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Kolumnen

WM Serie: Der erste Millionenmann

Weisweilers Liebling war ein Belgier. Roger van Gool, der erste Millionentransfer der Bundesliga, führte den FC gleich zum Double.

Die Fußballweltmeisterschaft ist neben den Olympischen Spielen das größte Sportereignis der Welt. Für die Vereinsmannschaften bedeutet das vor allem eines: Ruhe. Wir verweilen währenddessen aber nicht in den Liegestühlen und erinnern uns an FC-Helden oder Nicht-Helden aus den jeweiligen WM-Nationen. Heute: Der erste Millionentransfer der Bundesliga- Der belgische Nationalspieler und Prototyp eines Rechtsaußen : Roger van Gool.

Belgien – Russland, 22.06.2014, 18 Uhr, Estádio Maracanã, Rio de Janeiro, Gruppe H

Ich spielte 1976 in der E-Jugend des SV Westhoven (Stadtteil von Köln-Porz), eine F-Jugend gab es damals noch nicht.
Ein zusammengewürfelter Haufen Kinder der Großstadtsiedlung, die jeden Nachmittag auf dem Bolzplatz ihrem Herzblut nachgingen.

Irgendein Trainer kam dann auf die Idee eine E-Jugend zu formen aus diesen positiv Bekloppten, da der Verein damals über zu wenig Nachwuchs klagte.
Der Anfang war schwer. Das Prinzip Fußball bestand in meinem Kindesalter lediglich darin den Ball irgendwie zu ergattern und ihn möglichst schnell ins gegnerische Tor unterzubringen.
Damals war Teamgeist scheißegal, man war Egoist und wollte nur das eine: Tore netzen.

Dumm war, dass alle anderen zehn Mitspieler das auch wollten und so kam es im ersten Jahr der E-Jugend des SV Westhoven nie zu einem adäquaten Spielaufbau. Alle rannten auf den Ball, alle wollten nur das eine. Damals. Zu Beginn meiner kurzen Fußballerkarriere.

Vorbilder
Unser Mittelstürmer Mark T. war der Beste. Zumindest was das Tore schießen anging. Ich war Rechtsaußen. Normalerweise soll man die Stürmer füttern mit Flanken. Den Mittelstürmer.

Früher war Fußball noch einfach, da gab es keine Rauten oder flache Vieren oder falsche Neunen oder so. Früher gab es IMMER drei Stürmer. Zwei Außen und einer in der Mitte, den man bedienen sollte. Im ersten Jahr war mein Trainer bedient. Trotz meiner ca. 30 Tore, denn wenn ich mannschaftdienlicher gespielt hätte, wär die Tordifferenz damals noch günstiger ausgefallen für uns.

Wir wurden nur Dritter.
Im ersten Jahr.

Mark T. schoss in der ersten Saison über 60 Tore. Das fuchste mich ein wenig, kam aber sehr schnell darauf wieso das so war. Er hatte damals schon ein Vorbild: Dieter Müller. Die Tormaschine vom EFFZEH. Ich hatte keins. Alles was der 1.FC Köln da auf der rechten Seite, auf meiner Position aufbot, war für mich Nichts. Links war Hannes Löhr, in der Mitte Dieter Müller. Das Mittelfeld mit Overath Flohe und dem Wasserträger Simmet mehr als extraklasse besetzt. Aber Rechts?

Mir fehlte es an Vorbildern…..

1,15 Mio. D-Mark

Panini Sammelbild 1976

Panini Sammelbild 1976

Nichts war in Aussicht bis FC Konditionstrainer Rolf Herings beim Länderspiel der Belgier gegen Holland auf der Tribüne saß. Er wollte eigentlich den Holländer René van de Kerkhof beobachten, seine Augen blieben aber bei einem Belgier hängen, obwohl die „Roten Teufel“ gegen das Nachbarland mit 0:5 verloren. Manager Karl-Heiz Thielen beobachtete dann noch ein Spiel von van Gool mit dem FC Brügge, welches auch verloren ging – dennoch riss das Interesse an dem belgischen Stürmer nicht ab.
Der FC Brügge forderte eine Ablöse von über einer Millionen DM, ein Rekord für die damalige Zeit. Im Gegensatz zu heute war der effzeh aber finanziell ausgezeichnet aufgestellt und so einigte man sich auf die exakte Ablösesumme von 1,15 Mio. D-Mark. Der erste Millionen Transfer der Bundesliga.

Hennes Weisweiler gefiel das Auftreten des Belgiers. Er kämpfte wie ein Bullterrier um jeden Ball und sein fröhlicher Charakter ließ schnell den Neidfaktor innerhalb der Mannschaft vergessen. Van Gool wurde eine Art Lieblingsschüler von Weisweiler und der Belgier rechtfertigte das Vertrauen von Beginn an. Schnell, dribbelstark und mit starkem Zug zum Tor – so wurde der 1,72 Mann schnell zu einer wertvollen Verstärkung am Geißbockheim.

Van Gool entwickelte sich so sehr schnell zum Publikumsliebling in Köln. Durch seine sympathische Art fand er sich schnell im Rheinland zurecht, trotz der hohen Ablösesumme und dem Druck wurde er schnell mit der Offensivachse Flohe und Müller zu einer der Leitwölfe beim FC und seine lockere Art, auch während der Trainingseinheiten, brachten die Mannschaft zu Höchstleistungen und Hennes Weisweiler oft zum Schmunzeln.

Erfolgreichste Epoche der Vereinsgeschichte

Mit van Gool begann die erfolgreichste Phase der Vereinsgeschichte.
Im ersten Jahr gewann der effzeh 1977 direkt den DFB Pokal. 77 / 78 war er maßgeblich am Double beteiligt – beim DFB Pokalfinale gegen Düsseldorf netzte er das zweite Tor zum Endstand selber und traf während der Saison immerhin zwölf mal die Bude – von den zahlreichen Vorbereitungen ganz zu schweigen.
1978/79 sorgte unser effzeh für magische Europapokalnächte in Köln Müngersdorf.
Im Pokal der Landesmeister (Heute: Championsleague) erreichte man das Halbfinale gegen die damalige Übermannschaft von Nottingham Forest. Das Hinspiel endete 3:3 auf der Insel – das beste Spiel des belgischen Flügelflitzers, in dem er auch ein Tor schoss. Man wähnte sich schon im Endspiel von München nach diesem Unentschieden, verlor dann aber unter Flutlicht im Müngerdorfer Stadion unglücklich mit 1:0. Forest Außenverteidiger Viv Anderson meldete van Gool komplett ab, für den Belgier bis heute das schlimmste Erlebnis seiner Profilaufbahn.

Dennoch: Endlich hatte ich mein Idol und fortan lief es auch bei mir fußballerisch besser:
1978, als Jugendmeister, wurde ich von der SPVG Porz für die Sonderstaffel abgeworben.

Das Ende einer großen „7“

Panini Sammelbild 1978

Panini Sammelbild 1978

Van Gools letztes Jahr beim FC 1980 war von Schmerzen geprägt. Sein Rücken machte es nicht mehr und er vermied eine Operation aus Angst eine Querschnittslähmung davon zu tragen.
Mit 96 Pflichtspielen und 28 Toren, der Deutschen Meisterschaft und dem zweimaligen DFB-Pokal Sieg verließ van Gool den FC für eine Ablöse von 1,2 Mio DM 1980 in Richtung Coventry City, obwohl er schon Hennes Weisweiler die Zusage gab ihm nach Cosmos New York zu folgen.

In Coventry brachte Roger van Gool nicht mehr annähernd die Leistungen wie in Köln, einerseits litt er an starken Achillessehnenbeschwerden, anderseits war das Kick&Rush der Insel nicht sein Stil. Nach nur einem Jahr wechselte er wieder in seine Heimat zu Royal Antwerpen, bevor er noch für ein Jahr zu Olympique Nîmes nach Frankreich wechselte und 1983 maßgeblich am Aufstieg der Truppe beteiligt war. Es folgte noch ein halbjähriges Intermezzo beim belgischen Club Sint-Niklas danach war dann Schluss mit dem Profifußball.

Heute ist Roger van Gool „International Football Consultant“ und lebt im belgischen Schoten in der Provinz Antwerpen.

Roger van Gool ist bis heute einer meiner Lieblingsspieler des glorreichen FC und mit Sicherheit einer der größten „7er“ aller Zeiten im FC Trikot.

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