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Interviews

Sportpsychologen vor #KOEM05: “Ruhe und Konzentration bewahren”

Der große Tag rückt immer näher – wir haben uns mit Sportpsychologen über das #finalezohus, die Psyche der Spieler und positiven Druck unterhalten.

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Wie kann ein Spieler seine Psyche regulieren?

Ein sehr hohes Erregungsniveau muss sich nicht zwingend negativ auf die sportliche Leistung auswirken. Entscheidend sind auch die dabei mitschwingenden Gedanken und empfundenen Gefühle. Werden zum Beispiel die Erregung als Nervosität interpretiert und das bevorstehende Spiel als außerordentliches, einzigartiges Ereignis wahrgenommen, kann die Anspannung dazu führen, dass im Spiel Angst vor dem Versagen entsteht. Das Auftreten von hoher Erregung und Angst kann bewirken, dass der Spieler komplett versagt und die Leistung katastrophal schlecht ausfällt. Deshalb ist es ganz wichtig, dass ein Spieler fähig ist, seine Psyche zu regulieren. Dafür hat er grundsätzlich drei Möglichkeiten:

  1. Er versucht, die Situation zu verändern und zu kontrollieren. Dies funktioniert nur, wenn er tatsächlich die Möglichkeit hat, sie zu verändern.
  2. Er versucht, seine Wahrnehmung der Situation zu verändern. Dazu nimmt er eine andere Perspektive ein. Dies ist oft möglich, indem er seine Selbstgespräche verändert. Er könnte beispielsweise das Glas Wasser, welches zur Hälfte mit Wasser gefüllt ist, halbvoll und nicht halbleer wahrnehmen.
  3. Der Spieler hat die Möglichkeit, seine Erregung zu verändern, indem er eine Entspannungstechnik, beispielsweise eine Atementspannung durchführt.

Die Kunst liegt darin, dass der Spieler trotz hohem Willenseinsatz und großer Motivation körperlich entspannt und locker bleibt, um ein “Verkrampft sein” zu verhindern.

Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Trotz der Zwischenergebnisse: Auf das Wesentliche konzentrieren

Bekanntlich hat es der 1. FC Köln nicht in der eigenen Hand, sich für die Europa League zu qualifizieren. Ist es dann hilfreich, am Samstag im Stadion die Zwischenergebnisse aus den anderen Stadien einzublenden?

Alex Scherz: Ich möchte hier mit einem Zitat von Johann Wolfgang von Goethe anfügen: “Nicht die Umstände bestimmen uns, sondern wir unsere Umstände!” Warum habe ich dieses Zitat ausgewählt? Grundsätzlich sollte die Aufmerksamkeit auf diejenigen Faktoren gelenkt werden, die man aktiv beeinflussen kann. Was in anderen Stadien passiert liegt nicht im Handlungsspielraum der Spieler. Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die Zwischenergebnisse aus anderen Stadien nützt einem Spieler wenig, wenn er gerade einen Elfmeter verwandeln soll.

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Eine konsequente Aufmerksamkeitskontrolle soll ihm demgegenüber helfen, sich voll und ganz auf die entscheidenden Aspekte der Situation zu konzentrieren. Für den Elfmeterschützen können das zum Beispiel die Länge des Anlaufs und eine Masche im Netz sein, wohin er den Ball treffen will. Die Regulation der Aufmerksamkeit unterstützt so die Konzentration und verhilft zu größerer Bewegungssicherheit.

Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die Zwischenergebnisse aus anderen Stadien nützt einem Spieler wenig, wenn er gerade einen Elfmeter verwandeln soll.

Was hat Selbstwirksamkeitserwartung mit dem Heimvorteil zu tun?

Inwiefern kann in einem solchen Spiel die Unterstützung der Zuschauer den Unterschied machen? Manchmal sind Spieler in einem solchen Spiel ja wie blockiert, da kann eine große Unterstützung von den Rängen vielleicht helfen…

Alex Scherz: Allen schönen Sprechgesängen zum Trotz: Die langjährigen Studien können keinen signifikanten Effekt von ihnen auf den Heimvorteil nachweisen. Was den Heimvorteil sportpsychologisch gesehen ausmacht, ist ein bestens bekannter Faktor: die Selbstwirksamkeitserwartung. Sind die Spieler überzeugt, “zu Hause sind wir eine Macht”, können Sie auch die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit als Ansporn nutzen. Oder anders ausgedrückt: Den Heimvorteil gibt es, weil man daran glaubt!

Wird der Druck hingegen grösser als das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, kann das Heimspiel sogar zum Bumerang werden: Studien bei US-amerikanischen Basketballspielen haben gezeigt, dass in den Anfangsspielen der Playoff-Serien die Heimteams zu 70 Prozent gewinnen. Das letzte Spiel der Serie geht aber zu 55 Prozent an die Auswärtsmannschaft. Damit der FC vom Heimvorteil profitiert, sollte sich die Selbstwirksamkeitserwartung der Mannschaft und die Erwartung des Publikums die Waage halten.

Auf der nächsten Seite: Motivationsreden und Ratschläge für aufgeregte Fans.

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