Es ist noch nicht einmal zwei Wochen her, dass ein gewisser Leon Balogun, seines Zeichens Profifußballer beim FSV Mainz 05, mit seinem Treffer zum 2:0 im Heimspiel gegen den effzeh dafür gesorgt hat, dass im Kölner Dom eiligst Kerzen angezündet wurden und der Fußballgott sich vermehrt mit dem Flehen Kölner Fans auseinandersetzen musste, die verzweifelt dafür beteten, dass ihr Verein bitte doch nicht absteigen dürfe. Im Beichtstuhl der Neuzeit, anders Social Media genannt, wetzten kritische Fans die Messer, holten die Mistgabeln hervor und forderten a) den Rausschmiss von Peter Stöger als Hauptverantwortlichen der Misere oder b) dass sich die “Millionäre da unten auf dem Platz mal den Arsch aufreißen” sollten. Es ist zwar kaum vorstellbar, doch diese Situation war an einem Sonntagnachmittag Mitte April noch absolute und harte Realität.
Besagte zwei Wochen später ist wieder eitel Sonnenschein in Köln, zumindest im übertragenen Sinne. Mit einer Energieleistung drehte man das Spiel in Mainz zu seinen Gunsten, um dann eine Woche später vor heimischem Publikum ein überzeugendes 4:1 gegen Darmstadt 98 folgen zu lassen. Und wieder griffen die Gesetze der Natur: stimmungsvoll besangen die effzeh-Anhänger die kommenden Reisen im Europapokal, es wurden schon überstürzt Urlaubsplanungen über den Haufen geworfen, weil im Oktober das wichtige Spiel in Dnipropetrowsk ansteht und dann machte in dieser Woche auch noch ein halbseriöses Online-Medium namens effzeh.com darauf aufmerksam, dass mit einem laut eigener Aussage “völligst normalen Saisonverlauf” auch noch der vierte Platz und somit die CL-Qualifikation machbar wäre.
Was machen wir jetzt mit dem Ende der Saison?
Es ist gut zu wissen, dass die sportlichen Entscheidungsträger des effzeh nicht den Eindruck erwecken, als würden sie bei solch konträren Entwicklungen komplett die Nerven verlieren. Das Erreichen der magischen 40-Punkte-Marke gilt nicht mehr und nicht weniger als das Mindestziel, was vor der zweiten Bundesligasaison des effzeh in Folge ausgegeben wurde. Dass nach Erreichen dieses Ziels noch drei Spiele bleiben, um das Maximalziel der “40 Punkte plus X” zu erreichen, ist ein willkommenes Zubrot. In anderen Worten würde diese Saison als Erfolg gewertet werden, wenn der effzeh am Ende auf einem einstelligen Tabellenplatz steht, was die nachhaltige und behutsame Entwicklung unterstreichen würde. Die Rufe nach Europa haben zwar ihre theoretische Berechtigung und sind insbesondere für jüngere effzeh-Fans zu diesem Zeitpunkt der Saison ein Novum, da man in der nicht allzu fern zurückliegenden Vergangenheit drei Spieltage vor Schluss entweder schon abgestiegen war oder sich verzweifelt an den letzten Strohhalm klammerte. Es müsste allerdings schon einiges zusammenkommen, damit der effzeh wirklich noch unter die besten Sieben in Deutschland kommt.
In der Mannschaft wird man sich mit Sicherheit ebenfalls mit dieser zumindest theoretischen Chance auf ein europäisches Abenteuer beschäftigt haben, für das man in den kommenden drei Spielen dann mindestens sieben Punkte holen müsste. Ich wäre ehrlich gesagt enttäuscht über den Ehrgeiz der Spieler, wenn sie sich nicht damit beschäftigen würden. Gewiss sind sie in der Lage, die Situation realistisch einzuschätzen, doch ein zusätzlicher Anreiz kann für das Ende der Saison auch noch einmal den Ausschlag dahingehend geben, sich neu zu motivieren. Das gebietet alleine auch der Respekt den anderen Mannschaften gegenüber, die noch nicht gesichert sind – mit Augsburg und Bremen trifft der effzeh auf zwei mehr oder weniger akut gefährdete Mannschaften und in derselben sportlichen Situation würden wir auch die komplette Leistungsbereitschaft von den Mannschaften verlangen, die gegen die Konkurrenten des effzeh antreten.
Finnbogason als Augsburgs Faustpfand im Abstiegskampf
Heute Abend trifft der effzeh mit dem FC Augsburg auf eine Mannschaft, die nach einem sportlich insgesamt schwierigen Jahr, mehr oder weniger beeinflusst durch die Doppelbelastung durch die Europa League, sich mehrfach aus schwierigen Situationen hat befreien können. Drei Siege aus den letzten drei Spielen haben den FCA dann auch aus dem unmittelbaren Schlamassel gehievt und in eine gute Ausgangsposition gebracht, um den Klassenerhalt vorzeitig zu sichern. Dass drei Siege am Stück in der Bundesliga nicht von ungefähr kommen, dürfte bekannt sein. Ebenso, dass der FCA über eine abgezockte, physisch robuste Mannschaft verfügt, die jedem Gegner in der Bundesliga das Leben schwer machen kann. Dass momentan auch die mentale Komponente zu stimmen scheint, zeigt sich daran, dass die Mannschaft neben den Big-Point-Spielen in Bremen und zuhause gegen Stuttgart auch in Wolfsburg gewinnen konnte. Das Faustpfand war dabei Alfred Finnbogason, der im Winter von Real Sociedad San Sebastian ausgeliehen wurde und seither sechs Tore in elf Spielen erzielen konnte. Die Effizienz vor dem gegnerischen Tor kam damit genau zum richtigen Zeitpunkt. Es wird davon auszugehen sein, dass der FCA am heutigen Freitag vor eigenem Publikum den Klassenerhalt perfekt machen möchte und dementsprechend proaktiv zu Werke gehen wird.
Auf Seiten des effzeh schwankte die Erwartungshaltung bezüglich der Aufstellung ein wenig zwischen Experimentierfreudigkeit im Endspurt und erzwungener Rotation. Es ist davon auszugehen, dass Stöger eine relativ konservative Aufstellung wählen wird, in der die einzige Frage zu sein scheint, wer Mergim Mavraj ersetzt, der unter muskulären Problemen leidet. Doch auch wenn Stöger mit einem unerwarteten Namen überrascht: in dieser Saison kamen bislang alle Feldspieler zum Einsatz und es ist nicht davon auszugehen, dass irgendjemand sich bereits in der Hängematte sieht. Dass man das sportliche Ziel bereits erreicht hat und jetzt zusätzlich dazu noch ein wenig mehr auf dem Spiel steht, ist hoffentlich genug Motivation, um auch in Augsburg zu punkten. Wenn heute Abend allerdings die Träume von Europa zerplatzen, bitte nicht wieder die Mistgabeln rausholen.