Stimmungsvoll endete das Debüt von Steffen Baumgart als Trainer des 1. FC Köln: Bei einer Ehrenrunde nach dem 4:0-Erfolg bei Fortuna Köln wurden die „Geißböcke“ lautstark von den anwesenden Zuschauern gefeiert – 4.100 Fans waren für das freundschaftliche Duell der kölschen Lokalrivalen ins Südstadion gekommen. Das deutliche Resultat, das Jan Thielmann (37.), Mark Uth (54.), Tim Lemperle (70.) und Dominick Drexler (83.) durch ihre Treffer herstellten, war zweifellos zweitrangig. Das freudige Erlebnis eines Fußballspiels mit Anhänger*innen auf den Tribünen stand im Vordergrund.
Denn die Vorfreude war groß: Nach einer Saison, in der die Stadien fast durchgehend leer bleiben mussten, konnten die Fans endlich wieder auf den Rängen Platz nehmen. Dementsprechend voll war vor der Partie der Eingangsbereich am Südstadion, an dem die Menschen wieder zusammenkommen konnten. Wo viele Menschen aufeinandertreffen, bedarf es aktuell aber auch Sicherheitsvorschriften: Am Ende der langen Einlass-Schlangen wurden die Test-, Impf- oder Genesenen-Nachweise kontrolliert. Im Stadion wurden im Stehplatz-Bereich mit Kreuzen die Stellen markiert, an denen gestanden werden durfte. Weil deren Anordnung aber nicht einfach nachzuvollziehen war, kam es immer wieder zu dichtem Gedränge, sodass der Anstoß für eine kurze Durchsage verzögert werden musste.
Während des Spiels waren dann immer wieder vereinzelte Fangesänge zu hören und Rückkehrer Mark Uth wurde nicht nur nach seinem Treffer mit den bereits bekannten „Uth, Uth, Uth!“-Rufen gefeiert. Insgesamt herrschte auf den Rängen eine sehr gelöste Atmosphäre, den fröhlichen Zuschauenden stand die Freude über das gemeinsame Erlebnis nicht selten ins Gesicht geschrieben. Auch Steffen Baumgart konnte diesen Eindruck teilen: „Wir haben die Emotionen und die Freude der Menschen gesehen. Wir wissen, was Fußball bewirken kann. Und das fühlen die Jungs auch auf dem Platz“, so der neue FC-Coach. Spät nach dem Abpfiff machte der vom SC Paderborn ans Geißbockheim gewechselte Fußballlehrer dann auch noch einen Abstecher vor die FC-Kurve, wo die Vorfreude auf den neuen Trainer durch „Steffen Baumgart“-Sprechchöre nicht zurückgehalten wurde.
Erste Erkenntnisse zum neuen Trainer
Beim FC begann mit Timo Hübers nur einer der bisher vier vorgestellten Neuzugänge. Der Innenverteidiger hatte seine auffälligste Szene bei einem Offensiv-Kopfball nach einer Freistoßflanke von Florian Kainz. Der Ball strich aber knapp über die Latte, Hübers‘ Köln-Rückkehr verlief ansonsten weitgehend unauffällig. Neben Rafael Czichos hatte der ehemalige Hannoveraner als rechter Innenverteidiger wenig zu tun, konnte im Spielaufbau aber immer wieder für ein sauberes Rauskombinieren gegen ein phasenweise hohes Fortuna-Anlaufen sorgen. Obwohl mit Anthony Modeste anders als in vielen Spielen der vergangenen Saison vorne ein kopfballstarker Stürmer auf dem Feld stand, wurde in Drucksituationen immer wieder der flache Pass versucht. Dies könnte ein erstes Indiz für ein etwas ballbesitzlastigeres Spiel sein.
Hinter dem Doppelsturm, in dem neben dem französischen Routinier noch Jan Thielmann agierte, gab es die wohl bedeutsamste Veränderung: Die nominellen Außenbahn-Spieler Florian Kainz und Dimitrios Limnios wurden bei eigenem Ballbesitz offenbar dazu angewiesen, den Flügel zu verlassen und weit in die Mitte zu ziehen. Dadurch stellten sie die Außenverteidiger der Fortuna vor kleinere Probleme und eröffneten auf den Flügeln Räume für die vorstoßenden Kingsley Ehizibue und Noah Katterbach. Während ersterer immer wieder dynamische Läufe nach vorne zeigte, bei denen er aber nicht immer eine saubere Abschlussaktion finden konnte, war es auf der linken Seite genau andersherum: Katterbach wirkte weniger dynamisch, konnte mit Kainz und Sechser Salih Özcan dafür aber mehr saubere Kombinationen spielen.
“Wir haben viel von dem gesehen, was wir uns vorstellen.”
Beim Blick auf den Kader, der vor überragenden Flügelspielern nicht überquillt, ist es durchaus vorstellbar, dass diese Herangehensweise ohne breite Flügelstürmer auch in der neuen Saison häufiger zu sehen sein wird. Spannend wird dann aber, ob die äußeren Positionen dieser sogenannten „engen Mittelfeldraute“ mit zentralen Mittelfeldspielern (zum Beispiel mit Jonas Hector und Özcan) besetzt werden oder ob dort wie gestern nominelle Flügelspieler (Kainz, Limnios) eingesetzt werden.
Mit einer 1:0-Führung ging es in die Kabinen, Thielmann erzielte in der 37. Minute den ersten Treffer des Abends im Kölner Süden. Zuvor wurde es immer wieder vor allem durch Standards gefährlich, bei denen Kainz zweimal für Hector und einmal für Hübers vorbereiten konnte. Rückkehrer Modeste, hatte gleich zwei große Chancen, die er jedoch nicht verwerten konnte. Ein schnell ausgespielter Freistoß hinter die Abwehr wurde auf den Franzosen quergelegt, der aus kürzester Distanz aber nur den Pfosten treffen konnte, immerhin aber von der Abseits-Fahne des Assistenten „gerettet“ wurde.
Viele Wechsel zur Halbzeit
Zur zweiten Hälfte wurden mehrere Positionen ausgetauscht, auf der Sechs durfte Neuzugang Dejan Ljubicic seine spielgestalterischen Fähigkeiten ein erstes Mal in der Domstadt zeigen. Ins Rampenlicht spielte sich jedoch Mark Uth, der in der 53. Minute auf 2:0 erhöhen konnte. Ein früher Ballgewinn landete vor den Füßen des Ex-Schalkers, der mit der Innenseite ins rechte Eck vollenden konnte. Dieses Tor steht beispielhaft für das hohe Anlaufen der Kölner, die immer wieder schon am Strafraum der Fortuna auf Balljagd gingen. Auch das könnte in der neuen Saison unter Steffen Baumgart ein häufiger gewähltes Mittel werden.
Es folgte die Einwechslung vieler Nachwuchsspieler um Tim Lemperle, Dominik Wydra und Jens Castrop. Während es für Wydra nach dem Abpfiff ein längeres Gespräch mit dem Trainer gab, in dem der lobende Coach von ihm etwas mehr Ruhe einforderte, „weil er die Qualität hat“, machte Lemperle durch das 3:0 auf sich aufmerksam. Dass er noch nicht allen Fans ein Begriff ist, zeigte sich in einer kuriosen Szene nach dem Abpfiff: Während Czichos mit seinen Kindern unter Jubel der letzten Stadionbesucher*innen ins leere Tor kickte, kam der junge Flügelstürmer vor die Tribüne. Dabei kam es bei einigen Fans zu einer Verwechslung als sie ihm mit „Obuz, Obuz“ zujubeln wollten. Mit einem Grinsen im Gesicht rief der 19-jährige Torschütze den Fans zu: „Nein: Lemperle, Lemperle!“
Drexler erzielte in einem Konter mit einem Schlenzer den Schlusspunkt in der 83. Minute. Das 4:0 ist auch in der Höhe ein gerechtes Resultat, auch wenn die Fortuna sich in einem der wenigen Konter zweimal fast belohnen hätte können. Die Offensive der Bundesligisten war ebenfalls noch nicht in Torlaune, sodass die vier Treffer gegen den Regionalligisten eine angemessene Ausbeute darstellen. Steffen Baumgart war mit seiner Premiere bei den Geißböcken daher zufrieden: „Dass nicht alles von Anfang an perfekt umgesetzt wird, ist normal, aber ich finde die Jungs haben gegen eine gute Mannschaft ordentlich Tempo gemacht.“ Für den 49-Jährigen war es „eine sehr gute Mannschaftleistung“, auch wenn er im Umschaltspiel noch Verbesserungspotential gesehen hat.
Medizinischer Notfall: Fortuna-Reservisten alarmieren Sanitäter
Für die wichtigste Reaktion des Abends sorgten aber die Fortuna-Reservisten. Als sich auf den Tribünen ein medizinischer Notfall ereignete, reagierten die sich aufwärmenden Spieler auf die Rufe der Zuschauer vor ihnen gedankenschnell: Sie liefen über den Rasen zu den Trainerbänken, um möglichst schnell die Teamärzte und Sanitäter zu alarmieren. Dieses aufmerksame Verhalten der umstehenden Zuschauer und Ersatzspieler könnte im Notfall geholfen haben. Das Spiel wurde währenddessen kurz unterbrochen. Sollte der Notfall letztlich glimpflich abgelaufen sein, war es im Südstadion eine sehr runde Fan-Rückkehr. Auf dem Rasen deuteten sich mit der zentralen Mittelfeldbesetzung, flachem Aufbau unter Druck und vielen hohen Ballgewinnen erste Akzente des neuen Trainers an. Auf den Rängen konnten die Fans endlich wieder gemeinsam das Spiel betrachten und sich dabei mit ihren Freunden und Tribünen-Nachbarn über das Geschehen austauschen.
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