weniger als neidische und respektvolle Blicke erntet. Nach einer weiteren soliden Saison lässt sich beruhigt und positiv auf die Transferpolitik des eigenen Vereins blicken. Wieder einmal bewies Jörg Schmadtke ein goldenes Händchen.
Tor
Zwischen den Pfosten ist nichts passiert beim effzeh. Das ist eigentlich nicht weiter erwähnenswert, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass man in Köln einen der talentiertesten deutschen Keeper im Kasten stehen hat und vor der Saison mit Borussia Dortmund ein nicht ganz unbekannter und mittelloser Verein nach einer neuen Nummer eins suchte. Aston Villa, der FC Arsenal, der FC Liverpool, Manchester United und sogar Real Madrid sollen vor der Saison Interesse an Timo Horn gezeigt haben.
In Köln blieb allerdings alles ganz ruhig, weil das Torhütertalent mit einem langen wie zufriedenstellenden Vertrag ausgestattet war und die richtigen Perspektiven vorfand. So blieben Gerüchte, die früher hochgebrodelt wären, eine laue Sommerluft. Stattdessen blieb Horn, spielte eine weitere bärenstarke Saison, steigerte seinen Marktwert und weckte noch mehr Begehrlichkeiten, so dass die Verantwortlichen aus einer noch stärkeren Position heraus mit anderen Verein verhandeln können als im letzten Jahr. Vielleicht kann man das Eigengewächs aber ja sogar noch ein Jahr halten. Trotzdem: Im Tor wurde nichts gemacht und damit alles richtig gemacht.
Abwehr
Nachdem Kevin Wimmer seine Tauglichkeit auch in der Bundesliga mehr als nur unter Beweis gestellt hatte, lockte das große Geld aus England. Der effzeh kassierte 6 Millionen Euro aus London für den damals 22-jährigen Österreicher. Das mutete angesichts der englischen Mondsummen beinahe schon nach wenig Geld an, außerdem riss Wimmers Abgang eine Lücke in die zuvor so solide Innenverteidigung. Mit Bruno Nascimento und Miso Brecko gingen zudem zwei weitere Verteidiger, die allerdings ersetzbar geworden waren. Brecko brachte sogar noch 500.000 Euro ein. Angesichts seines Alters und seines Leistungshorizonts eine schmeichelhafte Summe. Schmadtke reinvestierte die sechs Millionen Euro für Wimmer zu einem großen Teil in die Verteidigung und holte für insgesamt fünf Millionen Euro gleich drei neue Verteidiger, die allesamt einschlugen.
Insbesondere der für nur 1,5 Millionen Euro aus Kaiserslautern verpflichtete U-21-Nationalspieler Dominique Heintz schlug ein. Die für einen deutschen Jugendnationalspieler so geringe Summe erklärte sich damit, dass Heintz im Saisonendspurt zumeist die Bank gehütet hatte in der Pfalz und Kollege Willi Orban weitaus höher gehandelt wurde. Doch Heintz war vom ersten Spieltag an eine Bank im effzeh-Spiel. Mit seinem starken Spielaufbau ließ er den abgewanderten Wimmer schleunigst vergessen, seine Abgeklärtheit beeindruckte nachhaltig. 33 Bundesligaspiele bestritt der Dauerbrenner in seiner ersten Saison als Innenverteidiger in Dreier- oder Viererkette und sogar als Linksverteidiger. Damit spielte Heintz jeden einzelnen Cent wieder ein. Sein heutiger Marktwert dürfte mehr als dreimal so hoch sein wie seine Ablöse.
Ein bisschen mehr Geld als Heintz kostete Frederik Sörensen. Der Däne kam für zwei Millionen Euro von Juventus Turin und war zunächst einmal eine große Unbekannte. Der 23-Jährige startete die Saison aufgrund der Maroh-Verletzung an der Seite von Heintz in der Innenverteidigung und stand in den ersten 12 Saisonspielen auf dem Feld. Sörensen wirkte nicht immer so souverän wie sein Nebenmann, deutete sein Potenzial aber mehrfach an. In der Rückrunde setzte Peter Stöger seinen Schützling nur noch als Rechtsverteidiger ein, wo Sörensen ein wenig überraschend richtig stark aufspielte und bei der 0:1-Niederlage gegen die Bayern sein wohl bestes Saisonspiel machte. Auch der Däne hat seine Ablöse schon wieder reingespielt.
Im Winter kam schließlich mit Filip Mladenovic auch noch ein Stammspieler von Champions-League-Teilnehmer Bate Borisov für gerade einmal 1,5 Millionen Euro. Ein 24-jähriger Linksverteidiger mit Champions-League-Erfahrung für diesen geringen Betrag? Wieder gab es fast ausschließlich Applaus für die Verpflichtung eines Spielers, der dem gewöhnlichen Bundesligafan nur wenig sagte. Zum Vergleich: Der FC Chelsea hatte wenige Monate vorher für einen nur wenige Jahre jüngeren Linksverteidiger ohne internationale Erfahrung über 20 Millionen Euro ausgegeben. Beim effzeh stellte sich ziemlich schnell heraus, dass Mladenovic mit seinem Kampfgeist, seiner Laufbereitschaft und seinen guten Flanken eine Bereicherung darstellen könnte, obwohl der Serbe eher als linker Mittelfeldspieler überzeugte und in der Verteidigung noch einige Wackler zeigte. Dennoch: Ein guter Vorgriff auf einen möglichen Abgang von Jonas Hector, der übrigens sogar fast ein Jahr älter ist und im Falle eines Wechsels weitaus mehr Geld in die Vereinskassen spülen wird.
Letztlich wurde also der Abgang eines Stammspielers nicht einfach nur abgefedert, stattdessen wurde das eingebrachte Geld investiert, um Qualität, Quantität und Flexibilität in der Verteidigung deutlich zu erhöhen, ohne große Stabilität abzugeben. Besser geht kaum.
Der zweite Teil unserer Transfer-Bilanz wird sich mit dem Mittelfeld, dem Sturm sowie einem Fazit für die abgelaufene Saison 2015/16 beschäftigen.