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Kolumnen

Taktikanalyse: Der Saisonstart des 1. FC Köln

Vier Pflichtspiel, kein einziges Gegentor. Die kölsche Abwehr aus Granit taktisch zu erklären, ist nicht ganz so einfach. Wir haben uns dafür einen Experten von spielverlagerung.de geangelt.

© Philipp Pelka / spielverlagerung.de

Stöger erzwingt das Hamburger Abkippen und Flügelspiel

1. Spieltag: 1. FC Köln – Hamburger SV 0:0

Startformationen (© Philipp Pelka / spielverlagerung.de)

Startformationen (© Philipp Pelka / spielverlagerung.de)

Nach seinem überzeugenden Auftritt im Pokal blieb Adam Matuschyk in der Startelf und bildete mit Lehmann die Doppelsechs. Marcel Risse kam wie erwartet für Olkowski in die Mannschaft, Wimmer ersetzte Mavraj. Gegen den HSV überzeugte die Stöger-Elf vor allem im Spiel gegen den Ball. Dabei zeigten sie sich sehr variabel und gut auf die Charakteristik des Hamburger Spiels eingestellt. Um das spielstarke Zentrum des HSV aus dem Spiel zu nehmen, hatte sich Peter Stöger gleich mehrere Ansätze zurecht gelegt.

Hohes Mittelfeldpressing lockt Jansen in die Falle

Zu Beginn des Spiels versuchte der FC, die Gäste mit einem hohen Mittelfeldpressing zu überraschen. Dabei reihte sich der Aufsteiger in einem horizontal wie vertikal sehr kompakten 4-4-2 auf. Den Innenverteidigern des HSV wurde von Ujah und Osako Zeit am Ball gewährt – die Doppelspitze konzentrierte sich auf das Verschließen der direkten Passwege zur Hamburger Doppelsechs.

Halfar und Risse rückten sehr weit ein und ließen die HSV-Außenverteidiger bewusst offen. Bauten die Gäste über ihre rechte Seite auf, positionierten sich Osako und Halfar jedoch sehr offensiv, sodass Djourou den Pass auf Diekmeier scheute – Osako und Halfar standen zum schnellen Herausrücken bereit (siehe Grafik unten).

Dadurch zwangen die Kölner den HSV auf die (halb)linke Seite, wo mit Westermann der deutlich spielschwächere Innenverteidiger agierte. Dieser wurde jedoch nicht angelaufen, sondern zu Rück- oder Querpässen verleitet. Westermann kam so auf eine anständige Passquote von 87 Prozent – knapp die Hälfte seiner Zuspiele (46 Prozent) gingen aber eben an seine direkten Nebenmänner.

Baute der HSV über rechts auf, deuteten Osako und Halfar herausrückende Bewegungen an, um die Hamburger auf die andere Seite zu zwingen. (© Philipp Pelka / spielverlagerung.de)

Baute der HSV über rechts auf, deuteten Osako und Halfar herausrückende Bewegungen an, um die Hamburger auf die andere Seite zu zwingen. (© Philipp Pelka / spielverlagerung.de)

Köln erzwingt das Abkippen

Damit erreichte die Elf von Stöger genau das, was sie wollte: Marcel Jansen kam in relativ tiefen Positionen an den Ball. Dorthin verschob der FC sehr kompakt. Jansen brachte aus der isolierten Position heraus nur schwache 67 Prozent seiner Pässe zum Mitspieler. Risse und Brecko machten die Seite zu, Matuschyk sicherte versetzt hinter Risse den Pass ins Zentrum ab. Van der Vaart verschwand im Deckungsschatten – Lehmann wäre jedoch ohnehin nicht weit weg gewesen. Die Folge: Behrami kippte beim HSV vermehrt ab, worauf die Kölner abermals reagierten.

Auf das Abkippen Behramis reagierte Köln mit einer Umstellung auf 4-1-4-1. Durch Badeljs Nadelspielerfähigkeiten hätte hier Gefahr entstehen können – dafür hätte man ihn jedoch anspielen müssen. (© Philipp Pelka / spielverlagerung.de)

Auf das Abkippen Behramis reagierte Köln mit einer Umstellung auf 4-1-4-1. Durch Badeljs Nadelspielerfähigkeiten hätte hier Gefahr entstehen können – dafür hätte man ihn jedoch anspielen müssen. (© Philipp Pelka / spielverlagerung.de)

Matuschyk rückte etwas vor, während Osako sich fallen ließ. Dadurch entstand ein 4-1-4-1, das das Zentrum für den HSV zur Sperrzone machte. Van der Vaart verpasste es, sich im Rücken der Kölner Achter freizulaufen, zudem ignorierten die Hanseaten Badelj. Der Kroate bot sich ständig in Bedrängnis an und hätte als pressingresistente Anspielstation den Ball in die offensiven Halbräume tragen können – beim HSV traute sich jedoch niemand, den 25-Jährigen in solchen Positionen anzuspielen.

Passivität im tiefen 4-4-2-(0)

Im Verlauf der Partie rückten die Kölner weiter zurück, was die Probleme des HSV weiter verstärkte. Weil van der Vaart überhaupt keinen Einfluss aufs Spiel hatte, kippte der Niederländer wie schon in der Vergangenheit extrem weit ab und holte sich die Bälle tief in der eigenen Hälfte. Die Gastgeber reagierten darauf mit einem tiefen und passiven 4-4-2-(0) Mittelfeldpressing.

Die dritte Pressingvariante der Kölner: Im 4-4-2-(0) Mittelfeldpressing profitierte der Aufsteiger vom extremen Abkippen van der Vaarts: Das Zentrum gehörte damit dem FC. (© Philipp Pelka / spielverlagerung.de)

Die dritte Pressingvariante der Kölner: Im 4-4-2-(0) Mittelfeldpressing profitierte der Aufsteiger vom extremen Abkippen van der Vaarts: Das Zentrum gehörte damit dem FC. (© Philipp Pelka / spielverlagerung.de)

Lehmann und Matuschyk agierten dabei oftmals höher als die Flügelspieler Risse und Halfar, die sich um die weit aufrückenden Hamburger Außenverteidiger kümmerten.

Leitendes Pressing und Strafraumverteidigung

Weil Osako und Ujah sich sehr passiv verhielten und etwas zurückfielen, hatte der HSV im Aufbauspiel stets ein kompaktes Viereck – Lehmann, Matuschyk, Ujah und Osako – vor sich. Der Weg durchs Zentrum war damit versperrt – hier wäre durch van der Vaarts Abkippen jedoch ohnehin niemand im Zwischenlinienraum gewesen.

Köln leitete den HSV so auf die Flügel und zwang sie zu (Halbfeld)Flanken, die leicht verteidigt wurden. Gelang es den Hamburgern doch einmal, über Einzelaktionen oder Doppelpässe Fahrt aufzunehmen, unterbanden die Aufsteiger dies schnell durch kleine Fouls. Die daraus folgenden Standards wurden vor allem Dank Ujah verteidigt, der van der Vaarts Bälle richtiggehend anzog.

4-1-4-1/4-3-3 zur Absicherung

In der Schlussphase stellte Stöger auf 4-1-4-1/4-3-3 um. (© Philipp Pelka / spielverlagerung.de)

In der Schlussphase stellte Stöger auf 4-1-4-1/4-3-3 um. (© Philipp Pelka / spielverlagerung.de)

In der Schlussphase brachte Stöger Neuzugang Vogt für Osako. Der vom FC Augsburg gekommene Achter reihte sich in einem 4-1-4-1/4-3-3 neben Matuschyk vor Lehmann ein. Die Achter rückten zur Unterstützung auf die Flügel heraus, wo der HSV weiterhin seine Chancen suchte. Nach Ballgewinn waren es vor allem Vogt und Risse, die Ujah im Konterspiel unterstützten.

Hierbei operierte Köln mit langen Bällen hinter Jansen, die Ujah festmachen sollte. Während Risse und Vogt ballnah Läufe in die Spitze zeigten, boten sich Matuschyk und/oder Halfar als Quer- bzw. Rückpassoption im Zentrum und im linken Halbraum an. Obwohl der HSV gleich mehrere Male nur sehr langsam wieder hinter den Ball kam, spielten die Kölner ihre Konter nicht zu Ende – hier zeigten sich vor allem zwischen Vogt und Ujah Abstimmungsprobleme bei Hereingaben.

Gefallen haben hingegen jene Szenen, in denen Konter abgebrochen wurden, um den Ball länger in den eigenen Reihen zirkulieren zu lassen. Die Mischung aus vereinzelten Nadelstichen und Ballbesitzphasen, die vor allem durch das verstärkte Zentrum um den umsichtigen Lehmann und den dribbelstarken Matuschyk garantiert wurden, nahmen dem HSV jeglichen Rhythmus. Der Punktgewinn war somit nie wirklich in Gefahr.

Lest auf der nächsten Seite die Analyse zu den Auswärtspartien in Stuttgart und Paderborn…

 

 

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