Lieber Bodo, was erwartest Du vom effzeh in dieser Saison?
Ich erhoffe mir eine stabile Saison. Ähnlich wie die letzte, denn das wäre für meine Begriffe schon ein Erfolg für den effzeh, dass er sich wieder in der Ersten Liga etablieren kann, ohne Probleme und ohne Sorgen zu haben, irgendetwas mit dem Abstieg zu tun zu haben. Das, glaube ich, wäre schon ein Erfolg, denn im zweiten Jahr ist es nicht selbstverständlich, dass es da besser läuft als im ersten. Von daher: eine Konsolidierung, eine Bestätigung der Leistung der Vorsaison, wäre für mich schon ein Erfolg.
Und wie schätzt Du die Neuzugänge ein?
Ich finde, dass der effzeh wieder gut eingekauft hat. Ich finde, Jörg Schmadtke hat in den letzten Jahren schon bewiesen, dass er sehr gut am Markt ist, dass er junge Talente entdeckt, die dann auch Entwicklungspotenzial haben und später auch ein gewisses Marktpotenzial besitzen, was ja für den Effzeh auch sehr, sehr wichtig ist. Aufgrund der Tatsache, dass sie nicht international spielen und dort keine Einnahmen haben, ist es wichtig, dass man dann Einnahmen mit Transfers erzielt. Das ist ja in diesem Sommer gelungen, und da sehe ich auch durchaus Potenziale für die kommenden Jahre. Aber auch im Sinne einer Verstärkung der Mannschaft denke ich, dass Schmadtke wieder gute Spieler verpflichtet hat.
Du hast einmal mit Bezug zum 90er-WM-Titelgewinn gesagt, dass der Teamgeist ein Schlüssel zum Erfolg gewesen sei. Denkst Du, dass die Harmonie, die rund um den FC zu herrschen scheint, ähnlich positive Auswirkungen auf die Leistungen hat oder ist ein derartiger Spirit eher wichtig für den begrenzten Zeitraum eines Turniers und weniger entscheidend für eine lange Saison?
Die Harmonie ist auch für eine Mannschaft im Ligabetrieb wichtig, das haben wir Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre erlebt mit Christoph Daum als Trainer. Da hatten wir eine tolle Aufbruchstimmung beim effzeh. Das waren für mich die schönsten Jahre, als wir in der Bundesliga Zweiter und Dritter geworden sind und den Bayern richtig Dampf gemacht haben. Auch da haben die Harmonie und der Zusammenhalt sehr viel dazu beigetragen. Neben der fußballerischen Klasse, die wir natürlich hatten mit Thomas Häßler, Pierre Littbarski, den Allofs-Brüdern, Morten Olsen, Paul Steiner und wie sie alle hießen, hatten wir damals dieses Wir-Gefühl, dieses Köln-Gefühl, was damals entstanden ist. Auch beispielsweise mit der effzeh-Hymne von den Höhnern. Und ich denke auch, dass man das jetzt sieht, dass ein gut funktionierender Club das A und O und eine gute Basis ist für erfolgreichen Fußball.
Wie informierst Du Dich eigentlich über den effzeh?
Ich verfolge den effzeh, so gut ich kann. Vor allem über die Presse wie den kicker und solche Fachzeitschriften.
Guckst Du auch einige Spiele live?
Aufgrund der Zeitverschiebung ist das natürlich schwieriger. Den effzeh sieht man natürlich auch ein bisschen weniger im Fernsehen oder im Internet als zum Beispiel meinen anderen Ex-Club Real Madrid, da ist das Verfolgen etwas einfacher. Aber so gut ich kann, versuche ich, auf dem Laufenden zu bleiben.
Dann hast Du bestimmt auch die Entwicklung Deines Nachfolgers beobachtet? Wie macht sich Timo Horn in Deinen Augen?
Timo Horn ist zu recht in aller Munde, weil er ein großartiges Talent ist. Er hat erst eine tolle Zweitligasaison gespielt und dann eine gute Erstligasaison. Für ihn gilt nun das Gleiche wie für den effzeh: Er muss seine guten Leistungen der Vorsaison bestätigen.
Und wenn ihm dies gelingt: Traust Du ihm dann schon einen Platz im Kader für die EM 2016 zu?
Er kann auf jeden Fall Richtung Nationalmannschaft schielen, wobei das natürlich nicht einfach ist, weil Deutschland halt tolle, tolle Torhüter hat. Angefangen bei Manuel Neuer, der unbestritten für mich der beste Torwart in Deutschland, aber auch in der Welt ist. Da wird es natürlich schwierig, da ranzukommen.
Und wie sieht für Dich aktuell die Rangfolge dahinter aus?
Für mich ist die Nummer 2 momentan ter Stegen, wobei er ja auch nicht so viel gespielt hat in der letzten Saison. Aber ich denke, dass er die nötige Klasse und das Talent hat. Und dann kommt Bernd Leno, der spielt seit Jahren beständig und ist international dabei.
Kann es für Horn ein Nachteil sein, dass er zunächst einmal nicht international spielt?
Es ist natürlich vorteilhaft, wenn man in jungen Jahren schon diese Erfahrungen sammelt, das war ja damals auch mein Vorteil beim effzeh, dass wir damals noch international gespielt haben und ich da schon in jungen Jahren sehr viele Erfahrungen sammeln konnte. Insofern kann das natürlich ein kleiner Nachteil sein, dass die anderen Torhüter diese internationale Erfahrung schon haben.
Hat sich in Deinen Augen der Torhütertypus im Vergleich zu früher verändert?
Früher, wenn wir einmal zurückblicken zu Zeiten eines Toni Schumacher oder Oliver Kahn, waren die Torhüter vor allem vom Körperlichen her noch stabiler, kräftiger, angsteinflößender. Heute sind die Torhüter wieder etwas schlanker geworden und agiler und müssen das auch sein, weil sie einfach viel mehr unterwegs sein müssen, sich viel mehr links, rechts anbieten müssen, praktisch als zusätzlicher Feldspieler. Das ist das Eine, was sich verändert hat.
Siehst Du noch weitere Veränderungen auf das Torwartspiel bezogen?
Natürlich hat die Qualität des Spiels mit dem Fuß zugenommen. Die Torhüter, die mit der Rückpassregel aufgewachsen sind, spielen einfach viel besser mit dem Fuß. ter Stegen ist dafür ein tolles Beispiel. Manuel Neuer sowieso auch. Der war ja im Grunde der Erste der mitspielenden Torhüter. Aber ter Stegen ist echt stark mit beiden Füßen, spielt Bälle von hinten raus, die man früher von einem Torhüter niemals gesehen hat. Früher gab es den Pass mit der Innenseite des Fußes über zehn Meter zum nächsten Mitspieler oder aber den “lange Haferball”, also einfach der Befreiungsschlag. Und heutzutage sieht man auch mal kontrollierte 30 Meter-Pässe, halb hoch, über die Köpfe der Gegenspieler hinweg ins Mittelfeld rein. Das ist für mich die große Veränderung.
Also der eher mitspielende Torwart.
Mit der Abwehr mitzuspielen, das gab es immer mal ein bisschen mehr und dann ein bisschen weniger, je nachdem, wie die Mannschaften gespielt haben. Früher gab es ja noch den Libero, da war das natürlich nicht so notwendig, dass der Torhüter so weit rausgekommen ist, aber später, als dann die Viererkette endlich auch in Deutschland Einzug hielt, wurde das natürlich auch von den Torhütern mehr erwartet. Das variierte letztlich mit den jeweiligen Spielsystemen.
Wie beurteilst Du vor dem Hintergrund der Veränderungen des Torwartspiels aus heutiger Sicht das Torwarttraining von Rolf Herings damals?
Sein Training hätte heute noch absolute Relevanz. Rolf Herings war 1a, der war Spitzenklasse. Diese Art Torwarttraining kann aber auch nicht jeder so machen, weil nicht jeder so gut schießen kann. Rolf Herings hat es verstanden, seine Schusstechnik so hervorragend einzusetzen und immer weiter zu verfeinern, seine Körperbewegungen mit seinen Antäuschungen so gut zu machen, dass man einfach darauf angewiesen war, immer nur auf den Ball zu schauen. Von daher hätte diese Art des Torwarttrainings heute noch Bestand. Das Einzige, das man noch als Zusatz hinzufügen müsste, wäre eben das Spiel mit dem Fuß, wie ich ja eben erwähnt habe.
Deutschland stellt jetzt schon seit Jahrzehnten die stärksten Torhüter der Welt. Verwunderlich ist aber, dass nur wenige so wie Du damals oder wie ter Stegen und Trapp heute den Weg ins Ausland gehen. Woran mag das liegen?
Seit vielen Jahren hat Deutschland in der Tat immer wieder sehr gute Torhüter hervorgebracht. Ich denke, dass so wenige ins Ausland wechseln, hängt vor allem damit zusammen, dass viele Jahre lang in den internationalen Ligen in erster Linie immer erst die Offensivspieler gesucht wurden. Mittlerweile geht die Suche da auch immer weiter nach hinten, da werden dann auch große Summen für Abwehrspieler bezahlt. Und trotzdem ist der Torwart häufig der Spieler, bei dem sich viele Vereine am schwersten tun, Geld auszugeben. Deshalb bleiben die Torhüter dann meistens in Deutschland, wo sie häufig auch mehr geschätzt werden.
Ist es für einen Torwart vielleicht auch schwieriger als für einen Feldspieler, sich in einem anderen Land zurechtzufinden, weil er mehr auf die Sprache angewiesen ist?
Das glaube ich nicht. Ich denke, dass man sehr schnell die Sprache lernen kann, vor allem die wenigen wichtigen Sachen, die man am Anfang braucht, um erfolgreich auch im Ausland spielen zu können.
Abschließend noch zu Dir: Arbeitest Du auch in der kommenden Saison noch beim Fernsehen?
Ja, ich bin immer noch aktiv als TV-Experte, das macht mir sehr viel Spaß, dadurch den Fußball zu verfolgen, darüber zu berichten, zu erzählen und zu analysieren.
Bist Du da bei einem Sender fest angestellt?
Nein, das mache ich freiberuflich. Ich bin nicht an einen Sender gebunden. So bin ich in der Lage, in Amerika zu arbeiten, in Spanien, in Deutschland, in Österreich, dort halt, wo ich gebraucht werde, bin ich dann im Einsatz. Das macht mir sehr viel Spaß.
Und wie sehen Deine Päne für die Zukunft aus? Verfolgst Du noch die Idee, eines Tages als Sportdirektor zu arbeiten? Die entsprechende Ausbildung hast Du ja.
Ich lasse die Dinge auf mich zukommen. Ich möchte nah dran bleiben am Fußball, die Entwicklungen beobachten. Das ist eine Grundvoraussetzung dafür, irgendwann einmal in diesem Bereich auch vielleicht beruflich etwas machen zu können. Ich bin aber durch meine Berichterstattung sowieso immer am Fußball dran und lasse da alles ganz entspannt auf mich zukommen.