Endlich war mal wieder etwas los in Köln Zollstock. Vor dem hunzelig charmanten Südstadion kam es nach einer halben Ewigkeit mal wieder zu einem heiteren Menschenauflauf und das obwohl rund um den Drittliga-Tempel weder eine Vielzahl an Pokestops oder Arenen angesiedelt waren. Tatsächlich, der effzeh war mal wieder zum Gast im Süden Kölns und da es dem gewöhnlichen, nicht im Urlaub weilenden effzeh-Fan nach dem EM-Hangover doch ein wenig nach Fußball dürstete, pilgerten sogar über 6.000 Menschen ins Südstadion, vornehmlich Anhänger von der Nummer eins in Köln, die in der Stehplatzkurve Nord von einigen wenigen Verrückten herbeigesungen wurde.
Derbystimmung! Oder so. Das Südstadion war so voll wie ewig nicht mehr, doch laut wurde es nie beim Testkick zwischen dem glorreichen 1. FC Köln und seinem kleinen Stiefbruder. Das lag nicht nur am freundschaftlichen Charakter der Begegnung oder den zahlreichen Verhalsplern des angesichts der Kulisse extrem nervös wirkenden Stadionsprechers, sondern vor allem am eher mäßigen Niveau des Spiels. Am Wochenende titelten wir nach dem Testspielcup in Aachen noch “Müde Beine, wacher Wille”, im vierten Testspiel innerhalb der letzten fünf Tage waren aufseiten des effzeh dann aber sowohl Beine wie auch Wille schwach.
Als die Gaffel-Buden rings um das Stadion noch etliche Bierbestellungen aufnahmen und die Menschen noch nach ihren Plätzen suchten, fiel nach zwei oder drei oder vier Minuten, so richtig war man sich im analogen und völlig entdigitalisierten Stadion dann ja nicht, der goldene Treffer des Vorabends, als Bone Uaferro nach einer Ecke einen Stock höher als der im Keller verweilende Mergim Mavraj sprang und das Leder per Kopf unhaltbar an Olympia-Fahrer Timo Horn vorbei ins Tor beförderte. Die gefühlt 20 Fans der Fortuna waren völlig außer sich.
Der Rest des Spiels war wenig ansehnlich. Die Fortuna hatte in Halbzeit eins gänzlich mehr vom Spiel. Dem großen 1. FC Köln fehlte es an Esprit, Konzentration und Frische. Der Spielaufbau, wenn er denn überhaupt mal nicht über lange Bälle auf Tony Modeste, sondern am Boden initiiert wurde, geriet etliche Male ins Stocken. Schon nach gut zehn Minuten musste Milos Jojic mit Problemen im Bauch-Becke-Hüftbereich vom Feld. Er machte Platz für Salih Özcan, der wiederum überzeugen konnte und bis zum Abpfiff der auffälligste und ideenreichste Müngersdorfer war, womit er auf den Rängen die typischen “Der-Junge-kann-was-dem-sollte-man-mal-eine-Chance-geben”-Diskussionen auslöste, die es immer wieder bei Talenten gibt.
Jojic verletzt, Özcan überzeugt
Letztendlich war es an diesem Vorabend allerdings auch nicht schwer für Özcan aufzufallen in einer Elf, die nur relativ wenig gegen die bissige Fortuna entgegenzusetzen wusste. Die Drittliga-Kicker kämpften, als ginge es um einen überraschenden Pokaltriumph. Immer dann, wenn sich der effzeh mal aus der Lethargie befreit hatte und nach vorne stürmte, unterbanden die Südstädter die Angriffe des großen Kontrahenten aus dem anderen Veedel mit taktischen Fouls, wofür es zwei in Testspielen eher unübliche Gelbe Karten gab.
Die Truppe von Peter Stöger schien ein wenig genervt. Als in der zweiten Hälfte Yuya Osako und Simon Zoller für Artjom Rudnevs und Anthony Modeste kamen, war umgehend mehr Leben im effzeh-Angriff, die Chancenverwertung war aber bis zum Schluss hin grob fahrlässig, wobei festgehalten werden muss, dass der müde effzeh auch nicht so richtig viele tausendprozentige Gelegenheiten generierte. Dafür hatte die Fortuna mit einem Pfostenschuss nach einem Konter in den Schlussminute noch die Chance auf die Entscheidung.
Nach 90 Minuten war schließlich Schluss und die Fortuna siegte mit 1:0. Eine Schmach für den glorreichen 1. FC Köln. Auf der Tribüne wurden sogar einige “Stöger-Raus”-Rufe laut. Der findige Beobachter hatte da aber schon das Lächeln im Blick der Rufenden erkannt. Jedenfalls konnten die Zuschauer nach diesem Spiel gut schlafen gehen. Der spitzfindige Scout hätte dann vielleicht auch noch ein paar Dinge festgestellt:
- Peter Stöger probierte es in Halbzeit eins wieder mit der Dreierkette, wobei Mergim Mavraj ins Zentrum beordert wurde, Dominic Maroh rechts und Dominique Heintz links vom Albaner positioniert wurden. Mavraj erlebte allerdings einen rabenschwarzen Tag. Er verschuldete nicht nur das Gegentor, sondern leistete sich zudem etliche Fehler im Spielaufbau. Im Zentrum der Dreierkette somit ein Unsicherheitsfaktor. Als er in der zweiten Hälfte dann als Teil einer Viererkette agierte, wurde es etwas besser.
- Vor der Dreierkette ließ Stöger mit drei Spielern im Zentrum spielen, wobei Kapitän Lehmann den defensiveren Part gab, während Jojic und Bittencourt davor sehr variabel spielten und das Zentrum immer wieder nach außen hin verließen. Salih Özcan spielte im Anschluss etwas zurückgezogener als Jojic und unterstütze den ebenfalls unkonzentriert wirkenden Lehmann im Spielaufbau. Zwar war auch Özcan nicht frei von Fehlern, war aber einer der wenigen, der auch ein annehmbares Zweikampfverhalten an den Tag legte.
- In der zweiten Hälfte wechselte Stöger wieder von einem 3-5-2 auf ein flexibles 4-4-2, wobei Osako und Zoller sich immer wieder fallen ließen und im Verbund mit Risse und Bittencourt viel rochierten. Das verunsicherte die Fortuna-Verteidigung weitaus mehr als das Hoch-und-weit-auf-Modest-Konzept der ersten Halbzeit. Der effzeh hatte deutlich mehr Spielanteile. Dabei zeigten die beiden Spitzen aber schließlich auch einmal mehr, dass sie nicht die größten Goalgetter vor dem Herrn sind.
- Die Fortuna sollte in der bald startenden Saison in der 3. Liga eine gute Rolle spielen. Die Profis aus der Südstadt agierten aus einer stabilen Deckung, setzten immer wieder Nadelstiche und machten dem effzeh das Leben so schwer wie möglich. Gerne wird gegen sie sicher niemand spielen.