Und der Mittelfeldspieler hatte sich schon für die deutsche Nationalmannschaft entschieden, da kannte Reinhard Grindel in der Fußballwelt noch keine Sau. Seit fast zehn Jahren schnürt der Arsenal-Spieler nun bereits die Schuhe für den DFB – und stieg im Club-Fußball zu einem der besten Regisseure der Welt auf.
Dass dieser Spieler, der bei der diesjährigen Weltmeisterschaft keineswegs schlechter spielte, als Thomas Müller, Joshua Kimmich oder andere – obwohl in seinem Heimatland eine Kampagne gegen ihn angezettelt wurde – nun von Bierhoff und Grindel „sportlich“ in Frage gestellt wird, ist vollkommen absurd. Und zwar so absurd, dass man die beiden DFB-Offiziellen wenn nicht für ihren schlechten Stil, dann wenigstens für die sich in dieser Einschätzung offenbarende sportliche Inkompetenz rauswerfen müsste.
Passieren wird das aber vermutlich nicht. Es scheint in Deutschland derzeit ohnehin nicht en vogue zu sein, Leute rauszuwerfen, die es verdient haben. Ob Bundesinnenminister oder DFB-Präsident – die wandelnden Peinlichkeiten der Republik dürfen der Menschheit weiter munter auf die Nerven gehen. Und so werden vermutlich auch Löw, der seinem Vorgesetzen mit dröhnender Stille nicht widerspricht, sondern lieber abtaucht, als auch Bierhoff, der vermutlich niemand etwas Böses will, aber nicht mehr Herr der Lage ist, sowie Grindel, der nun einfach nur sein politisches Gesicht zeigt, aus der Nummer irgendwie raus kommen.
Özil: Nächstes Mal besser Lothar Matthäus schicken
Das liegt aber natürlich nicht daran, dass Mesut Özil weiterhin schweigt. Ob ein Statement jetzt noch viel für die Nummer Zehn der Nationalelf ändern würde, ist aber ohnehin fraglich. Mittlerweile wäre es vor allem ein Einknicken vor all denjenigen, die glauben, sie hätten ein Recht darauf, dass Özil öffentlich bekennt, ein ganz toller Alman zu sein und verspricht bei der nächsten Einladung türkischer Politiker lieber mit „Darf nicht, aber kann Lothar oder Gerd vorbei schicken, amk“ zu antworten.
Keine Frage, liebe Leser und Leserinnen: Erdogan vertritt eine Politik, die mit freiheitlichen Grundwerten nicht mehr zu vereinen ist. Da sind wir uns einig. Genauso wie die bei Matthäus so beliebten Wladimir Putin in Russland oder Viktor Orban in Ungarn. Und übrigens: In Saudi-Arabien dürfen Frauen erst seit diesem Sommer Auto fahren – das hinderte die DFB-Delegation aber keineswegs daran, den saudi-arabischen Kollegen beim Freundschaftsspiel vor der WM, brav Geschenke zu überreichen. Sport verbindet doch, weiß man ja. Dass der FC Bayern, der die meisten Spieler der Nationalmannschaft stellt, für einen Flughafen eines Landes, das Terror mitfinanziert, Werbung macht, stört beim DFB und auch sonst in der Fußball-Branche übrigens ebenfalls niemanden.
Dabei haben all diese Grindels, Bierhoffs und Matthäus‘ weder Wurzeln in Russland, Ungarn oder Saudi-Arabien, noch eine Familie, die aus diesen Ländern stammt oder teilweise noch in ihnen lebt. Ihre einzige Beziehung zu diesen fragwürdigen Gestalten ist wirtschaftlicher Natur: Es geht um Geld, es geht um Macht.
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Was sagt uns der Verband damit? Sich mit dubiosen Figuren zu treffen, ist vollkommen in Ordnung, solang es um Kohle, Macht oder beides geht. Da unterscheiden sich Wirtschaftsministerium und DFB übrigens auch kaum.
“Erdogate”: Unterm Strich nur bigotte Heuchelei
Aber wenn Özil und Gündogan den Präsidenten eines ihrer Heimatländer (ja, das gibt es auch im Plural) treffen, dann ist Großalarm. Dann ist das auf keinen Fall einfach nur ziemlich dumm und ungeschickt, sondern natürlich ein riesiger Skandal und oben drauf der Grund für das sportliche Versagen der ganzen Mannschaft bei der WM. Was für eine Kartoffel-Logik.
Der Tiefpunkt ist das aber leider noch nicht: Es gibt schließlich rund zwanzig Personen in Deutschland, die diesen Spuk beenden und den Verbands-Vertretern den Wind aus den Segeln nehmen könnten. Ohne sie ist die Anzugetage beim DFB schließlich völlig macht- und wertlos. Doch Özils Mitspieler, manche von ihnen sind zusammen mit dem 29-Jährigen in Brasilien Weltmeister geworden, schweigen eisern. Schöne Grüße aus dem Urlaub oder kryptische, sinnlose Tweets von Mats Hummels – mehr ist von dieser Truppe, die „Die Mannschaft“ genannt wird, nicht zu hören, während einer ihrer Mitspieler von Verband, Boulevard und rechten Hetzern öffentlich demontiert wird. „Die Lappen“ wäre da wohl der passendere Name gewesen.